Niederösterreichs Landeshauptfrau Johanna Mikl-Leitner begrüßte diese Initiative: „Durch die Verlagerung von Gütertransporten auf die Schiene können wir den CO2-Ausstoß reduzieren und unsere Zulieferbetriebe in der Bahn-Branche stärken. Um mehr Güter auf die Schiene zu bringen, braucht es die Unterstützung auf EU-Ebene. Gerade für die exportorientierte Industrie in Niederösterreich sind internationale Gütertransporte besonders wichtig. Dafür ist eine durchgängige, stabile und verfügbare Bahn-Infrastruktur in ganz Europa entscheidend! Nur so kann eine gute Anbindung der niederösterreichischen Industrie an die europäischen Wirtschaftszentren und die Häfen am Mittelmeer und an der Nordsee sichergestellt sein. Das wird eine Mammut-Aufgabe für die nächste EU-Kommission.“
Und sie forderte: „Der Fokus im nächsten EU-Finanzrahmen muss unbedingt auch auf den Bahnbereich gerichtet werden, um hier die europäische Qualität zu sichern und so sämtliche Wirtschafts- und Industriezweige - sowohl regional als auch international – beim nachhaltigen Bahntransport zu unterstützen und miteinander zu verbinden. Der europäische Bahnausbau kann eine Wirtschaftslokomotive für den Kontinent sein.“
Bahnindustrie in NÖ: wichtiger Faktor für regionale Wirtschaft
Die Bahnindustrie in Niederösterreich, die sich mit der Produktion und dem Betrieb von Schienenfahrzeugen sowie der Verwaltung von Eisenbahninfrastrukturen beschäftigt, trägt laut einer von der IV NÖ beim Economica-Institut in Auftrag gegebenen Studie allein im Jahr 2022 rund 269 Millionen Euro an direkter Bruttowertschöpfung zur regionalen Wirtschaft bei. Dieser Wert entspricht etwa einem Fünftel der wirtschaftlichen Leistung der Tourismusbranche. Insgesamt addieren sich die Effekte auf 393,2 Millionen Euro. Zusätzlich sind 3.438 Beschäftigungsverhältnisse in ganz Österreich auf die Bahnindustrie in Niederösterreich zurückzuführen (mehr als 12 Prozent der österreichweiten Beschäftigungsverhältnisse in der Bahnindustrie im Jahr 2021). Von diesen entfallen 81 Prozent oder 2.787 Beschäftigungsverhältnisse auf niederösterreichische Unternehmen. Das entspricht etwa der Bevölkerung einer typischen Landgemeinde.
Maßnahmen gegen Kostennachteile für Bahntransporte erforderlich
Diese Zahlen unterstreichen die positiven Effekte der gut ausgebauten und international vernetzten Infrastruktur für den Industriestandort Niederösterreich mit seiner guten Lage an zwei Schienen-Hauptverkehrsachsen (Westbahn und Südbahn). „Wir wissen, dass der Lkw-Schwerverkehr immer weiter zunimmt. Daher ist die Verlagerung großer Teile des industriellen Güterverkehrs von der Straße auf die Schiene ein wichtiger Beitrag zum Klima- und Umweltschutz im Transitland Österreich“, betonte IV-NÖ-Präsident Kari Ochsner. „Solange allerdings ein wesentlicher Kostennachteil vom Bahntransport im Vergleich zum Transport auf der Straße besteht, ist es notwendig, den Güterverkehr in Österreich zu fördern, da die Wettbewerbsfähigkeit dieses Transportmediums ansonsten nicht gegeben ist.“
Bahntransport attraktivieren durch Verlässlichkeit
Um die Nutzung des Schienengüterverkehrs durch Industriebetriebe am Wirtschaftsstandort Niederösterreich zu attraktivieren und zu intensivieren, bedarf es außerdem maßgeschneiderter Logistiklösungen für verschiedene Produkte und Branchen, einschließlich Intermodal-Lösungen für Unternehmen ohne direkten Gleisanschluss. „Damit das gelingt, müssen für produzierende Unternehmen Verlässlichkeit, Pünktlichkeit und eine präzise Kosten- und Lieferkettenplanung gewährleistet sein“, weiß Ochsner.
Mit Infrastruktur-Investitionen Schienengüterverkehr in NÖ stärken
ÖBB-Vorstandsvorsitzender Andreas Matthä unterstrich die Bedeutung der Bahn als „Wirtschaftslokomotive“ für die Region: „Wir investieren auch sehr viel in das System Bahn – allein in Niederösterreich bis 2029 knapp 5,4 Milliarden Euro.“ Damit sollen die Kapazitäten für den Güterverkehr auf der Schiene deutlich ausgebaut werden, um das prognostizierte Verkehrswachstum bis 2040 bewältigen zu können.
Faire Bedingungen fehlen
Um den Güterverkehr stärker auf die Schiene zu verlagern, müssen laut Matthä mehrere Faktoren stimmen: „Zum einen natürlich der Preis. Da muss man ehrlich sagen, die Schiene kann nur konkurrenzfähig sein zum Lkw, wenn gleiche, faire Wettbewerbsbedingungen vorherrschen. Derzeit ist das nicht der Fall.“ Als Beispiele nannte er die Mautpflicht auf der Schiene im Gegensatz zur Straße sowie die Kostenbeteiligung der Unternehmen an Anschlussbahnen. Neben den Wettbewerbsbedingungen müsse auch das Angebot und der Service der Bahn stimmen, betonte Matthä.
Förderprogramm
Niederösterreich hat als eines der ersten Bundesländer auch ein regionales Förderprogramm für die Verlagerung von Gütern auf die Schiene aufgelegt. Dabei werden Unternehmen gezielt gefördert, wenn sie Transporte von der Straße auf die Schiene verlagern. Mittlerweile sind auch andere Länder diesem Beispiel gefolgt.
Digitalisierung im Güterverkehr sorgt für Effizienzsteigerung
Knorr-Bremse ist Systemanbieter für die Bahnindustrie und für Bahnbetreiber und sorgt mit seinen vielfältigen Entwicklungsaktivitäten für eine weiterhin steigende Bedeutung des Güter- und des Personentransportes auf der Schiene. „Die Digitale Automatische Kupplung von Knorr-Bremse stellt die Weichen für das Upgrade des Güterverkehrs ins digitale Zeitalter. Sie automatisiert nicht nur den bisher manuellen Kupplungsprozess, sondern ermöglicht über ihre innovative elektrische Schnittstelle die Automatisierung und Digitalisierung des gesamten Schienengüterverkehrs. Am Standort Mödling arbeiten wir an dieser Entwicklung mit und leisten einen Beitrag zur Effizienzsteigerung und Erhöhung der Wettbewerbsfähigkeit des Gütertransportes auf der Schiene“, unterstrich Geschäftsführer Jörg Branschädel. Knorr-Bremse arbeitet aktuell als Teil eines Forschungsprojekts daran, ein serienreifes Produkt herzustellen.
„Die Bremsausrüstungen für den Güterverkehr leisten einen wichtigen Beitrag zur Erreichung der Umweltziele und zum Unternehmenserfolg. In den letzten fünf Jahren ist das Geschäft mit Güterzugausrüstungen aufgrund eines attraktiven Produktportfolios von 5 auf 30 Prozent unseres Erstausrüstungs-Umsatzes gestiegen. In Europa ist Knorr-Bremse mit den langlebigen, wartungsarmen Bremsausrüstungen mit großem Abstand die Nummer eins im Güterwaggon“, ergänzte Geschäftsführer Manfred Reisner. Über die Treue ihres bedeutenden österreichischen Kunden freuen sich beide Geschäftsführer: „Mit der ÖBB besteht eine gute Zusammenarbeit seit der Gründung unseres Unternehmens vor 56 Jahren.“
Infrastrukturausbau und Zielnetz 2040
Laut Rahmenplan 2024-2029 sind umfangreiche Investitionen in die Bahninfrastruktur in Niederösterreich geplant. Wichtige Projekte, wie beispielsweise das Güterzentrum Wien Süd oder der Ausbau der Nord-Süd-Achse mit der Nordbahn und dem Semmering-Basistunnel (der Ausbau der Pottendorfer Linie konnte letztes Jahr abgeschlossen werden), werden weiter vorangetrieben, ebenso wie Elektrifizierungen und Attraktivierungen von Strecken wie die Marchegger Ostbahn sowie die Traisental- und die Erlauftalbahn.
Das Zielnetz 2040 sieht darüber hinaus weitere Verbesserungen für den Schienengüterverkehr in der Ostregion vor. Dazu gehören die Erweiterung und Sicherung von Kapazitäten für den Güterverkehr auf den nationalen und grenzüberschreitenden Hauptachsen, die Verbesserung der wettbewerblichen Rahmenbedingungen durch die durchgehende Führung längerer und schwererer Züge sowie die Entflechtung des Schienengüterverkehrs vom Personenverkehr in stark belasteten Ballungsräumen.