Digitalisierung, Klimaschutz und geopolitische Ereignisse verändern derzeit die globalen Supply Chains. Wie stellt sich Ontime Logistics auf diese Veränderungen ein?
Moritz Schäffner: Uns ist es wichtig, dass wir die Anforderungen der Kunden nicht nur bei den Transporten verstehen, sondern auch bei Themen wie Digitalisierung und Klimaschutz. Konkret heißt das für uns: Zur Stärkung unserer digitalen Infrastruktur haben wir unsere internen IT-Kapazitäten erweitert und setzen auf spezialisierte Experten, um unabhängig von Drittanbietern agieren zu können. Damit möchten wir sicherstellen, dass alle Kundenanforderungen in den Bereichen Transport, Digitalisierung und Nachhaltigkeit optimal umgesetzt werden. Zudem sind wir bestrebt, durch eine Zusammenarbeit mit externen Beratern eine nachhaltige Unternehmensführung zu fördern. In geopolitisch herausfordernden Zeiten bleibt das Unternehmen eng vernetzt mit seinen lokalen Partnern, um flexibel und reaktionsfähig auf Veränderungen zu reagieren.
Wie präsentiert sich aktuell das Marktumfeld in Österreich und auf globaler Ebene?
Tassilo Posch: Der Markt präsentiert sich momentan sehr preisgetrieben. Kunden wollen die billigste Lösung, übersehen aber oft die Risiken, die mit etwaigen Verspätungen oder unzureichender Beratung verbunden sind. Wir beraten unsere Kunden daher entsprechend, um die beste Balance zwischen Service und Kosten zu finden.
Was sind für Sie derzeit die großen Herausforderungen?
Schäffner: Die größte Herausforderung ist der Einbruch der weltweiten Wirtschaft in Kombination mit der inflationsbedingten Kostenentwicklung und das damit verbundene geringere Volumen. Höhere Gewalt wie Naturkatastrophen oder Streiks stressen wiederum die weltweiten Lieferketten. Diese Faktoren erfordern eine flexible Anpassungsstrategie. Wir investieren daher viel Energie, damit wir unseren Kunden hier zeitgemäße Lösungen präsentieren können.
Können Sie uns mehr über die neue Kooperation mit Cargoe erzählen?
Posch: Ontime Logistics und Cargoe haben kürzlich eine richtungsweisende Kooperation gestartet, um im Zustellungsbereich für Endkunden eine umfassendere und effizientere Logistiklösung bieten zu können. Ziel ist es, durch diese Partnerschaft internationale Expertise mit lokaler Zustellung zu kombinieren und so den Logistikfluss im B2C-Bereich zu verbessern. Diese Zusammenarbeit begann im Juni 2024 mit einem Cargoe-Hub im 23. Wiener Bezirk und deckt mit etwa 100 Sendungen täglich bereits die Ostregion Österreichs ab. In den nächsten Monaten soll das gesamte Land integriert und österreichischen Kunden der Zugang zu einem europaweiten B2C-Netzwerk ermöglicht werden. Ontime übernimmt dabei die internationale Distribution und Cargoe wickelt die landesweite Zustellung ab, wobei Ontime in einem internationalen Netzwerk aktiv ist, das 30 Länder umfasst und tägliche Export- sowie Importlieferungen garantiert. Die Partner heben hervor, dass diese Kombination aus internationalem Transport und lokaler Distribution eine perfekte Synergie schafft, die nicht nur den österreichischen Markt stärkt, sondern auch die Zukunft der Logistik in der Region nachhaltig prägen soll.
Sie bieten eine „All-in-one-Solution“ im Luft- und Seefrachtbereich an. Welche Zielgruppe haben Sie mit dieser Dienstleistung im Fokus?
Schäffner: Wir wollen die Anforderungen unserer Kunden besser verstehen. Wenn uns ein Kunde informiert, ab wann und wo eine Sendung abholbereit ist bzw. bis wann und wo er diese benötigt, beraten wir ihn hinsichtlich verschiedener Möglichkeiten, die es via Luft- oder Seefracht gibt. Zum Beispiel ist die Frage zu klären, ob eine Sendung so dringend ist, dass eventuell ein Flugzeug gechartert werden muss, oder ob die normale Belly Freigth bei PAX-Maschinen reicht. Diese Dienstleistung spricht insbesondere Kunden an, die auf eine termingerechte Lieferung und Beratung setzen, etwa in zeitkritischen Branchen wie der Luftfahrt- und Automobilindustrie oder im Pharmabereich.
Was ist ihr Alleinstellungsmerkmal und welche Dienstleistungen bieten Sie an?
Posch: Ontime zeichnet sich durch Unabhängigkeit in der Partnerwahl, persönliche Kundenbetreuung und ein hohes Maß an Fachwissen aus. Für jeden Transport steht eine zentrale Kontaktperson zur Verfügung, was eine durchgängige Informationsübermittlung auch außerhalb der regulären Geschäftszeiten ermöglicht. Zu den bedienten Branchen gehören u. a. die Maschinenbau-, Pharma-, Agrar- und Textilindustrie sowie Logistiklösungen für Events und Luxusgüter.
Sie kümmern sich um Aufträge in der Größenordnung von mikroskopisch bis gigantisch, steht auf Ihrer Website. Was kann man sich darunter konkret vorstellen?
Schäffner: Wir bieten Logistiklösungen für Sendungen jeglicher Größenordnung, von Blutproben für die Pharmaindustrie bis hin zu einem 43 m langen Stahlkonstrukt nach Dubai. Daher ist es so wichtig, die Anforderungen der Kunden zu verstehen und auch entsprechend zu beraten.
Welche eigenen Assets halten Sie vor? Sind Sie nur Spediteur oder auch Frächter?
Posch: Wir verfügen über keinen eigenen Lkw-Fuhrpark, aber durch das globale Partner-Netzwerk stehen umfassende logistische Kapazitäten zur Verfügung. Dieses Netzwerk ermöglicht es, Sendungen jeder Größe und Komplexität zu bewältigen von kleinen Paketen bis hin zu besonders großen und schweren Gütern mit über 30 Metern Länge und bis zu 65 Tonnen Gewicht. Für die spezifischen Anforderungen verschiedener Branchen wie Maschinenbau, Medizin, Landwirtschaft und Event-Logistik bieten wir flexible und maßgeschneiderte Frachtlösungen, darunter Express-, Spezial-, Luft- und Seefracht sowie temperatursensible Transporte. Wir organisieren alles von Sonderfahrten mit Pkw für eilige Lieferungen bis hin zu Schwerlasttransporten mit Begleitfahrzeugen. Wir haben an allen Standorten eigene Umschlaghallen, die auch als Lager- und Kommissioniermöglichkeiten genutzt werden können.
Wie beurteilen Sie die verkehrspolitische Entwicklung in Österreich und der EU?
Schäffner: Ontime Logistics steht der EU-weiten Ausrichtung auf E-Mobilität im Transportbereich positiv gegenüber und beobachtet diese Entwicklungen genau, um rechtzeitig auf entsprechende Anforderungen im Bereich der umweltfreundlichen Mobilität reagieren zu können. Die Einführung von Elektro-Lkw und die Anpassung der Transportinfrastruktur an klimafreundliche Standards bieten dabei Chancen für nachhaltige Logistiklösungen und sind ein Teil der umweltfreundlichen Transformation des Unternehmens.
Sie setzen auf betriebliche Gesundheitsförderung für die Mitarbeiter. Was haben Sie Ihren Mitarbeitern zu bieten?
Posch: Wir haben begonnen, die Arbeitsbelastungen der Mitarbeiter mithilfe einer externen Bewertung (BGF-Projekt) evaluieren zu lassen. Aus den Ergebnissen sollen gezielte Maßnahmen abgeleitet werden, um das Wohlbefinden und die Arbeitszufriedenheit der Belegschaft nachhaltig zu fördern. Die Gesundheit und das Wohl der Mitarbeiter stehen hierbei im Mittelpunkt mit dem Ziel, das Unternehmen auch bei unseren Mitarbeitern als „Your Best Choice“ am Markt zu etablieren.
Werden sich heuer Ihre Erwartungen erfüllen?
Moritz Schäffner: Die Speditionsbranche ist immer ein wichtiger Indikator für aktuelle wirtschaftliche Entwicklungen. Trotz einer zurückhaltenden Wirtschaftsprognose zu Jahresbeginn verzeichnen wir eine positive Geschäftsentwicklung, die unsere Erwartungen sogar übertrifft.
Sind Ihre Kunden bereit, für anspruchsvolle logistische Dienstleistungen wie Null-Minuten-Verspätung einen entsprechenden Preis zu bezahlen oder ist dieser primär das Maß aller Dinge?
Posch: Während Kunden oftmals preisbewusst agieren, zeigt sich, dass Kunden für spezielle anspruchsvolle Dienstleistungen bereit sind, zusätzliche Kosten zu akzeptieren, wenn diese durch erstklassige Beratung und zuverlässige, schnelle Lieferung gerechtfertigt sind. Dies ist besonders wichtig bei zeitkritischen Aufträgen, bei denen Verzögerungen gravierende Auswirkungen haben können.