Die Logistik der Gegenwart ist im Wandel begriffen. Das Ziel der Klimaneutralität macht ein Überdenken der etablierten Mobilitätsformen und Logistiksysteme nötig. Dazu kommen die geforderte Schaffung von Transparenz entlang der Supply Chains sowie der Arbeitskräftemangel als weitere Herausforderungen für die Logistikbranche. Forscherinnen und Forscher von Fraunhofer Austria haben sich nun damit auseinandergesetzt, wie die Logistik der Zukunft aussehen muss, um Nachhaltigkeit mit Versorgungssicherheit zu vereinen und den Wohlstand zu erhalten. Das Team präsentiert in seinem soeben erschienenen „Positionspapier Shared Logistics“ sechs Handlungsfelder, die zusammen eine Lösungsstrategie bilden. Ein zentrales Element stellt dabei die kollaborative und unternehmensübergreifende Nutzung sowohl von physischen Ressourcen als auch von Daten dar.
Datenökosysteme als Basis
Zu den von den Forscherinnen und Forschern definierten Handlungsfeldern gehören zum Beispiel kooperative Logistiknetzwerke und horizontale Kollaboration im Güterverkehr, ressourcenschonende Logistikinfrastruktur mit optimaler Automatisierungstechnik sowie attraktive und zukunftsfeste Arbeitsgestaltung in der Lagerwirtschaft und Logistik. Allen zugrunde liegt aber die unternehmensübergreifende Nutzung von Daten.
„Wir sehen, dass Unternehmen Daten bereits in großem Umfang nutzen, um ihre Geschäftsprozesse zu optimieren und strategische Entscheidungen zu treffen. Sie nutzen aber fast ausschließlich jene Daten, die sie selbst erhoben haben und sind noch sehr zurückhaltend, was das Teilen eigener Daten betrifft“, erklärt Matthias Hayek, Autor des Positionspapiers und Projektleiter bei Fraunhofer Austria.
Das soll sich in Zukunft ändern, denn geteilte Daten sind Voraussetzung, um auch physische Ressourcen gemeinsam zu nutzen. Grundvoraussetzung dafür sind Datenökosysteme, denn durch diese lassen sich Daten sicher und vertrauensvoll und unkompromittierbar speichern.
Kein Kubikzentimeter Luft
Wie das funktionieren kann, zeigt das Beispiel der Lkw-Leerfahrten: Studien zufolge führten 45 Prozent aller Lkw, die im Jahr 2022 in Österreich unterwegs waren, Leerfahrten durch. Viele davon ließen sich mithilfe der richtigen Informationen in lukrative Transporte umwandeln.
„Wir zielen bei Shared Logistics auf eine Win-win-Situation ab. Einen Kubikmeter Luft im Lkw mit Waren zu füllen, bringt Gewinn. Daten zu verwenden, die schon aufgenommen wurden, bringt Schnelligkeit am Markt. Ressourcen besser zu nutzen, ist immer ein geldwerter Vorteil für Unternehmen und gleichzeitig ein Vorteil für das Klima und die Gesellschaft. Im Idealfall gibt es überhaupt keinen Kubikzentimeter leeren Raum mehr in irgendeinem Verkehrsträger“, erklärt Sebastian Schlund, Geschäftsführer von Fraunhofer Austria und Professor an der TU Wien.
Unternehmens- und Forschungspartner gesucht
Die im Positionspapier definierten Handlungsfelder sollen nun von Fraunhofer Austria in Kooperation mit Forschungs- und Unternehmenspartnern erforscht, weiterentwickelt und in die industrielle Praxis transferiert werden. Die Forscherinnen und Forscher freuen sich auf die Zusammenarbeit mit interessierten Unternehmen.
„Shared Logistics ist ein Leuchtturm, welchen wir mit Partnern in Österreich und Europa gemeinsam stärken wollen. Unsere Vision ist, dass die KI-gestützte, gemeinsame Nutzung von Daten die logistischen Lieferketten der Zukunft steuern wird. Durch enge Kooperation mit Unternehmen und Forschungspartnern wollen wir diese Vision für die österreichische Logistik und Transportindustrie zugänglich machen“, sagt Fazel Ansari, Leiter Leuchtturmthemen bei Fraunhofer Austria und Professor an der TU Wien.
Über Fraunhofer Austria
Die Fraunhofer Austria Research GmbH wurde 2008 als erste europäische Auslandsgesellschaft der Fraunhofer-Gesellschaft gegründet. Heute besteht Fraunhofer Austria aus zwei Centern – dem Center für Nachhaltige Produktion und Logistik sowie dem Center für Data Driven Design. An den Standorten in Wien, Graz, Klagenfurt und Wattens arbeiten über 100 Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler an anwendungsorientierten Lösungen zum Nutzen der Wirtschaft und zum Vorteil der Gesellschaft.