Seit Beginn dieses Jahres läuft die Teilprivatisierung der kroatischen Güterbahn HZ Cargo. Unter den Augen der Regierung sollen bis zu 75 Prozent der Anteile der Güterbahn an einen potenten Investor verkauft werden.
Die Strategie ist klar: Mit einem starken Partner im Boot will man die Rolle als Transitbahn in Südosteuropa, aber auch in der EU-Familie langfristig stärken und zu neuen Ufern aufbrechen. Ab 1. Juli gehört das Land zur Europäischen Union und damit verändern sich die verkehrswirtschaftlichen Rahmenbedingungen. So auch im Bahngüterverkehr, der bislang eher ein Schattendasein führte. Gerade einmal zehn Prozent des gesamten kroatischen Güteraufkommens von rund 130 Mio. Tonnen pro Jahr werden auf der Schiene transportiert. HZ Cargo glänzt nicht gerade mit einer Top-Infrastruktur und einem dem europäischen Standard entsprechenden Fuhrpark.
Mit dem neuen Partner im Haus soll sich das ändern, diesen Eindruck wollte man jedenfalls schon auf der transport logistic in München auf dem Messestand von HZ Cargo vermitteln. Im Zagreber Verkehrsministerium liegen derzeit sieben Beteiligungsangebote, darunter auch von der österreichischen Rail Cargo Aus-tria, von DB International und verschiedenen Fonds mit eher unbekannten Namen auf dem Tisch. Derzeit laufe der Privatisierungsprozess, und eine Entscheidung, wer den Zuschlag bekommt, soll in den nächsten Monaten bekannt gegeben werden, verlautet dazu seitens der involvierten Stellen in Zagreb.
Wichtige Transitbahn
HZ Cargo repräsentiert ein wichtiges Glied im Bahnsystem zwischen Mittel- und Südosteuropa. Der paneuropäische Bahnkorridor X tangiert Kroatien von Norden und Süden und dazu kommt noch die Trasse Vb. Allein der Ausbau der Bahntrasse Vb vom kroatischen Hafen Rijeka nach Zagreb und weiter bis zur ungarischen Grenze schlägt mit einem Investment von rund 3,7 Mrd. Euro zu Buche. Dabei kann Kroatien freilich mit Zuschüssen aus Brüssel rechnen, weil die Korridore X und Vb als prioritär im EU-Bahnsystem eingestuft sind.
Obwohl sich die Bahn in erster Linie als klassischer Bahn-Carrier sieht, werden bei HZ Cargo dennoch ambitionierte Pläne für den Bau von Logistikzentren gewälzt, die als Drehscheiben für intermodale Güterströme dienen sollen. Solche Logistikzentren sollen in Zagreb sowie im ostkroatischen Slavonski Brod, in Rijeka (Kukuljanovo) und Ploce errichtet werden. Ploce ist ein Adria-Hafen im Süden des Landes, der bahnseitig allerdings nur über Bosnien-Herzegowina erreichbar ist. Der Hafen Split ist der südlichste Endpunkt des kroatischen Bahnsystems mit seinem annähernd 3.000 Kilometer langen Streckennetz. In Ploce gibt es bereits einen Containerterminal mit einer Umschlagskapazität von 60.000 TEU. Der Hafen Rijeka erhofft sich durch den EU-Beitritt des Landes einen Aufschwung, sowohl beim konventionellen als auch beim Containerumschlagsgeschäft.
Österreich exportiert via Rijeka
Österreichische Exporte und Importe in der Größenordnung von 280.000 Tonnen wurden im Vorjahr via Rijeka umgeschlagen. Das Gros davon, nämlich mehr als 250.000 Tonnen, waren österreichische Exporte, die heimische Verlader über den Hafen in alle Welt disponierten. Je mehr Umschlag in Rijeka, desto größer die Chancen für die Bahn, Hinterlandverkehre auf die Schiene zu lenken. Mit der Errichtung des Logistik-Centers im Einzugsbereich der Autobahn Richtung Zagreb will man werthaltiges Geschäft gewinnen und Kunden mit Value-added Services zwischen der Maritim- und Bahnwelt anlocken. HZ Cargo als Tochtergesellschaft der Kroatischen Staatsbahn mit den Teilfirmen HZ Cargo, HZ Personenverkehr und HZ Infrastruktur hat im vergangenen Jahr rund 11,4 Mio. Tonnen auf die Schienen gebracht. Das Gros mit mehr als neun Mio. Tonnen entfiel auf den internationalen Verkehr.
Die 3.000 Mitarbeiter im Güterverkehr fertigen sowohl Ganzzugverkehre als auch Kombi-Züge und Einzelwagenverkehre ab, wobei das Geschäft gerade im internationalen Verkehr gemeinsam mit den Nachbarbahnen Sloweniens und Serbiens abgewickelt wird. Vor vier Jahren haben sich die drei Bahngesellschaften Sloweniens, Kroatiens und Serbiens zum Joint Venture „Cargo 10“ zusammengeschlossen, um gemeinsam die internationalen Verkehre auf dem Korridor X effizienter zu managen. Die schnellere Abfertigung der Züge an den Grenzen, grenzüberschreitende Kommunikation zwischen den Bahngesellschaften und kurze Entscheidungswege sollen unterm Strich einen Umsatz von 50 Mio. Euro in die Cargo-10-Kasse spülen.
Der Plan von Cargo 10 ist, jährlich immerhin 2.000 Züge nach den gemeinsam vereinbarten Produktionsprozessen abzufertigen. Weiters zu Cargo 10 gekommen sind inzwischen auch die Bosnischen Eisenbahnen. Durch die enge Zusammenarbeit lassen sich die Laufzeiten der Transitzüge eindrucksvoll senken. Das von Cargo 10 genannte Beispiel: Dank der Zusammenarbeit der Bahnen braucht ein Zug von Ljubljana nach Istanbul jetzt 35 statt früher 57 Stunden. Ihre Stärken ausspielen will die HZ Cargo beim Transport gefährlicher Güter: Hier hat die Bahn in der Vergangenheit viel Kompetenz erarbeitet, die sie künftig als EU-Bahn auf dem Markt verkaufen will.
Autor: Josef Müller