Welche Themen sind in der Pharmalogistik gerade aktuell?
Ein Thema, das sehr aktuell ist, ist die Resilienz. Hier geht es um Sicherung, Absicherung und Stabilisierung der Lieferketten. Das rückt bei unseren Kunden in den Vordergrund und ist sicherlich eine Konsequenz aus den Krisen der vergangenen Jahre. Ich glaube, man schaut sich gerade sehr genau an, welche Teile der Supply Chain gut funktionieren und stabil sind bzw. welche sich eher auf dünnem Eis bewegen. Da findet gerade eine Bereinigung statt, indem zusätzliche Lieferanten gesucht werden, um die bereits existierenden zu ergänzen und so auf mehreren Standbeinen zu stehen. Das hat natürlich auch für uns Konsequenzen. Gerade in der Pharmalogistik ist Sicherheit immer ein Thema. Dafür gibt es Hochsicherheitszertifizierungen wie die der TAPA (Transported Asset Protection Association). So etwas wird für die teuren pharmazeutischen Produkte immer wichtiger.
Was beschäftigt Ihr Unternehmen zurzeit am meisten?
Was für uns derzeit einen positiven Effekt hat, sind die gut verfügbaren Lkw-Kapazitäten. Die erleichtern uns das Leben sehr. Das ist aber vermutlich nur eine Momentaufnahme, die wir der schwächelnden Konjunktur und den dadurch sinkenden Transportvolumina zu verdanken haben. Sobald die Wirtschaft wieder anspringt, werden wir hingegen den massiven Fahrermangel wieder voll zu spüren bekommen.
Wir sind sicherlich auch von der Erhöhung der deutschen Lkw-Maut betroffen, die der Bundestag gerade beschlossen hat. Das wird ein sehr starker Preistreiber für alle Deutschlandverkehre. Wir rechnen mit Kostensteigerungen von 10 bis 15 Prozent. Was man sich dabei gedacht hat, eine derartige Umstellung ausgerechnet im Dezember durchzuführen, das weiß ich auch nicht.
Sie liefern auch nach Russland. Wie wirken sich die Sanktionen und der Krieg auf die Transporte aus?
Wir haben vor allem deutsche und österreichische Mittelstandsunternehmen bis hin zu global tätigen „Big Pharma“-Konzernen als Kunden. Diese Firmen liefern nach wie vor Medikamente, die von den Sanktionen ausgeschlossen sind, nach Russland. Die Märkte werden von unseren Kunden aus humanitären und ethischen Gründen weiter beliefert. Das läuft momentan recht stabil, aber da haben wir seit Beginn des Krieges auch ganz anderes erlebt. Auch die Raten sind zurzeit verhältnismäßig stabil, aber deutlich über dem Vorkrisenniveau. Die gängigste und praktisch die einzig funktionierende Route ist hierbei über Polen. Aufgrund von Sanktionen und Gegensanktionen dürfen aber keine Fahrzeuge, die in der EU angemeldet sind, nach Russland einfahren – und umgekehrt. Daher findet an der Grenze ein Tauschprozess statt. In der EU fährt ein Lkw mit einem weißrussischen Anhänger, der dann an der Grenze an eine russische Zugmaschine übergeben und mit dieser nach Russland bzw. die GUS-Staaten weiterbefördert wird.
Was sind die „lessons learned“ aus den vielen Krisen?
Wir haben mitgenommen, dass Flexibilität und schnelles Sich-einstellen-Können auf eine neue Situation etwas ist, mit dem man punktet. Ich glaube, dadurch werden Eigenschaften wie Beweglichkeit als Unternehmen und Redundanz in der Organisation und in den Systemen viel stärker berücksichtigt. Woran wir viel gearbeitet haben, ist das Thema Transparenz. Damit können wir alle unsere Transporte nicht nur für uns intern über diverse Telematiksysteme und Schnittstellen transparent darstellen, sondern die ganze Information auch für unsere Kunden zur Verfügung stellen. Die können über unser Webportal ihre Transporte in Echtzeit verfolgen und Daten abrufen.
Was sind Ihre Pläne für die Weiterentwicklung des Unternehmens im kommenden Jahr?
Da gibt es zwei große Entwicklungsbereiche. Wir steigen ab Jänner 2024 in die Luftfracht ein und eröffnen dafür eine eigene Abteilung. Bis dato waren wir nämlich nur im Landverkehr tätig. Das ist für unser Portfolio die perfekte Ergänzung und wird auch kundenseitig immer öfter nachgefragt. Gerade in der Pharmalogistik werden sehr viele Transporte mit dem Flugzeug abgewickelt. Und mit dem Drehkreuz Wien sind wir aufgrund der geografischen Lage und der Anbindung an den CEE-Raum sowie durch die hervorragende Infrastruktur – es gibt am Flughafen Wien ja ein eigenes Pharma-Handlingcenter – gut aufgestellt. Das zweite große Projekt ist die TAPA-Zertifizierung. Ein derartiges Sicherheitszertifikat wird immer häufiger gefordert, denn Arzneiwaren sind, was kriminelle Aktivitäten anbelangt, besonders sensibel.