Vor Kurzem hat Garbe ein Whitepaper veröffentlicht, in dem von einem Wandel von Logistikimmobilien zu Infrastruktur-Hubs die Rede ist. Können Sie unseren Lesern erklären, was damit gemeint ist?
Das Whitepaper skizziert eine Weiterentwicklung der Standard-Logistikimmobilie hin zur Logistikimmobilie der Zukunft. Hierbei greifen wir den Veränderungsdruck verschiedener struktureller und technologischer Entwicklungen auf und liefern mögliche Lösungen, Beispiele sind die Energie-, Wärme- und Mobilitätswende. Durch Photovoltaik, Windenergie und Stromspeicher entwickeln sich Logistikimmobilien zu kleinen Kraftwerken weiter. Sie ermöglichen damit erst eine Mobilitätswende im Transportsektor. Neben Elektromobilität beziehen wir auch den Antrieb mit Wasserstoff in unsere Vision ein, um mit Elektrolyseuren auf dem Areal dezentral Wasserstoff zu erzeugen.
Rechenzentren und Telekommunikationsanlagen runden das Konzept ab und leisten ihren Anteil bei der digitalen Transformation. Letztere erzeugen wie auch Elektrolyseure Abwärme, die sich in Nahwärmekonzepten zur Versorgung des Umfelds einsetzen lassen. Die finale Evolutionsstufe in der Kombination von Nutzungen ist dann eine Infrastrukturimmobilie, die weitaus mehr leistet als nur die Distribution des Güterflusses.
Das klingt so, als hätte eine solche Zukunftsimmobilie das Ziel, möglichst viel zu bündeln, um Effizienz und Nachhaltigkeit zu steigern.
Ja. Eine effiziente Bündelung der einzelnen Komponenten bzw. Nutzungen hat letzten Endes auch zur Folge, dass weniger Flächenverbrauch stattfindet.
Nachhaltigkeit ist die oberste Prämisse in all den Überlegungen bei Garbe. Die Hülle der Immobilien basiert auf den aktuellen Standardbaubeschreibungen von Garbe und denkt die bestehenden ESG-Kriterien weiter. Die baulich-technische Nachhaltigkeit der Immobilie wird ergänzt durch verschiedene zukunftsorientierte Komponenten. Technisch gesehen sind die meisten Aspekte weit fortgeschritten.
Wir arbeiten übrigens bereits mit gleichgesinnten Akteuren mit dem Ziel, möglichst bald ein solches Konzept zu realisieren. Die Herausforderung bei diesen Gesprächen liegt darin, den Anspruch der Nachhaltigkeit mit Wirtschaftlichkeit in Einklang zu bringen.
Sie sind seit März 2024 Geschäftsführer von Garbe Österreich. Welche Ziele verfolgen Sie hierzulande?
Wir wollen sukzessive das Portfolio an Industrie- und Logistikimmobilien in Österreich ausbauen, und zwar durch die Entwicklung neuer Projekte und durch Zukäufe. Unser Anspruch ist es, zu einem führenden, vertrauenswürdigen und strategischen Partner sowohl für die Nutzer der Immobilien als auch für Grundstückseigentümer, Gemeinden und Investoren zu werden. Dies wollen wir mit dem neu aufgestellten, schlagkräftigen österreichischen Team erreichen, das über ein breites Netzwerk und einen großen Erfahrungsschatz in den Bereichen Industrie und Logistik verfügt.
Mit unserem 360-Grad-Ansatz decken wir den kompletten Lebenszyklus einer Immobilie ab – von der Projektentwicklung bis hin zum Management der Immobilie. Wir sehen uns als Bestandshalter und langfristiger Partner. Darüber hinaus sind wir im höchsten Maße flexibel hinsichtlich der Konzeption und Transaktion. Unser Anspruch ist es, den Bedürfnissen der Projektbeteiligten auf allen Ebenen gerecht zu werden.
Wir haben aktuell eine wirtschaftlich schwierige Situation. Wie wirkt sich diese auf Angebot und Nachfrage von Logistikimmobilien aus?
Der Immobilienmarkt per se befindet sich aktuell in einer sehr herausfordernden Situation. Im Gegensatz zu den anderen Asset-Klassen verhält sich das Segment der Industrie- und Logistikimmobilien resilient. Moderne und nachhaltige Flächen sind weiterhin gefragt. Obwohl es in Österreich aktuell eine historisch hohe Fertigstellungrate bei Logistikimmobilien gibt, sehen wir im Vergleich zu anderen europäischen Ländern eine strukturelle Unterversorgung mit derartigen Flächen.
Wie gehen Sie bei der Suche nach Flächen vor?
Als Garbe sind wir an Standorten interessiert, die von unseren Kunden nachgefragt werden. Der Bedarf von Nutzern zieht sich über ganz Österreich, was unsere beiden aktuellen Projektentwicklungen in Mäder (Vorarlberg) und in Kottingbrunn (Niederösterreich) beweisen. Wir streben danach, den Bedarf unserer Kunden mit den verfügbaren und realisierbaren Grundstücken bzw. Bestandsimmobilien in Österreich zu verknüpfen. Naturgemäß konzentriert sich das Match-Making auf die drei Industrie- und Logistik-Hotspots Wien, Linz und Graz – jeweils mit deren Umgebung.
Wie stehen Sie zum Thema Brownfields?
In der Revitalisierung von Brownfields sehen wir das mit Abstand größte Potenzial für zukunftsgerichtete Projektentwicklungen. Brachliegende Flächen in verdichteten Lagen werden nicht nur wieder nutzbar gemacht, sondern unter Berücksichtigung moderner Nachhaltigkeitsstandards auch aufgewertet. Brownfields bieten unterschiedliches Potenzial, genau diese Werte zu generieren, wobei die Analyse des Bestandsgebäudes im Vordergrund steht.
Eine bestehende Betriebsanlagengenehmigung hat in der Nachnutzbarkeit eine entscheidende Rolle. In der Konzeption prüfen wir unterschiedliche Varianten, wobei wir den Abriss des Gebäudes im Sinne der Nachhaltigkeit vermeiden möchten. In Österreich setzen wir mit dem Projekt in Kottingbrunn ein Zeichen, indem wir auf einem ehemaligen Deponiegrundstück bauen.