News

WienCont: 2023 war ein herausforderndes Jahr

Foto: WienCont / Barbara Nidetzky / Materna
„Wir haben unser Augenmerk auf die Produktivität gelegt und wollen mit den vorhandenen Bestandskapazitäten mehr Effizienz erreichen“, berichtet Monika Gindl-Muzik, Geschäftsführerin WienCont.
Foto: WienCont / Barbara Nidetzky / Materna
Foto: WienCont / Gregor Schweinester
Sieht man vom stagnierenden Umschlaggeschäft einmal ab und richtet den Blick auf die weiteren WienCont-Geschäfts­felder (wie die Container- Reparatur, den Handel sowie die Depothaltung), so fällt die Bilanz besser aus, so Gindl-Muzik.
Foto: WienCont / Gregor Schweinester

Im Interview mit Verkehr spricht Monika Gindl-Muzik, Geschäftsführerin von Österreichs größtem Trimodal-Terminal WienCont, über rückläufige Volumina, die in Kürze in Kraft tretende CO2-Bepreisung, die heimische Förderpolitik und auch über den Kombinierten Verkehr als Hoffnungsträger.

von: Josef Müller

Es ist wirtschaftlich kein einfaches Jahr, welches bei ­Österreichs größtem Trimodal-Terminal WienCont zu Ende geht. Es kam im laufenden Jahr im Umschlagbereich weniger Volumen in den Terminal hinein, doch die Kosten blieben die gleichen. Bis Jahresende rechnet WienCont-Geschäftsführerin Monika Gindl-Muzik damit, wieder an das im Vorjahr umgeschlagene Volumen von rund 500.000 TEU heranzukommen. Besonders ab dem zweiten Halbjahr machten sich sinkende Volumina bemerkbar, nicht zuletzt den Umständen geschuldet, dass viele Lager voll sind, die Kaufkraft der Menschen sank und die hohe Inflation und weitere geopolitische Unwägbarkeiten für Unsicherheiten sorgen. Gindl-Muzik: „In der Logistik-Branche ist eine Rezession erkennbar. Auf einigen Transport­relationen im Kontinental-Verkehr sind in diesem Jahr die Mengen um bis zu 40 Prozent zurückgegangen“, bilanziert die Managerin, die seit 43 Jahren in der Logistik-Branche tätig ist, im Gespräch mit Verkehr. Branchen wie die chemische Indus­trie haben ihre Produktionen drastisch zurückgefahren.

Maritime Verkehre performen gut
Dazu kommt, dass der Kombinierte Verkehr eben nicht die billigste Transportform ist und er das Nachsehen hat, wenn der Dieselpreis sinkt und zu viele Lkw-Frachtkapazitäten auf dem Markt vorhanden sind. Die Schwächen des Kontinental-Verkehrs können zum Teil durch die maritimen Verkehre ausgeglichen werden, die heuer gut performt haben. Rund 40 Prozent der Umschlagtätigkeit im WienCont-Terminal machen letztere aus, wobei hier hauptsächlich die vielen Container-Züge von und nach Rotterdam, Bremerhaven und Hamburg das Volumen bringen. 60 Prozent machen die kontinentalen Verkehre aus, die WienCont mit den europäischen Nachbarländern im Osten und Westen bis in die Türkei verbinden.
Gindl-Muzik: „Wir haben heuer unser Augenmerk auf die Produktivität gelegt und wollen mit den vorhandenen Bestands­kapazitäten mehr Effizienz erreichen“, denn die hohen Energie- und Fixkosten verlangen betriebswirtschaftliche Achtsamkeit.
Mit den vielleicht bis Ende des Jahres zu erreichenden 500.000 TEU liegt man allerdings hinter dem ursprünglich zu Jahresbeginn anvisierten Ziel von 600.000 TEU. Wie sich 2024 entwickeln wird, lässt sich schwer voraussagen, aber der großen Mengenaufschwung wird sich wohl so schnell nicht wieder einstellen, so die Einschätzung von Gindl-Muzik. Sieht man vom stagnierenden Umschlaggeschäft einmal ab und richtet den Blick auf die weiteren WienCont-Geschäftsfelder (wie die Container-Reparatur, den Handel sowie die Depothaltung), so fällt die Bilanz schon wieder besser aus. In allen diesen Bereichen ist die ­Geschäftsführerin mit der diesjährigen Performance durchaus zufrieden.

Grünes Wirken
Auf die Frage, ob die ab 2024 in Österreich in Kraft tretende CO2-Bepreisung des Lkw-Verkehrs dem Kombinierten Verkehr mehr Volumen bringen wird, reagiert die Managerin mit Skepsis. Sie ist nicht überzeugt, dass diese politische Maßnahme ausreicht, um mehr Verlagerung zu bewirken. Mit einem größeren Schwenk von Transporten zum Kombi-Verkehr sei viel eher zu rechnen, wenn in der EU die neuen Taxonomie-Bestimmungen verbindlich werden und Unternehmen nachweisen müssen, wie gesamthaft klimaeffizient sie wirtschaften. Da wird es nicht mehr genügen, wenn sich Unternehmen ein „grünes Mascherl“ umhängen, sie werden dann ihr klimaorientiertes Arbeiten Schwarz auf Weiß belegen müssen, und das wird auch die Logistik aller Unternehmen im Sinne einer Zuwendung zu klimafreundlicheren Transportmodi tangieren. WienCont kann sich jedenfalls zu Recht ein grünes Mascherl umhängen und das grüne Wirken auch belegen.
Apropos grün: Der Terminal 1 in Freudenau ist derzeit der erste in Europa, in dem mit einer Schwungdurchfahrt, sprich mit einer E-Lok ohne Dieselverschub, die Zugabfertigung CO2-neutral erfolgt. In den beiden anderen Terminals 2 und 3 geht es nicht ohne die 16 Reachstaker und Stapler mit Dieselbetrieb. Hier umzustellen, ist gar nicht so leicht, da die Anschaffung von – wenig am Markt verfügbaren, praxistauglichen E-Fahrzeugen – enorme Investitionskosten verursacht, die betriebswirtlich derzeit schlichtweg nicht vertretbar sind.

Es braucht gezielte Förderungen
Die seit zwei Jahren agierende Geschäftsführerin hat großes „Zutrauen in den Kombinierten Verkehr“, weil er eine Transportform der Zukunft ist. Mit einem Zug 40 Lkw en bloc auf die Reise zu schicken, ist deutlich klimafreundlicher, als die gleiche Menge an Lkw einzeln von Wien in den Hamburger Hafen zu schicken. Fazit von Gindl-Muzik: „Es ist keine Zeit, um zu resignieren, wir und die Logistik-Branche sind resilient.“ Noch mehr Zutrauen in den Kombinierten Verkehr auf breiter Ebene wäre machbar, wenn eine offensivere Förderpolitik zugunsten dieser Transport­modalität existieren würde. In Österreich gibt es aber gerademal die Anschlussbahnförderung und das ENIN-Programm, das derzeit primär E-Lkw zugutekommt. Wenn es in Österreich und Europa gelingen soll, dem Modal Split der Schiene auf 40 Prozent zu pushen, dann werde man das ohne konsequente öffentliche Förderungen nicht so ohne Weiteres schaffen.

 


Das könnte Sie auch noch interessieren
Foto: Zentralverband Spedition & Logistik

Jung, digital, innovativ: Drei Frauen dominieren den diesjährigen Nachwuchs-Wettbewerb des Zentralverbands Spedition & Logistik.

Weiterlesen
Foto: Ontime Logistics

Verkehr sprach mit den Geschäftsführern von Ontime Logistics Moritz Schäffner und Tassilo Posch über das aktuelle Marktumfeld, ihr…

Weiterlesen

Im Interview mit Verkehr spricht Mathias Marian, Geschäftsführer von Südost Cargo, über Highlights, die Entwicklung der Branche und seine Pläne für…

Weiterlesen

Die Bertschi Gruppe, Marktführer in der intermodalen Chemielogistik, hat den Betrieb am neu fertiggestellten Antwerp Zomerweg Terminal (AZT)…

Weiterlesen

Fast Dreiviertel (72 Prozent) der Flottenmanager sehen Bedarf für signifikante Veränderungen in ihrem Fuhrpark, um den aktuellen…

Weiterlesen

Am Container Terminal Burchardkai (CTB) der Hamburger Hafen und Logistik AG (HHLA) sind vor kurzem zwei neue Containerbrücken eingetroffen, die für…

Weiterlesen
Foto: WP Holding / Bodo Tiedemann

Die vom Zwickauer Logistikdienstleister WP Holding zusammen mit dem Netzwerk Logistik Mitteldeutschland ausgerichtete Veranstaltung „Energiewende: Nur…

Weiterlesen

Die Duvenbeck Unternehmensgruppe erweitert durch die Akquisition der Sander Logistics Gruppe ihre Präsenz und Leistungsfähigkeit in Norddeutschland.…

Weiterlesen
Foto: eFuel Alliance Österreich / Weinwurm Fotografie

Es braucht dringend klare Rahmenbedingungen für eFuels in Österreich und Europa, damit die Produktion im großen Stil gestartet werden kann, fordert…

Weiterlesen

Der Grevener Logistikdienstleister Fiege entwickelt ein Multi-User-Center in Borna im Landkreis Leipzig. Seit September laufen die Erdarbeiten für die…

Weiterlesen

Schon gehört?

Der Podcast der Internationalen Wochenzeitung Verkehr in Kooperation mit Julia Schütze.

Hören Sie hier das Interview mit Andreas Matthä, CEO der ÖBB Holding.

Wenn Sie externe Inhalte von w.soundcloud.com aktivieren, werden Daten automatisiert an diesen Anbieter übertragen.

Termine

European Silk Road Summit 2024

Datum: 27.11.2024 bis 28.11.2024
Ort: Wien

4. Salzburger Logistik Tag + Südbayern Region 2024

Datum: 28.11.2024
Ort: Porsche Austria Mooncity / Salzburg

18. BME-/VDV-Forum Schienengüterverkehr

Datum: 29.01.2025 bis 30.01.2025
Ort: Berlin

FRUIT LOGISTICA 2025

Datum: 05.02.2025 bis 07.02.2025
Ort: Messe Berlin

Mehr Termine

Verkehr im Austria Kiosk

Aktuelle ePaper-Ausgaben der Wochenzeitung Verkehr können Sie direkt im Austria Kiosk kaufen.

Anmeldung zum Newsletter

Herr / Mr  Frau / Mrs