Es ist wirtschaftlich kein einfaches Jahr, welches bei Österreichs größtem Trimodal-Terminal WienCont zu Ende geht. Es kam im laufenden Jahr im Umschlagbereich weniger Volumen in den Terminal hinein, doch die Kosten blieben die gleichen. Bis Jahresende rechnet WienCont-Geschäftsführerin Monika Gindl-Muzik damit, wieder an das im Vorjahr umgeschlagene Volumen von rund 500.000 TEU heranzukommen. Besonders ab dem zweiten Halbjahr machten sich sinkende Volumina bemerkbar, nicht zuletzt den Umständen geschuldet, dass viele Lager voll sind, die Kaufkraft der Menschen sank und die hohe Inflation und weitere geopolitische Unwägbarkeiten für Unsicherheiten sorgen. Gindl-Muzik: „In der Logistik-Branche ist eine Rezession erkennbar. Auf einigen Transportrelationen im Kontinental-Verkehr sind in diesem Jahr die Mengen um bis zu 40 Prozent zurückgegangen“, bilanziert die Managerin, die seit 43 Jahren in der Logistik-Branche tätig ist, im Gespräch mit Verkehr. Branchen wie die chemische Industrie haben ihre Produktionen drastisch zurückgefahren.
Maritime Verkehre performen gut
Dazu kommt, dass der Kombinierte Verkehr eben nicht die billigste Transportform ist und er das Nachsehen hat, wenn der Dieselpreis sinkt und zu viele Lkw-Frachtkapazitäten auf dem Markt vorhanden sind. Die Schwächen des Kontinental-Verkehrs können zum Teil durch die maritimen Verkehre ausgeglichen werden, die heuer gut performt haben. Rund 40 Prozent der Umschlagtätigkeit im WienCont-Terminal machen letztere aus, wobei hier hauptsächlich die vielen Container-Züge von und nach Rotterdam, Bremerhaven und Hamburg das Volumen bringen. 60 Prozent machen die kontinentalen Verkehre aus, die WienCont mit den europäischen Nachbarländern im Osten und Westen bis in die Türkei verbinden.
Gindl-Muzik: „Wir haben heuer unser Augenmerk auf die Produktivität gelegt und wollen mit den vorhandenen Bestandskapazitäten mehr Effizienz erreichen“, denn die hohen Energie- und Fixkosten verlangen betriebswirtschaftliche Achtsamkeit.
Mit den vielleicht bis Ende des Jahres zu erreichenden 500.000 TEU liegt man allerdings hinter dem ursprünglich zu Jahresbeginn anvisierten Ziel von 600.000 TEU. Wie sich 2024 entwickeln wird, lässt sich schwer voraussagen, aber der großen Mengenaufschwung wird sich wohl so schnell nicht wieder einstellen, so die Einschätzung von Gindl-Muzik. Sieht man vom stagnierenden Umschlaggeschäft einmal ab und richtet den Blick auf die weiteren WienCont-Geschäftsfelder (wie die Container-Reparatur, den Handel sowie die Depothaltung), so fällt die Bilanz schon wieder besser aus. In allen diesen Bereichen ist die Geschäftsführerin mit der diesjährigen Performance durchaus zufrieden.
Grünes Wirken
Auf die Frage, ob die ab 2024 in Österreich in Kraft tretende CO2-Bepreisung des Lkw-Verkehrs dem Kombinierten Verkehr mehr Volumen bringen wird, reagiert die Managerin mit Skepsis. Sie ist nicht überzeugt, dass diese politische Maßnahme ausreicht, um mehr Verlagerung zu bewirken. Mit einem größeren Schwenk von Transporten zum Kombi-Verkehr sei viel eher zu rechnen, wenn in der EU die neuen Taxonomie-Bestimmungen verbindlich werden und Unternehmen nachweisen müssen, wie gesamthaft klimaeffizient sie wirtschaften. Da wird es nicht mehr genügen, wenn sich Unternehmen ein „grünes Mascherl“ umhängen, sie werden dann ihr klimaorientiertes Arbeiten Schwarz auf Weiß belegen müssen, und das wird auch die Logistik aller Unternehmen im Sinne einer Zuwendung zu klimafreundlicheren Transportmodi tangieren. WienCont kann sich jedenfalls zu Recht ein grünes Mascherl umhängen und das grüne Wirken auch belegen.
Apropos grün: Der Terminal 1 in Freudenau ist derzeit der erste in Europa, in dem mit einer Schwungdurchfahrt, sprich mit einer E-Lok ohne Dieselverschub, die Zugabfertigung CO2-neutral erfolgt. In den beiden anderen Terminals 2 und 3 geht es nicht ohne die 16 Reachstaker und Stapler mit Dieselbetrieb. Hier umzustellen, ist gar nicht so leicht, da die Anschaffung von – wenig am Markt verfügbaren, praxistauglichen E-Fahrzeugen – enorme Investitionskosten verursacht, die betriebswirtlich derzeit schlichtweg nicht vertretbar sind.
Es braucht gezielte Förderungen
Die seit zwei Jahren agierende Geschäftsführerin hat großes „Zutrauen in den Kombinierten Verkehr“, weil er eine Transportform der Zukunft ist. Mit einem Zug 40 Lkw en bloc auf die Reise zu schicken, ist deutlich klimafreundlicher, als die gleiche Menge an Lkw einzeln von Wien in den Hamburger Hafen zu schicken. Fazit von Gindl-Muzik: „Es ist keine Zeit, um zu resignieren, wir und die Logistik-Branche sind resilient.“ Noch mehr Zutrauen in den Kombinierten Verkehr auf breiter Ebene wäre machbar, wenn eine offensivere Förderpolitik zugunsten dieser Transportmodalität existieren würde. In Österreich gibt es aber gerademal die Anschlussbahnförderung und das ENIN-Programm, das derzeit primär E-Lkw zugutekommt. Wenn es in Österreich und Europa gelingen soll, dem Modal Split der Schiene auf 40 Prozent zu pushen, dann werde man das ohne konsequente öffentliche Förderungen nicht so ohne Weiteres schaffen.