Die Türkei wird sich in den kommenden Jahren zu einem international bedeutungsvollen Logistikmarkt entwickeln. Nach einer aktuellen Umfrage des global agierenden Logistik-Immobilien-Vermarkters Jones Lang LaSalle gehört die Türkei zur Spitze der „kommenden Logistikmärkte“ in den nächsten fünf Jahren. Für mehr als ein Viertel der befragten Logistik-Manager in Europa zählt das Land zu den Top 3 der neu entstehenden Logistik-Standorte der Region EMEA (Europa, Naher Osten und Afrika). Polen und Rumänien wurden als Einzelmärkte ebenfalls häufig genannt, dem osteuropäischen sowie dem afrikanischen Raum als Gesamtregionen wird ein starkes Potenzial zugebilligt.
Die Befragten zählten geografische Lage (83 %), wirtschaftliches Wachstum (81%) und politische Stabilität (68 %) als die drei wichtigsten Eigenschaften eines neu entstehenden Logistikstandortes auf. „Die Türkei bietet alle notwendigen Voraussetzungen, um sich als Logistikstandort zu etablieren: Die Wirtschaft wächst aufgrund stabiler politischer Rahmenbedingungen stark, das Land hat ein großes Potenzial an zunehmend gut ausgebildeten Arbeitskräften auf Basis der großen und jungen Bevölkerung und verbucht steigende inländische Verbraucherausgaben und Direktinvestitionen aus dem Ausland“, betont Alexandra Tornow, Leiterin Industrial & Logistik Research Jones Lang LaSalle.
Politische Reformen als positive Einflussfaktoren
„Wir gehen davon aus, dass einige der jüngsten Reformen (Erleichterungen bei der Unternehmensgründung, bei der Steuerzahlung sowie bei der Einführung elektronischer Datenübertragung zur Erleichterung des grenzüberschreitenden Handels) die Nachfrage nach einer effektiveren Logistik und damit auch nach modernen Logistikflächen ankurbeln werden“, ergänzt die Immobilien-Expertin. Der türkische Logistikmarkt wird derzeit noch dominiert von lokalen Akteuren und kleinen Familienbetrieben. Obwohl die Verfügbarkeit moderner Logistikflächen in den letzten Jahren stark zugelegt hat, ist der Anteil der auf dem Markt befindlichen sogenannten „1A-Bestandsflächen“ nach wie vor relativ gering und hält damit auch die internationalen Investitionen, beispielsweise durch institutionelle Anleger, in Grenzen.
Aufgrund des starken wirtschaftlichen Wachstums, der Zunahme der Einzelhandelsflächen, des Markeintritts ausländischer Marken und der steigenden Nachfrage und der Ausgaben im Einzelhandelsbereich wandelt sich die gesamte Logistik-Branche in der Türkei allerdings in einem rasanten Tempo.
Großraum Istanbul zieht die Logistik-Branche an
Der Investment-Markt ist indes überwiegend geprägt von Eigennutzern sowie von lokalen Investoren, häufig in Gestalt von partnerschaftlich betriebenen Projekten von Entwicklern und Grundstückseigentümern. Diese Methode wird als der einzig gangbare Weg für Logistik-Projektentwicklungen erachtet. Aufgrund der hohen Grundstückspreise gerade in der Nähe der wichtigsten Ballungsgebiete wie beispielsweise Istanbul wird vielfach der lukrativere Bau im Büro- und Einzelhandelsbereich vorgezogen. Weiterer Antrieb des türkischen Logistikmarktes ist das starke Wachstum des Container-Verkehrs in den wichtigen Seehäfen rund um Istanbul (Ambarli, Mersin, Izmir und Haydarpasa).
In diesen vier Häfen wurden beispielsweise im Jahr 2010 4,5 Mio. TEU umgeschlagen. Damit liegt das Volumen bereits auf ähnlichem Niveau wie in Bremerhaven und Valencia, die im europäischen Vergleich unter den Top-Containerhäfen Platz vier und fünf belegen. Angekurbelt durch das Umschlagswachstum in den zwei wichtigsten Häfen, Ambarli und Mersin, zählten sie zu den am schnellsten wachsenden europäischen Container-Häfen im Jahr 2010.
Darüber hinaus hat die türkische Regierung ein ambitioniertes Investitionsprogramm zur Erweiterung des Expressbahn- und Autobahnnetzes und zur Verbesserung der Verbindungen zwischen den wichtigen Städten initiiert, von dem die Logistik-Branche früher oder später profitiert. So wird zum Beispiel das Autobahnprojekt Nord-Marmara die Städte Adapazari und Tekirdag via Istanbul verbinden, womit auch der Bau einer dritten Brücke in der Bosporus-Metropole verbunden ist.
„Marmaray-Projekt“ von großer Bedeutung
Von großer Bedeutung ist auch das „Marmaray-Projekt“, das die europäischen Eisenbahnnetze an die nahöstlichen und asiatischen Eisenbahnnetze anbinden wird.
„Die geografische Lage der Türkei in Verbindung mit den hohen Investitionen in die Infrastruktur unterstreichen das außergewöhnliche Potenzial des Landes als internationaler Logistik-Gateway und Knotenpunkt“, erklärt Avi Alkas, Vorsitzender der Geschäftsführung bei Jones Lang LaSalle in der Türkei.
Seiner Einschätzung nach trägt die Verbesserung der Transport-Infrastruktur dazu bei, dass globale Unternehmen die Türkei als regionalen Knotenpunkt stärker als bisher in Betracht ziehen. Ein Trend ist schon klar erkennbar und vor Ort sichtbar: Internationale Logistikunternehmen haben ihre Präsenz in Istanbul, Ankara und anderen wachsenden bzw. neu entstehenden regionalen Logistikmärkten in der Türkei verstärkt.
Autor: Josef Müller