News

Realistische Roadmap zur Dekarbonisierung des Straßengüterverkehrs gefordert

Foto: Lagermax
"Die jüngsten, von Sebastian Kummer dargelegten Zahlen sind ernüchternd und zeigen, dass wir dringend einen konkreten Maßnahmenplan benötigen, um unsere Klimaziele zu erreichen. Es ist entscheidend, dass die Politik jetzt handelt und klare, langfristige Rahmenbedingungen schafft", fordert Alexander Friesz, Präsident des Zentralverbandes Spedition & Logistik.
Foto: Lagermax

Eine aktuelle Studie des Instituts für Transportwirtschaft und Logistik der WU Wien bestätigt, dass ein klimaneutraler Güterverkehr in Österreich, sofern überhaupt, erst 2050 und auch dann nur bei Ausschöpfung aller verfügbaren Potenziale möglich ist. Die Politik muss deshalb umgehend Maßnahmen zur Reduktion von Emissionen auch und vor allem im Straßengüterverkehr ergreifen. Sowohl die Entwicklung der Gesamtgüterverkehrsleistung als auch des Bahn- und Straßenanteils im Modal Split verläuft in entgegengesetzter Richtung zu den Prognosen, auf deren Basis die Bundesregierung aktuell plant und entscheidet, kommentiert Alexander Friesz, Präsident des Zentralverbandes Spedition & Logistik, die neuesten Erkenntnisse der WU-Studie.

Die unter der Leitung von Sebastian Kummer aktualisierte Studie zur Entwicklung von Güterverkehr und Modal Split in Österreich zeigt alarmierende Ergebnisse: Entgegen den Annahmen der Regierung hat sich der Anteil der Bahn im Güterverkehr reduziert, während jener der Straße gestiegen ist. Diese Entwicklung steht in direktem Widerspruch zu den Verlagerungszielen des für Klimaschutz und Mobilität zuständigen Bundesministeriums und macht deutlich, dass die erhoffte Dekarbonisierung des Straßengüterverkehrs umso notwendiger ist.

Politik muss eigenen Vorgaben entsprechen
Der Zentralverband Spedition & Logistik ruft die Politik daher dazu auf, ihren Fokus verstärkt auf die Dekarbonisierung des Straßengüterverkehrs zu richten, der aktuell und auch in absehbarer Zukunft jedenfalls über 60 Prozent des Güterverkehrsaufkommens zu stemmen hat. Die Europäische Kommission hat mit Fit-for-55 bereits einen ersten Rahmen für die Errichtung von alternativen Ladeinfrastrukturen entworfen, muss bei den geplanten Wasserstoffmengen und Stromladekapazitäten aber dringend nachschärfen, da die bisher genannten nicht im Ansatz ausreichen werden.

ENIN – zu bürokratisch, planungsunsicher und einschränkend
Noch größerer Handlungsbedarf besteht in Österreich, das zwar bereits 2040 – also zehn Jahre früher als die EU – CO2-neutral sein möchte, jedoch noch keinerlei konkreten und realistischen Maßnahmenfahrplan dazu hat. Das mit Verspätung und auf Druck der Branche etablierte Förderprogramm „Emissionsfreie Nutzfahrzeuge und Infrastruktur“ – ENIN – ist ein Schritt in die richtige Richtung, um erste Projekte mit Elektro- und Wasserstoffantrieb im Straßengüterverkehr zu etablieren. Für viele kleinere Unternehmen ist es derzeit allerdings wegen des akademischen Förderdesigns und bürokratischer Hürden wenig attraktiv. Die zeitliche Befristung bis 2026 entzieht zudem den kostspieligen Umrüstungen auf neue Technologien die Planungssicherheit. Ein weiterer Kritikpunkt ist, dass ENIN nicht alle alternativen und CO2-sparenden Antriebstechnologien fördert. Damit ist keine Technologieoffenheit gegeben.

Auch E-Fuels und HVO müssen gefördert werden
Alexander Friesz, Präsident des Zentralverbandes Spedition & Logistik, betont: „Im Sinne des Umweltschutzes und des von der Politik selbst gesetzten Zieles für 2040 müssen wir die Dekarbonisierung mit allen Mitteln vorantreiben und alle gut und im breiten Stil einsetzbaren Technologien fördern.“ Dazu gehören E-Fuels, also Kraftstoffe, die mit Hilfe erneuerbarer Energien synthetisch hergestellt werden, oder auch HVO, ein geruchloser, sauberer, palmölfreier und hochwertiger synthetischer nichtfossiler Dieselkraftstoff. „Die jüngsten von Prof. Kummer dargelegten Zahlen sind ernüchternd und zeigen, dass wir dringend einen konkreten Maßnahmenplan benötigen, um unsere Klimaziele zu erreichen. Es ist entscheidend, dass die Politik jetzt handelt und klare, langfristige Rahmenbedingungen schafft“, erklärt Friesz deutlich.

Eine Roadmap zur Dekarbonisierung muss her
Die Branche fordert von der Europäischen Kommission und der nächsten österreichischen Bundesregierung – in enger Abstimmung mit allen betroffenen Branchen –, eine verbindliche Maßnahmen-Roadmap zur Dekarbonisierung des Straßengüterverkehrs zu erstellen. Die Roadmap muss ein kontinuierliches qualitätssicherndes Monitoring beinhalten, neue Entwicklungen müssen zeitnah integriert werden. Technologieoffenheit, Realitätssinn, europäische Abstimmung und vor allem mehr Fokus auf den Straßengüterverkehr sind dabei entscheidende Faktoren.

Die zentralen Forderungen im Überblick

  1. Erstellung einer verbindlichen Roadmap zur Dekarbonisierung des Straßengüterverkehrs in Zusammenarbeit mit allen betroffenen Branchen.
  2. Sicherstellung von Technologieoffenheit.
  3. EU-weite Abstimmung der Strategien und Maßnahmen.
  4. Kontinuierliches Monitoring und zeitnahe Integration neuer Entwicklungen in die Roadmap.

Logistikbranche geht mit Veränderungswillen voran
„Wir leisten bereits überall dort, wo wir können, unseren Beitrag zur Dekarbonisierung, zum Beispiel durch den intensiven Einsatz von Elektrofahrzeugen im Kurier-, Express- und Paketdienst oder den massiven Ausbau von Photovoltaikanlagen in der Lagerlogistik. Selbst dieser wird aber durch schlechte Rahmenbedingungen und Probleme bei Netzanschlüssen gebremst“, berichtet Friesz. Auch auf der Langstrecke beweisen viele Unternehmen durch den Einsatz von HVO konstruktiven Veränderungswillen. „Die Speditions- und Logistikbranche hat bereits bewiesen, dass sie dort, wo es erlaubt, technisch möglich und wirtschaftlich vernünftig ist, alles für einen klimafreundlicheren Straßengüterverkehr unternimmt. Es liegt aber an der Politik, mit uns gemeinsam Rahmenbedingungen zu schaffen, die eine nachhaltige und wirtschaftlich verträgliche Dekarbonisierung ermöglichen“, so ZV-Präsident Friesz abschließend.


Das könnte Sie auch noch interessieren
Foto: Schnellecke Logistics SE

Frank Erhardt hat zum 1. November 2024 die Position des Vice President Operations Germany übernommen und wird künftig die operativen Geschäfte der…

Weiterlesen
Foto: Zentralverband Spedition & Logistik

Jung, digital, innovativ: Drei Frauen dominieren den diesjährigen Nachwuchs-Wettbewerb des Zentralverbands Spedition & Logistik.

Weiterlesen
Foto: Ontime Logistics

Verkehr sprach mit den Geschäftsführern von Ontime Logistics Moritz Schäffner und Tassilo Posch über das aktuelle Marktumfeld, ihr…

Weiterlesen

Im Interview mit Verkehr spricht Mathias Marian, Geschäftsführer von Südost Cargo, über Highlights, die Entwicklung der Branche und seine Pläne für…

Weiterlesen

Die Bertschi Gruppe, Marktführer in der intermodalen Chemielogistik, hat den Betrieb am neu fertiggestellten Antwerp Zomerweg Terminal (AZT)…

Weiterlesen

Fast Dreiviertel (72 Prozent) der Flottenmanager sehen Bedarf für signifikante Veränderungen in ihrem Fuhrpark, um den aktuellen…

Weiterlesen

Am Container Terminal Burchardkai (CTB) der Hamburger Hafen und Logistik AG (HHLA) sind vor kurzem zwei neue Containerbrücken eingetroffen, die für…

Weiterlesen
Foto: WP Holding / Bodo Tiedemann

Die vom Zwickauer Logistikdienstleister WP Holding zusammen mit dem Netzwerk Logistik Mitteldeutschland ausgerichtete Veranstaltung „Energiewende: Nur…

Weiterlesen

Die Duvenbeck Unternehmensgruppe erweitert durch die Akquisition der Sander Logistics Gruppe ihre Präsenz und Leistungsfähigkeit in Norddeutschland.…

Weiterlesen
Foto: eFuel Alliance Österreich / Weinwurm Fotografie

Es braucht dringend klare Rahmenbedingungen für eFuels in Österreich und Europa, damit die Produktion im großen Stil gestartet werden kann, fordert…

Weiterlesen

Schon gehört?

Der Podcast der Internationalen Wochenzeitung Verkehr in Kooperation mit Julia Schütze.

Hören Sie hier das Interview mit Andreas Matthä, CEO der ÖBB Holding.

Wenn Sie externe Inhalte von w.soundcloud.com aktivieren, werden Daten automatisiert an diesen Anbieter übertragen.

Termine

European Silk Road Summit 2024

Datum: 27.11.2024 bis 28.11.2024
Ort: Wien

4. Salzburger Logistik Tag + Südbayern Region 2024

Datum: 28.11.2024
Ort: Porsche Austria Mooncity / Salzburg

18. BME-/VDV-Forum Schienengüterverkehr

Datum: 29.01.2025 bis 30.01.2025
Ort: Berlin

FRUIT LOGISTICA 2025

Datum: 05.02.2025 bis 07.02.2025
Ort: Messe Berlin

Mehr Termine

Verkehr im Austria Kiosk

Aktuelle ePaper-Ausgaben der Wochenzeitung Verkehr können Sie direkt im Austria Kiosk kaufen.

Anmeldung zum Newsletter

Herr / Mr  Frau / Mrs