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„Der Zollkorridor entlastet sowohl den Hafen Triest als auch das Klima“

Foto: Martin Hoffmann
„Es muss uns gelingen, das LCA-Süd als Hinterlandhafen für die nordadriatischen Häfen zu etablieren“, betont Julia Feinig-Freunschlag, Geschäftsführerin der Standortagentur Logistik Center Austria Süd (LCAS).
Foto: Martin Hoffmann
Foto: LCA-Süd
Aktuell stehen im LCA-Süd 50.000 m2 für Betriebsansiedlungen ­zur Verfügung – langfristig sollen es 380.000 m2 werden.
Foto: LCA-Süd

Triest und Fürnitz rücken durch den neuen, europaweit ersten Zollkorridor enger zusammen, erklärt Julia Feinig-Freunschlag, Geschäftsführerin der Standortagentur Logistik Center Austria Süd (LCA-Süd), im Gespräch mit Verkehr.

von: Josef Müller

Wie lief das Jahr 2022 für das Logistik Center Austria Süd (LCA-Süd) und welche Pläne haben Sie für 2023?
Julia Feinig-Freunschlag:
2022 war größtenteils von der strategischen Weiterentwicklung des Standortes und der gleichnamigen Standortagentur geprägt. Wir konnten neue EVU und somit auch neue Zugverbindungen, die über den Standort geroutet werden, gewinnen. Im Bereich des Serviceangebotes der LCA Logistik Center Austria Süd GmbH für Standortunternehmen wurden neue Maßnahmen entwickelt. Dazu zählen neben einem erweiterten Bildungsangebot direkt vor Ort und verstärkte Social-Media-Aktivitäten, um den Standort international sichtbarer zu machen, auch eine maßgeschneiderte Online-Jobplattform, die Kärntner Logistik- und Transportunternehmen kostenfrei nutzen können, um offene Stellen zu veröffentlichen.

Das LCA-Süd (LCAS) hat sich auch an mehreren innovativen (EU-)Projekten beteiligt, darunter ein auf Lebensmittel ausgerichtetes Logistik- und Verarbeitungszentrum (SLICER Zentrum) sowie FENIX, in dem an der Optimierung der Zusammenarbeit der europäischen Verkehrskorridore mittels Digitalisierung gearbeitet wird. In diesen Bereich fällt auch das Projekt des ersten europäischen Schienenzollkorridors, der zwischen dem Logistik-Hub LCA-Süd in Fürnitz und dem Hafen Triest implementiert wird.
Mit mehreren internationalen Partnern aus der Logistikwelt arbeitete das LCAS an der Einreichung neuer EU-Projekte, die in erster Linie die CO2-Einsparung als Ziel haben.
Zwei der aktuell genehmigten Projekte sind ACCESSMILE, das darauf abzielt, die Verkehrsströme der letzten Meile im Güterverkehr in Mitteleuropa mit Hilfe von IKT-Lösungen zu optimieren, und das Projekt Rail4Regions. Die in diesem Projekt gemeinsam erarbeiteten Ergebnisse und Lösungen sollen Investitionen zur Verbesserung des Schienengüterverkehrs durch eine Reaktivierung bzw. optimierte Nutzung regionaler Nebenbahnen auslösen.
Das vergangene Jahr stand aber auch im Bereich der Betriebsansiedlung und Standortvermarktung für eine äußerst operative und aktive Arbeit: Neben der Präsentation des LCA-Süd bei mehr als 15 Veranstaltungen im In- und Ausland wurden bzw. werden zahlreiche Ansiedlungs- und Infrastrukturprojekte durch das Team des LCAS betreut. Drei Ansiedlungsprojekte mit gesamt etwa 400 geplanten Arbeitsplätzen am Standort des LCAS konnten bereits realisiert werden.

Welche Leistungen bieten Sie als Standortagentur Ihren ­Kunden an?
Feinig-Freunschlag: An der Standortagentur sind die Kärntner Beteiligungsverwaltung und die ÖBB Infrastruktur mit jeweils Anteilen von 50 Prozent beteiligt. Die Kernaufgaben sind Betriebsansiedlungen und Standortmarketing, Standortentwicklung, Kooperationen und Projektabwicklung. Die Standortagentur betreibt keine operativen Logistikdienstleistungen. Der am Standort betriebene Combi Cargo Terminal ist zu 100 Prozent im Eigentum der ÖBB Infrastruktur und Teil des Terminal-Service-Austria (TSA)-Netzwerks der ÖBB In­frastruktur. Als neutraler Terminalbetreiber ist der TSA-Standort Drehscheibe für intermodale Transporteinheiten. Es werden Container, Wechselbehälter und kranbare Sattelauflieger vom Lkw auf die umweltfreundliche Schiene umgeschlagen. Neben den klassischen Hüben betreibt die TSA ein Leercontainerdepot, ein Containerreparaturservice und bietet SOLAS-Verwiegungen sowie Zwischenlagerung und Stuffing von Gütern an. 

Welcher Nutzen ergibt sich ­eigentlich aus dem neuen Zollkorridor?
Feinig-Freunschlag: Einerseits bewirkt der Zollkorridor Triest–Fürnitz eine Aufwertung des gesamten Wirtschaftsstandorts Kärnten und setzt andererseits ein starkes ­Signal für die Verkehrsverlagerung von der Straße auf die Schiene. Ein wichtiger Meilenstein im Projekt war u.a. die Umsetzung einer digitalen Schnittstelle zwischen den bereits bestehenden IT-Systemen der italienischen und österreichischen Zollbehörden, dem Hafen Triest und den EVU, die einen transparenten und raschen Datenaustausch ermöglicht. Dieses europäische Pilotprojekt – bis dato gibt es nichts Vergleichbares in Europa – soll als Vorzeigeprojekt für die grenzüberschreitende Zusammenarbeit beim Warentransport auf der klimafreundlichen Schiene fungieren.

Zum Ablauf: Die Container werden nicht wie üblich in Triest abgeladen, verzollt und danach per Lkw weitertransportiert, sondern vom Schiff direkt auf Waggons verladen und erst in Fürnitz verzollt und weitergeleitet. Der Datentransfer erfolgt vollelektronisch. Das spart in erster Linie Zeit, weil die Lagerung und das Handling im Hafen entfällt und so Kapazitätsengpässe im Hafen vermieden werden. Jeder eingesparte Lkw-Kilometer ist ein Gewinn für das Klima. Der Zollkorridor Triest–Fürnitz bedeutet für die Kunden Zeitersparnis, für den Hafen Triest (und das Klima) Entlastung, für den Terminal mehr Auslastung und für Eisenbahnoperateure zusätzliche Verkehre.

Was waren die besonderen Herausforderungen bei der Kreation dieses Korridors?
Feinig-Freunschlag: Die Erarbeitung des gesamten zollrechtlichen Verfahrens zwischen den österreichischen und den italienischen Behörden sowie den EVU, die am jeweiligen Standort ein Zollverwahrlager betreiben. Hierzu zählen u.a. die Klärung komplexer Haftungsfragen, Risikomanagement und die operative Abwicklung des geplanten Shuttles.

Inwiefern wertet dieser Korridor die Rolle des LCA-Süd als Dryport im Hinterland auf?
Feinig-Freunschlag: Das Logistik Center Austria Süd als Standort, aber auch der Terminal und der Großverschiebebahnhof Fürnitz werden aufgewertet und die Gateway-Funktion noch mehr in den Fokus gerückt. Mit zusätzlichen Serviceangeboten wie Containerlagerung und -reparatur, Lagerung und Distribution von Waren vom LCA-Süd aus wird das Angebot für Kunden erweitert und attraktiver gestaltet.

Fungiert dieser Korridor in eine Richtung, sprich von Triest nach Villach, oder auch umgekehrt für EU-Warenexporte nach Übersee mit Verzollung in Fürnitz im Export?
Feinig-Freunschlag: In Fürnitz werden bereits jetzt Verzollungen von EU-Warenexporten durchgeführt. Zolldienstleistungen werden dabei von Standortunternehmen angeboten. Der Logistik-Hub verfügt weiters über ein AEO-zertifiziertes Zollverwahrlager, und auch das Zollamt Österreich ist mit einem Büro am Standort vertreten. Somit ist eine Zollabwicklung von Warenausgängen in Fürnitz möglich. Das behördliche Verfahren des Zollkorridors betrifft nur EU-Import waren aus Drittstaaten und damit in Richtung Triest nach Fürnitz. Warenexporte unterliegen einem anderen Verfahren.

Gibt es derzeit noch freie Kapazitäten im LCA-Süd für potenzielle ansiedlungswillige Unternehmen?
Feinig-Freunschlag: In der südlichen Zone gibt es etwa 380.000 m2, die sich derzeit im Prozess der Baureifmachung befinden und langfristig für potenzielle Betriebsansiedlungen verfügbar sein werden. Kurzfristig stehen etwa 50.000 m2 für logistikaffine Betriebsansiedlungen zur Verfügung.

Was ist die Vision des LCA-Süd für die nächsten Jahre?
Feinig-Freunschlag: Das LCA-Süd entwickelt sich zu einem der führenden Logistikkompetenzzentren im Alpe-Adria-Raum mit dem Schwerpunkt „Green Logistics“. Der Standort bietet neben innovativen Verkehrslösungen auch Raum für Forschung und Innovation sowie Weiterbildung und schafft durch strategische Betriebsansiedlungspolitik neue Arbeitsplätze und Wertschöpfung für die Region. Es muss uns gelingen, das LCAS als Hinterlandhafen für die nordadriatischen Häfen zu etablieren. In Verbindung mit der Koralmbahn als Bestandteil der Baltisch-Adriatischen Achse wird der Logistikstandort zu einer Handelsdrehscheibe zwischen Mittel-, Süd-, Südost- und Osteuropa – mit allen positiven Standortfolgen für Wertschöpfung, Investitionen, Arbeitsplätze und die Umwelt.

Vielen Dank für das Gespräch.


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