2022 war turbulent und von unterschiedlichen Krisen geplagt. Wie ging es dem Hafen Linz wirtschaftlich?
Harald Kronsteiner: Wir haben ein „schiefes“ Geschäftsjahr, das bei uns immer von Oktober bis September läuft. Wenn man sich also den Hafen Linz ansieht und das Geschäftsjahr Oktober 2020 bis September 2021 mit dem Geschäftsjahr Oktober 2021 bis September 2022 vergleicht, dann fällt auf, dass wir bei der Tonnage einen leichten Rückgang verzeichnen, im Wesentlichen ausgelöst durch den Rückgang im Tankhafen, wo wir 26 Prozent weniger verbucht haben. Dafür haben wir aber im Container-Terminal Zuwächse erzielt und liegen bei etwa 202.000 TEU. Wir sind mit dem letzten Geschäftsjahr also nicht unzufrieden. Es hat sich auch bei uns der Lagerbereich, für den mein Kollege zuständig ist, sehr gut entwickelt.
Gottfried Buchinger: Das stimmt. Wir hatten aber Probleme mit dem Fachkräftemangel, und zwar nicht nur im Arbeiter-, sondern auch im Angestelltenbereich. Es ist einfach irrsinnig schwierig gewesen, die richtigen Mitarbeiter zu finden und dementsprechend dann Logistikprojekte abzuwickeln. Man bemerkt auch ganz stark die demografische Entwicklung in Österreich und spürt, dass es immer mehr Pensionisten gibt, während zu wenig junges Personal nachkommt. Und dazu kommt, dass manche Frachtunternehmer die Situation ausgenützt und die Preise derart erhöht haben, dass sie nicht mehr marktüblich waren. Das war schon eine schwierige Situation, in der man gesehen hat, mit wem eine faire Partnerschaft möglich ist und mit wem nicht.
Die Prognosen für heuer sind ernüchternd: Spüren Sie schon einen gewissen Rückgang im ersten Quartal?
Kronsteiner: Bei den Containern haben wir es im Oktober, November und Dezember auf jeden Fall gespürt. Da haben wir zehn Prozent weniger umgeschlagen, weil die Importe so schwach waren. Ich gehe davon aus, dass es auch im ersten Quartal 2023 so bleiben wird, sich im zweiten Halbjahr aber wieder dreht.
Buchinger: In den letzten Monaten wurde ja sehr viel eingekauft und zwischengelagert, um Produktionen sicherstellen zu können, und hier ist nun eine starke Veränderung erkennbar – also es werden wieder Läger frei. Und diese Übermengen, die eingelagert wurden, müssen jetzt erstmal abgearbeitet werden. Wir müssen also immer schauen, welche Produkte wirklich am Markt sind, die auch unseren Qualitätsansprüchen entsprechen und von den Kunden auch benötigt werden. Mit solchen Produkten wollen wir unsere Läger anfüllen, weil sich ansonsten solche großen Investitionen, wie wir sie getätigt haben, nicht bezahlt machen würden. Wir müssen also schon sehr genau schauen, welche Kunden wir hier an Land ziehen, aber grundsätzlich sieht das erste Quartal für uns zunächst einmal sehr, sehr gut aus. Wir sind richtig aufgestellt.
Kronsteiner: Ein paar Zahlen als Ergänzung: Pro Minute schlagen wir im Unternehmen drei Paletten um. Alle fünf Minuten haben wir eine Lkw-Sendung.
Beeindruckend! Bleiben wir kurz noch bei den neu gebauten Tiefkühl- und Pharmahallen. Die sind nicht gerade bekannt für einen niedrigen Stromverbrauch, und aktuell sind die Energiekosten sehr hoch. Wie gehen Sie damit um?
Buchinger: Wir als Donaulager Logistics waren in Österreich die Ersten, die auch im Lagerbereich so genannte Energiemonitore eingeführt und den Kunden kommuniziert haben. Wir mussten uns in irgendeiner Weise absichern und sind damit sehr transparent umgegangen.
Kronsteiner: Wir profitieren davon, dass wir in einen großen Infrastruktur-Konzern eingebunden sind, der auch mit Strom und Gas handelt. Wir haben daher eine gesicherte Basis und waren nicht damit konfrontiert, dass irgendwer die Preise von heute auf morgen verdrei- oder gar vervierfacht. Aber das ist in weiterer Folge auch ein Nachhaltigkeitsthema. Wir haben zum Beispiel sehr rasch das Thema Photovoltaik aufgegriffen. Sehr viele Hallen haben schon eine Photovoltaikanlage auf dem Dach. Außerdem haben wir auch schon sehr früh angefangen, auf LED umzustellen, auch in den alten Hallen sowie bei der Gleisbeleuchtung und auch im ganzen Containerterminal.
Buchinger: Apropos Nachhaltigkeit: In der bereits erwähnten neuen Halle haben wir schon sehr viele Aspekte in dieser Richtung mitbedacht. Wir haben zum Beispiel bei den Andocktoren überall Doppelschleusen und zusätzlich vierseitige Luftbalken installiert. Der Lkw ist also komplett umschlossen. Meines Wissens nach sind wir die Ersten, die das so im Einsatz haben.
Die erwähnte Halle ist Teil des Projekts Neuland. Können Sie ein Update zu diesem Mega-Projekt geben? Was ist fertig und in Betrieb und was steht noch aus?
Kronsteiner: Wir haben schon das Hafentor, die Absicherung der Dämme und den mobilen Hochwasserschutz errichtet. Dann haben wir vor, noch eine Gefahrguthalle zu bauen – da befinden wir uns allerdings erst in der Planungsphase. Davon abgesehen werden wir noch für den Bereich der Industrielogistik eine Halle benötigen. Einer der nächsten Schritte wird der Bau des Hafenturms sein, mit dem wir voraussichtlich noch heuer beginnen können.
Buchinger: Wir haben im Rahmen des Projekts Neuland auch ein neues Ingate errichtet, in dem Extra-Räume für Fahrer inklusive Übernachtungs- und Duschmöglichkeiten vorhanden sind. Wir haben auch eine Waschmaschine und einen Trockner für die Fahrer gekauft. Wir wollen Rahmenbedingungen schaffen, damit Lkw-Fahrer ordentliche Pausen durchführen oder sogar übernachten können.
Der Hafen Linz ist auch ein ganz wichtiger Knotenpunkt für Güter, die mit dem Binnenschiff befördert werden. Die Binnenschifffahrt hat aber harte Zeiten durchlebt. Sehen Sie Möglichkeiten, Transporte auf der Donau vermehrt anzukurbeln?
Kronsteiner: Prinzipiell habe ich Hoffnung für die Binnenschifffahrt. Im Moment ist es so, dass dieser Bereich rückläufig ist, vor allem im Tankhafenbereich. Vielleicht hat das mit dem Krieg zu tun, weil Tankschiffe meistens aus dem Osten kommen. Aber es gibt auch immer wieder das Problem hinsichtlich der Befahrbarkeit. Wenn die erforderliche Abladetiefe nicht gewährleisten werden kann, wird es Probleme geben. Die viadonau ist hier wirklich sehr bemüht. Und wenn es in allen Donau-Anrainerstaaten eine vergleichbar aktive und engagierte Organisation gäbe, dann hätten wir sicher weit weniger Probleme auf der Donau.
Vielen Dank für das Gespräch!