Das Lieferantenmanagement im Griff zu haben, war in der Vergangenheit einer der Eckpfeiler des strategischen Einkaufs. Die Entwicklungen der vergangenen Jahre, hervorgerufen durch die Corona-Pandemie und die Auswirkungen des Ukraine-Kriegs, haben das Thema jedoch noch mehr in den Fokus gerückt.
Innerhalb kurzer Zeit waren funktionierende Lieferketten unterbrochen und der Ruf nach zusätzlichen Lieferanten wurde lauter. „War die Ausrichtung in der Vergangenheit von Lieferantenreduktion und Single Sourcing geprägt, sind viele Unternehmen durch die aktuellen Geschehnisse wieder dazu übergegangen, sich breiter aufzustellen und neue Lieferanten einzubeziehen“, erklärt der Wiener Unternehmensberater Alexander Petko gegenüber Verkehr.
Spreu vom Weizen trennen
Wichtig ist laut seinen Erfahrungen, die er in mehr als 30 Jahren in diversen Funktionen im Einkauf gesammelt hat, dass man einen guten Mittelweg findet. „Nicht zu viele Zulieferer im Portfolio haben, aber auch nicht in Abhängigkeiten geraten und alternative Lieferanten an der Hand haben, deren Qualität und Service bereits durch regelmäßige Lieferungen unter Beweis gestellt wurden“, rät Petko.
Waren es in der Vergangenheit die strategisch wichtigen Zukaufteile und Rohstoffe, sind nun auch die banalen Standardteile von Lieferschwierigkeiten betroffen. Somit ist die Anzahl der Lieferanten, die als strategisch wichtig zu bezeichnen sind und dadurch genauer beleuchtet werden müssen, wesentlich mehr geworden. Lieferanten über den gesamten Lebenszyklus zu monitoren, auf aktuelle Veränderungen zeitnah zu reagieren und den Plan B in der Schublade zu haben, ist heutzutage essenziell. Petko: „Idealerweise wird das sogenannte Lifecycle Management durch ein effizientes Software-Tool unterstützt.“ So findet die Qualifizierung eines neuen Lieferanten, das sogenannte Onboarding, idealerweise so statt, dass der Lieferant vor der ersten Verhandlung bereits alle relevanten Daten, Information und sämtliche Zertifikate, die von ihm benötigt werden, digital übermittelt und sich so der Spreu vom Weizen trennt, bevor Zeit für Gespräche investiert wird.
Besser einschätzen
Ein weiteres wichtiges Instrument ist die Lieferantenqualifizierung, die im Zuge des Onboarding passiert und in regelmäßigen Abständen wiederholt werden muss. Gemeinsam mit der Lieferantenbewertung zeigen die beiden Instrumente ein gutes Bild des Lieferanten. Insbesondere in Zeiten von Lieferkettengesetzen und Environmental Social Governance besteht ohnehin eine gewisse Verpflichtung dazu.
Man sollte jedoch den Aufwand nicht als Bürokratie empfinden, sondern die Vorteile darin sehen, seine Lieferanten genauer kennenzulernen. Petko: „Dadurch ergibt sich eine ganzheitliche Betrachtung der Lieferanten und man kann besser einschätzen, mit wem man sich an einen Tisch setzt, bevor man in Gespräche und Verhandlungen geht.“
Der Mix machts
Ein weiterer Aspekt in der Lieferantenauswahl ist die Regionalität. Längere Transportwege wirken sich negativ auf die CO2-Bilanz aus und können leichter zu Lieferverzögerungen führen. Auch in diesem Bereich sollte auf einen guten Mix zwischen regionalen und weiter entfernten Produzenten geachtet werden. Positiv nimmt Petko in vielen Unternehmen wahr, dass man sich dort bewusst wurde, dass Lieferanten wichtige Partner in der Wertschöpfungskette sind und als solche behandelt werden sollten. Letztlich stärkt dies auch den Stellenwert des Einkaufs im Unternehmen.