Wer auf dem deutschen Bahnnetz Wagen mit nicht „flüsternden“ Bremsen unterwegs ist, muss beim Transport auf einen Aufpreis bezahlen, hat die Deutsche Bahn schon bekanntgegeben. Das deutsche Verkehrsministerium fördert seit Ende 2012 die Umrüstung lauter Güterwagen mit der Flüstertechnik. Bis 2020 soll diese abgeschlossen sein.
Den Auftrakt für die große Umrüstaktion bildete die symbolische Umrüstung eines ersten Güterwagens von DB Schenker Rail auf die neu zugelassene sogenannte LL-Bremssohle. Die LL-Sohle (Abkürzung für „low noise, low friction“ – wenig Lärm, niedriger Abrieb) sorgt für glatte Laufflächen der Räder, wodurch das Vorbeifahrgeräusch von Güterzügen um rund zehn Dezibel gemindert wird, was als Halbierung des Lärms empfunden wird. Deutschland will den Schienenlärm bis 2020 halbieren.
„Wir hoffen, dass sich auch die anderen deutschen und europäischen Wagenhalter und Bahnen anschließen, um zu einer wirksamen Reduzierung des Schienenverkehrslärms zu kommen“, so Rüdiger Grube, Vorstandvorsitzender der Deutschen Bahn. Für den deutschen Verkehrsminister Peter Ramsauer gibt es keine Entschuldigung mehr für Wagenhalter, ihre Flotte nicht zügig mit diesen Flüsterbremsen auszustatten.
„Aufbauend auf den Messergebnissen des Testzuges „EuropeTrain“, der unter Beteiligung verschiedener europäischer Eisenbahnen und Wagenhalter rund zwei Jahre über 200.000 Kilometer quer durch Europa fuhr, haben die UIC-Gremien die notwendigen Zertifizierungen erteilt. „Ab sofort können Unternehmen die Grauguss-Bremssohlen im Rahmen von Instandhaltungsarbeiten ohne gesonderte Genehmigung gegen LL-Sohlen austauschen“, betont UIC-Generaldirektor Jean-Pierre Loubinoux. Eine weitere Zulassung durch nationale Behörden wie das Eisenbahn-Bundesamt sei nicht mehr nötig.
Laute Züge zahlen
DB Schenker Rail, die Güterbahn der DB, wird bis Ende 2014 5.000 Wagen auf LL-Sohle umrüsten. Die DB Netz AG hat Anfang Juni dieses Jahres ein lärmabhängiges Trassenpreissystem eingeführt, das für laute Züge einen Zuschlag und für leise einen Bonus vorsieht. Damit wird ein ergänzender finanzieller Anreiz für den Einsatz leiser Güterwagen geschaffen. Nach Meinung von Experten treten hörbare Erfolge erst ein, wenn mindestens 80 Prozent aller Güterwagen eines Zuges mit Verbundstoffbremsklotzsohlen unterwegs sind.
Für den Schienengüterverkehr in Deutschland heißt das: Rund 180.000 Wagen müssen umgerüstet werden, etwa 60.000 davon bei DB Schenker Rail. Auf dem deutschen Eisenbahnnetz fahren weitere rund 60.000 Güterwagen privater deutscher Wagenhalter und etwa 60.000 Wagen ausländischer Bahnen und ausländischer privater Wagenhalter mit nennenswerter Laufleistung.
Auch ÖBB rüsten um
Die ÖBB gehören zu jenen Bahnen, die ihre Güterwagen mit den neuen Bremsen ausstatten werden. Nur im Gleichklang mit allen europäischen Bahnen werde man die Lärmemissionen im Güterverkehr reduzieren können, verlautet aus der ÖBB-Konzernzentrale. Alle neue Wagen werden bei den ÖBB bereits mit modernen, leiseren Bremsen ausgeliefert.
Den gesamten Wagenpark bei allen Bahnen auf das neue System umzurüsten, wäre zu kostspielig und betriebswirtschaftlich nicht vertretbar. Daher konzentriere man sich auf die Zukunft und werde mit der LL-Sohlen-Technologie einen europäischen Standard schaffen, so Loubinoux, Präsident des Internationalen Eisenbahnverbandes UIC. Während der Testläufe des EuropeTrain in Österreich wurden schalltechnische und lauftechnische Eigenschaften der vorbeifahrenden Waggons gemessen.