Der Dachser-Stand auf der transport logistic ist sehr imposant. Welche Botschaften wollen Sie den Besuchern der Messe vermitteln?
Es gibt vier Botschaften, die wir den Menschen mit auf den Weg geben möchten. Erstens: Wir haben drei Jahre hinter uns, die – auch geopolitisch bedingt – sehr herausfordernd waren und die viel Instabilität und Disruptionen der Lieferketten mit sich gebracht haben. Wir haben deshalb als Messe-Motto „we ensure the flow of your goods“ gewählt. Damit wollen wir zeigen, dass man sich auch in Krisenzeiten auf uns als Partner verlassen kann.
Die zweite Botschaft betrifft die Digitalisierung, die wir uns schon seit längerem auf die Fahnen geschrieben haben. Ein gutes Beispiel dafür ist das vor einigen Jahren gestartete Forschungsprojekt @ILO, das wir gemeinsam mit dem Fraunhofer Institut entwickelt haben. ILO steht für „Advanced Indoor Localization and Operations“. Im sogenannten „@ILO-Terminal“ wird vollautomatisch und in Echtzeit ein digitales Abbild aller Packstücke, Assets und Abläufe eines Umschlaglagers erstellt, ein „digitaler Zwilling“ also. Das bereits seit einigen Monaten in der Praxis umgesetzte Projekt haben wir auch auf der Messe präsentiert und zeigt deutlich, wie ernst wir die Digitalisierung nehmen. Wir denken diesbezüglich in drei Ebenen. Natürlich geht es in erster Linie um unsere Kunden, also im Besonderen um die Reduzierung von Schnittstellen, die bestmögliche Automatisierung des Informationsaustausches und die Schaffung von Transparenz. In zweiter Linie geht es uns darum, sämtliche Prozesse in der Produktion zu digitalisieren, um Routineprozesse – wie das Scannen von Sendungen – zu vermeiden oder vom Papier wegzukommen. Das schafft mehr Effizienz und hilft uns auch, den Fachkräftemangel zu bekämpfen.
Damit schneide ich auch schon unsere dritte Message an: Wie bleibe ich auch morgen noch ein attraktiver Arbeitgeber? Letzten Endes wird die Logistik von Menschen für Menschen gemacht und wir sehen unsere Mitarbeiter deshalb als wichtigstes Asset an. Wir haben uns bewusst dafür entschieden, nicht nur Kunden-, sondern auch Mitarbeiter-orientiert zu handeln – auch bei der Entwicklung von neuen (IT-)Systemen.
Und das Thema der vierten Botschaft ist natürlich der Klimaschutz. Das ist für uns eines der wichtigsten Anliegen in den kommenden Jahren und Jahrzehnten. Wir sind schon seit sehr langer Zeit aktiv auf diesem Gebiet und intensivieren laufend unseren Einsatz, auch indem wir Elektro- oder mit Wasserstoff angetriebene Fahrzeuge in unsere Flotte aufnehmen. Wir haben erst vor kurzem zwei Wasserstoff-Lkw erhalten. Aber man muss fair und ehrlich sein und eingestehen, dass wir – wie alle anderen auch – noch einen weiten Weg vor uns haben. Wir werden sicher noch 15 bis 20 Jahre brauchen, bis wir dekarbonisiert unterwegs sein können.
Sie haben den Fachkräftemangel angesprochen. Wie gehen Sie die Personalsuche an?
Das ist von Region zu Region unterschiedlich. In Asien findet man zum Beispiel noch gutes Personal, während es in den USA inzwischen sehr schwierig geworden ist. Wir haben aber überall die gleiche Strategie: den Mitarbeiter stärker in den Fokus zu setzen. Das macht uns auch zu einem attraktiven Arbeitgeber. Wenn wir unsere Systeme entwickeln, dann haben wir stets unsere Mitarbeiter im Kopf und wollen etwas schaffen, das leicht zu erlernen und benutzen ist. Thematisch spielt aber auch die Flexibilisierung der Arbeit eine große Rolle.
Dachser hat sich unlängst in Neuseeland eingekauft und ein Joint Venture in Japan bekannt gegeben. Welche Strategie verfolgen Sie in puncto Internationalisierung?
Wir sind die Nummer 1 im Bereich Groupage in Europa, was die Abdeckung und Qualität angeht – das ist durchaus unser USP. Wir haben über die Jahre ein sehr gutes Luft- und Seefrachtnetzwerk aufgebaut, und im nächsten Schritt geht es darum, dieses in unser Road-Netzwerk einzubinden und miteinander stärker zu verzahnen. Wir wollen so unseren USP in Europa auch weltweit ausdehnen, um dadurch der globale Groupage-Anbieter zu werden. Was brauchen wir dafür? Ein Setup in den relevanten Märkten der Welt. In Asien und den USA sind wir schon stark, aber die in der Frage erwähnten Regionen fehlten uns noch. Wir werden aber, global betrachtet, weiterhin anorganisch wachsen, um die Leistungsfähigkeit des Luft- und Seefrachtnetzwerks kontinuierlich zu stärken. Und das ist immer einfacher, wenn man etwas Eigenes hat und nicht auf Partner zurückgreifen muss.
Um hier auch eine andere Region einmal anzusprechen: Wir sind ebenfalls in Marokko sehr aktiv, denn dieser Markt wächst gerade enorm. Da werden wir viel in einen organischen Wachstum investieren.
Auch in Österreich, wo Dachser nächstes Jahr das 20-Jahre-Jubiläum begeht, engagieren Sie sich sehr. Welche Bedeutung hat Österreich für Sie?
Österreich hat für uns immer einen sehr hohen Stellenwert gehabt, weil das Land ein wichtiger Knotenpunkt ist. Wir gehen in Österreich von einem weiteren organischen Wachstum in den nächsten Jahren aus.
Wenn wir schon in der Region sind: Wir sind in Osteuropa zwar noch nicht die größten Player in den nationalen Märkten, aber wir haben es geschafft, unsere Idee eines transnationalen Verkehrs in diese Ländern zu bringen – unsere Wachstumsraten in Polen, Tschechien, aber auch Ungarn, der Slowakei und Rumänien sehen sehr gut aus.
Spüren Sie den Trend des Nearshorings?
Definitiv. Unseren Großkunden bieten wir die Möglichkeit an, ihre Supply Chain komplett zu durchleuchten. Wir nehmen die Rohdaten und legen sie über die Leistungsfähigkeit unseres Netzes. In den letzten Monaten haben wir 40 solcher Projekte für unsere Großkunden durchgeführt. Das zeigt schon, dass sich die Unternehmen damit beschäftigen, ihre Supply Chain und ihre Produktion resilienter zu machen. Osteuropa und Nordeuropa sind Regionen, denen in diesem Zusammenhang ein größere Rolle zukommt.
Wohin geht die Reise für Dachser? Wie wollen Sie sich weiterentwickeln?
Wir haben eine klare Vision, wie wir 2030 aussehen wollen, und haben sechs Strategien erarbeitet, um dieses Ziel zu erreichen. Erstens: Im Bereich Road sind wir schon in der „Champions League“, und das gilt es, auch in Zukunft mit gezielten Optimierungen zu halten. Als zweite Zukunftsvorgabe wollen wir die Luft- und Seefracht so aufstellen, dass sie enger mit Road zusammenarbeitet, um die bereits erwähnte und angestrebte globale Groupage anbieten zu können. Die letzten vier Strategien betreffen die Verzahnung, das Personal, die Digitalisierung und den Klimaschutz.