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„Eine 32-Stunden-Woche kann keine Lösung sein“

Foto: Verkehr / Christian Mikes
„Wir müssen wieder ein Klima schaffen, in dem Arbeit keine Schande ist“, fordert Karl Böntner, Geschäftsführer der Saexinger GmbH - hier im Bild mit seiner Tochter Sophie Böntner bei der Logistik-Wahl 2024.
Foto: Verkehr / Christian Mikes

Als klassischer Mittelstandsunternehmer hat Karl Böntner, Geschäftsführer der Saexinger GmbH, so seine Probleme mit den Auswirkungen politischer Entscheidungen auf sein Business. Verkehr sprach mit ihm zum Jahresabschluss über seine aktuellen Herausforderungen und zukünftige Erwartungen.

von: Anja Kossik

Wie hat sich Ihr Unternehmen im letzten Jahr entwickelt?
Das letzte Wirtschaftsjahr war für uns prinzipiell kein schlechtes, obwohl es natürlich mit den beiden Jahren davor nicht vergleichbar war. Diese enormen Wachstumssprünge, die zuvor durch diverseste Umstände wie beispielsweise Corona oder die Störungen in den Supply Chains möglich waren, hat es nicht mehr gegeben. Da die Ware jetzt wieder verfügbar ist, wird auch nicht mehr so viel eingebunkert. Wir haben damit wieder besser planbare Warenflüsse und auch die Lagervolumina haben wieder ein normales Maß. Das macht es auch für das Personal wieder leichter, denn was wir in den Jahren davor teilweise bewältigen mussten, war schon fast abartig. Mit den aktuellen wirtschaftlichen und politischen Rahmenbedingungen müssen wir einfach möglichst gut zurechtkommen.

Wie sehen Sie die aktuelle wirtschaftliche Entwicklung?
Ich stimme diesbezüglich mit den Wirtschaftsforschungsinstituten überein, dass es uns allen guttun würde, wenn die Regierungsbildung zügig voranschreitet. Aber darauf hat kein Unternehmer irgendeinen Einfluss. Wir sehen aber alle, dass wir mit den Nachwirkungen der damaligen politischen Entscheidung zu den Coronahilfen unter dem Motto „Koste es, was es wolle“ noch eine Weile beschäftigt sein werden. Denn wir werden sicherlich ein Mehrfaches wieder zurückzahlen müssen. Ich sehe da ein massives Sparpaket auf uns zukommen, denn es führt kein Weg daran vorbei – egal welche Regierung wir letztendlich bekommen werden. Das fängt mit Plänen zu einer Erhöhung der KöSt an und setzt sich mit dem Entwurf für die Mauttarifverordnung fort, der eine Anhebung der Lkw-Maut um 12,5 Prozent vorsieht. Dabei haben wir jetzt schon die höchste Lkw-Maut innerhalb der europäischen Union. Das stellt für die österreichische Logistikbranche in einer ohnehin schon belasteten wirtschaftlichen Lage noch ein zusätzliches Risiko dar.
Das kommende Sparpaket wird sich meiner Meinung nach auf unsere Wirtschaft auch nicht gerade positiv auswirken. Wie dramatisch die Situation jetzt schon ist, das können wir derzeit beinahe täglich an den vielen Konkursen oder dem Personalabbau von vielen namhaften Unternehmen sehen.

Was würden Sie als Unternehmer von der Wirtschaftspolitik brauchen?
Eine 32-Stunden-Woche kann keine Lösung sein. Wir brauchen einerseits die Möglichkeit, sinnstiftende Rahmenbedingungen zu schaffen, unter denen Menschen wieder gerne zur Arbeit gehen – das ist die Aufgabe der Unternehmen. Wir müssen aber auch wieder ein Klima schaffen, in dem Arbeit und Leistungsbereitschaft keine „Schande“ sind, sowohl politisch als auch medial. Nicht alles, was uns fordert, muss gleich zu einem Burnout führen. Wenn wir nicht wieder mehr Einsatz zeigen, dann werden wir im internationalen Vergleich in Zukunft nämlich untergehen. Für unsere Branche bedeutet das, dass es immer schwerer wird, Mitarbeiter zu finden. Und das obwohl in den letzten Jahren sowohl kollektivvertraglich als auch in Bezug auf Ausgleichszahlungen in der Logistik viel Geld in die Hand genommen wurde. Wir wissen als Unternehmer schon gar nicht mehr, wo wir noch für unsere Branche werben sollen, um bei Menschen mehr Interesse und Engagement zu erzeugen.

Sehen Sie da aktuell keine ­Verbesserung?
Nein, und daran wird sich in nächster Zeit vermutlich auch nicht viel ändern. Da stellt sich dann die Frage, wer in Zukunft die Ware überhaupt zustellen wird, denn es fehlen uns ja europaweit hunderttausende Lkw-Fahrer. Reine Spediteure haben es momentan besser. In deren Bereich wird gerade Personal frei, weil die Firmen reduzieren müssen. Disponenten oder Mitarbeiter im Backoffice haben wir schon gute – bei uns fehlt es im gewerblichen Bereich, also bei den Fahrern und Lagerarbeitern.

Wie sieht es eigentlich mit ­Ihren Plänen für die Stand­orterweiterung aus?
Mein ursprünglicher Plan war, im nächsten Jahr wieder massiv zu investieren – das wird aber nicht stattfinden. Wir werden natürlich Ersatzinvestitionen tätigen, also beispielsweise drei neue Fahrzeuge kaufen. Wir besitzen ja seit 2021 ein zusätzliches Grundstück in Ennsdorf, und in den Jahren 2022 und 2023 war ich noch felsenfest davon überzeugt, dass wir bis spätestens 2026 an diesem Standort einen zweiten Terminal haben werden. Heute glaube ich allerdings nicht mehr daran, aber nicht, weil es das ­Geschäft nicht hergibt – das würde sich wahrscheinlich sogar ausgehen –, aber wir werden für den Betrieb des Terminals einfach keine Leute mehr bekommen. Wir haben uns da, auch mit unserer wirtschaftlichen Abhängigkeit von Deutschland, in eine wirklich schwierige Gesamtsituation hineingebracht. Denn aus dem „Wirtschafts­motor“ Deutschland ist in den letzten drei Jahren ein „Stillstandsmotor“ geworden. Wie uns aber die Wirtschaftskrisen der letzten Jahrzehnte gezeigt haben, sieht man in der Volkswirtschaft immer ein solches Auf und Ab. Es kann halt nicht immer nur bergauf gehen.

Apropos Motor: Was erwarten Sie sich von der Elektromobilität im Nutzfahrzeugbereich?
Ich glaube, dass die Automobilindustrie viel schneller zu ­alternativen Lösungen gekommen wäre, wenn die Politik und die Medien nicht so einseitigen Druck ausgeübt hätten. Die Nutzfahrzeugindustrie weiß bis heute nicht genau, in welche Richtung sie die Antriebstechnologie nun eigentlich weiterent­wickeln soll. Da wird parallel Geld reingesteckt in die Entwicklung von Wasserstofftechnologien, von batterieelektrischen Antrieben, aber auch von Euro-7-Verbrennermotoren. Es gibt mittlerweile Hybridmotoren mit einem Verbrauch von nur noch zwei Litern auf 100 Kilometern. Aber anstatt, dass man in diese Richtung wei­terforscht, wird jetzt eine Lade­infrastruktur aus dem Boden gestampft, die noch dazu – wenn man nicht gerade in Österreich oder Deutschland unterwegs ist – innerhalb von Europa ex­trem schlecht verteilt ist. Hier sind wir noch meilenweit davon entfernt, überall eine brauchbare Infrastruktur zu haben. Wie das gehen soll, dass man ab 2030 hauptsächlich elektrisch fährt, ist mir momentan noch ein Rätsel. Ich stehe aber voll dahinter, dass in diesem Bereich etwas getan werden muss. Ich bin auch nicht dafür zu haben, dass ich als Transporteur weiterhin Dieselabgase in die Luft blase. Wir fahren daher mit unserer Flotte seit einem Jahr mit HVO-Diesel. Denn wir können gar nicht elektrisch fahren, weil sich Gefahrgut und Elektromobilität wechselseitig ausschließen. Aus diesem Grund ist dann auch nicht einzusehen, warum man, wenn man im Rahmen der eigenen Gegebenheiten aktiv etwas für den Umweltschutz tut, trotzdem die gleiche Maut bezahlt wie für Lkw mit konventionellem Dieseltreibstoff.

Was ist Ihr Ausblick auf 2025?
Wir – also die Saexinger Gruppe – gehen mit einem positiven ­Gefühl in das nächste Jahr. 2025 wird sicher kein leichtes Jahr werden. Aber die Kunden suchen in einer Zeit der Pleiten von Billiganbietern und der Fusionen von Großunternehmen immer mehr nach zuverlässigen und „stabilen“ Partnern. Natürlich müssen wir unsere Hausaufgaben machen und können zum Beispiel in unserer Organisation oder bei der Mitarbeiterfort­bildung noch etwas verbessern. Aber wir haben in den letzten Jahren gut verdient und so auch für etwas rauere Zeiten gut vorgesorgt.


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