Über 50 Jahre Montan Spedition: Welche besonders prägenden Meilensteine würden Sie herausgreifen?
In den 1970er-Jahren, als Bahntransport, Klimaschutz oder CO2-Reduzierung noch keine relevanten Themen waren, auf Multimodalität zu setzen, war eine absolute Pionierleistung der Montan Spedition bzw. meiner Mutter Ingrid Glauninger – das ist sicher der herausragendste Milestone. Sie hat damals großen Mut und visionären Weitblick bewiesen, hier den Markteintritt zu wagen, konsequent die Verlagerung von der Straße auf die Schiene voranzutreiben und Investitionen nur mehr in Richtung Kombinierter Verkehr zu tätigen. Bei uns als Rohstofflogistiker geht es durchwegs um bahnaffine Produkte, die keine Terminwaren sind, daher ein bisschen längere Laufzeiten vertragen – perfekt für den Schienentransport. Diese Erfolgsgeschichte haben wir natürlich auch der heimischen Industrie zu verdanken, welche die neue Dienstleistung gut angenommen und unterstützt hat. In weiterer Folge haben wir erfolgreich unsere eigenen Transportgebinde entwickelt – die Montan Container –, um den Umschlag ideal schaffen zu können. Wir sind stolz, jetzt nach 50 Jahren als absoluter One-Stop-Shop dazustehen. Bei uns bekommt der Kunde alles aus einer Hand: Wir machen die First und Last Mile, wir verzollen, können umschlagen und betreiben seit 2007 einen eigenen modernen Terminal, der prosperiert und inzwischen fast doppelt so groß geworden ist. Wir haben uns zudem sehr früh der Lagerung von losen Schüttgütern verschrieben.
Wenn ein Unternehmen seit 50 Jahren so erfolgreich am Markt ist, kann man diesem durchaus das Gütesiegel „Marke“ zusprechen – was würden Sie sagen, wofür steht die „Marke“ Montan Spedition?
Klassisch für Multimodalität, für extreme Bahnaffinität – so werden wir meines Erachtens am Markt wahrgenommen, weil wir eben auch in diesem Segment über extrem viel Know-how verfügen. Und dass wir hier als One-Stop-Shop-Anbieter auftreten, trägt ebenfalls zu unserem Markenimage bei. Aber unser Fokus liegt nach wie vor auf der Montan- bzw. Schwerindustrie, die ja generell sehr bahnaffin ist. Und diese montanistische Ausrichtung ist natürlich in erster Linie unser leuchtendes Markenzeichen – wir tragen es schließlich auch in unserem Namen.
Die Montan Spedition hat sich dem Thema Klimaschutz schon sehr frühzeitig verschrieben, allein schon durch die zuvor erwähnte Konzentration auf den Kombinierten Verkehr sowie die große Bahnaffinität. Wie schaut es hinsichtlich des anderen großen Buzzwords unserer Zeit aus, der Digitalisierung – wie digital ist die Montan Spedition schon jetzt?
Als Dienstleister ist das Thema Digitalisierung generell sehr interessant, aber vor allem hinsichtlich unserer Prozesse auch ein sehr wichtiger Faktor, weil es eigentlich gar nicht mehr ohne digitale Lösungen geht. Daher haben wir bereits im Sommer 2023 eine große Digitalisierungskampagne gestartet und gemeinsam mit der Firma Evolit den Montanterminal in Kapfenberg mit einer Terminal-Operating-Software namens SmartTOS ausgestattet, über die Prozesse verwaltet und optimiert werden können. Wir sind hier der erste Anwender dieser Software, sozusagen das Pilotprojekt und gleichzeitig Vorreiter, denn SmartTOS ist eine Operating Software speziell für kleine und mittelgroße Terminals, für die Systemlösungen wie SAP einfach zu groß sind. Mit der Software sind wir nun seit letztem Oktober im Vollbetrieb und sehen bereits jetzt schon recht gute Erfolge. Diese Softwareeinführung hat uns aber sehr intensiv beschäftigt und tut es bis zum heutigen Tag, da man in sehr engem Austausch steht und eigentlich permanent versucht, Prozesse noch mehr zu digitalisieren (oder zumindest digital zu verwalten) bzw. zu automatisieren.
Was die generellen digitalen Prozesse betrifft, ist es aber eher so, dass da unsere Kunden die Treiber sind. Wir servicieren fast durchwegs große Kunden und diese wünschen, dass wir als Dienstleister in ihren Systemen operieren. Das bedeutet, dass wir weniger Eigensysteme entwickeln müssen und den bereits existierenden Industriestandard, also Inhouse-Lösungen, nutzen – das ist in unserem Fall überwiegend SAP. Daneben sind die Kunden zunehmend daran interessiert, ihre eigenen Mitarbeiter freizuspielen und uns als Dienstleister mehr Aufgaben zu übertragen, wodurch wir immer tiefer in das SAP und die Prozesse unserer Kunden vordringen. Dadurch erhöht sich für uns natürlich der Aufwand, den übrigens nicht jeder Marktbegleiter bereit ist, auf sich zu nehmen. Wir aber denken hier sehr serviceorientiert. Außerdem hat es für uns ebenfalls einen Mehrwert, denn das Know-how unserer Mitarbeiter wird damit automatisch auch immer größer. Und einen weiteren Gedanken darf man hierbei nicht außer Acht lassen: Je enger wir in das System unserer Kunden eingebunden sind, desto schwieriger wird es, uns einmal zu ersetzen. Deswegen nehmen wir diese Integration eigentlich mehr oder minder dankend an.
Ein weiterer wichtiger Faktor für den Erfolg eines Unternehmens sind die Mitarbeiter – spürt die Montan Spedition den Fachkräftemangel? Welche Initiativen setzen Sie in Richtung Employer Branding, um sich als attraktiver Arbeitgeber am Markt zu positionieren?
Der Fachkräftemangel ist für uns eigentlich kein Thema, weil wir einerseits sehr stark auf die Lehrlingsausbildung setzen und unsere Fachkräfte von der Pike auf selbst aufbauen – das kostet natürlich Zeit, zahlt sich aber am Ende aus. Andererseits hat sich die wirtschaftliche Situation in unserer Region aktuell komplett verschoben und es droht die Freistellung beispielsweise vieler Leiharbeiter. Einen Facharbeitermangel wird es also in den nächsten Monaten wahrscheinlich nicht geben.
In puncto Employer Branding denken und agieren wir sehr regional, denn wir sind zwar eine wirtschaftlich noch sehr starke Region, die aber eingezwickt ist zwischen zwei riesengroßen Magneten, nämlich Graz und Wien. Beide sind gut und schnell erreichbar und haben enorme Anziehungskraft. Daher müssen wir besonders schauen, dass die Fachkräfte nicht abwandern, sondern bei uns bleiben. Erschwerend kommt hinzu, dass wir als mittelständisches Unternehmen in unseren größten Kunden (der Schwerindustrie) gleichzeitig auch die größten Konkurrenten haben, was die Arbeitskräfte betrifft: Wir fischen im gleichen Pool, allerdings mit unterschiedlichen Voraussetzungen, wenn man die Kollektivverträge der Metaller mit denen der Spediteure vergleicht. Daher ist es umso wichtiger, dass wir uns regional engagieren und zum Beispiel unsere Lehrausbildung in Schulen und an Universitäten bewerben. Das machen wir unter anderem über unsere langjährige Mitgliedschaft in der „Erlebniswelt Wirtschaft“, einer Initiative vom Wirtschaftsressort des Landes Steiermark; ein Teil dieses Projekts ist die gläserne Fabrik, bei dem Unternehmen ihre Türen für Interessierte öffnen, um ihre Prozesse und Leistungen vorzustellen. In diesem Rahmen können beispielsweise Schulen, Universitäten oder Fachhochschulen strukturierte Führungen durch das Montan Terminal buchen und einen ersten Einblick in unsere Branche bekommen, und wir können wiederum auf diesem Weg erste Kontakte knüpfen oder ganz gezielt potenzielle künftige Mitarbeiter ansprechen. Daneben engagieren wir uns aber auch im Sportsponsoring und sind gerade im Jugendbereich in diversen Vereinen in Kapfenberg und Umgebung aktiv. Wir setzen also ganz stark auf die Jugend und die zukünftigen Nachwuchskräfte.
Wie beurteilen Sie die aktuelle wirtschaftliche Lage?
Die wirtschaftliche Situation hat sich gerade in den letzten Wochen negativ entwickelt. Auch wenn wir ca. schon vor einem Jahr gesehen haben, welche Richtung einige Indikatoren einschlagen, haben wir die Wucht, mit der sich die ersten großen Auswirkungen auf die Realwirtschaft nun zeigen und verfestigen, nicht erwartet. Ein Faktor ist, dass der sehr stark Konsum-getriebene Nach-Corona-Boom sein Ende gefunden hat. Dies und vor allem auch den „giftigen Cocktail-Mix“ aus hohen Energiekosten, Inflation, Zinsentwicklung, hohen Lohnstückkosten, Überhitzung der Immobilienbranche und das Einbrechen der Neubauten, die eigentlich immer nur Randerscheinungen waren, spüren wir sehr stark. Als Rohstofflogistiker, der hauptsächlich in der Grundstoff-/Schwerindustrie (Stahl) zu Hause ist, sind wir ganz nah am Puls und erkennen Tendenzen rasch. Das ist auch lebensnotwendig, denn uns sind die Hände gebunden: Wir als Transportdienstleister können noch so schnell, gut oder günstig sein, wir können keine Nachfrage generieren, sprich: Wenn es das Grundgeschäft nicht gibt, dann stehen wir im wahrsten Sinne des Wortes und haben keinen Handlungsspielraum. Daher müssen wir sehr früh und vorausschauend auf Stimmungen re- bzw. agieren und diese richtig einschätzen, was nicht leicht ist. Ganz bewusst haben wir uns daher schon vor einiger Zeit mit dem Thema Recycling auseinandergesetzt. Die Wiederverwertung von Produkten ist ein Riesenthema, und gerade die Produkte, mit denen wir zu tun haben, sind hochgradig recycelbar. Wir haben uns in diesem Segment auf die Just-in-time-Lieferung und auch Lagerung fokussiert, was sehr gut läuft. Vor ca. fünf Jahren haben wir uns außerdem entschieden, ein bisschen wegzugehen vom Stahl- und auch den Nichteisenbereich (also Aluminium und Kupfer) miteinzubeziehen, was uns sehr gut gelungen ist.
Was erwarten Sie für 2025? Und wo soll die Montan Spedition in 50 Jahren stehen?
Leider rechnen wir damit, dass 2025 ein ganz schwieriges Jahr wird – in allen Belangen. Es sind allerdings sowohl ökonomisch – wie werden sich die Kapazitäten entwickeln? – und politisch so viele Fragen offen, in welche Richtung es gehen wird, dass es momentan nicht leicht ist, Voraussagen zu treffen.
Wenn ich in die langfristige Zukunft der Montan Spedition anschaue, dann wäre mein Wunsch – unter der Prämisse, dass in 50 Jahren die Schwerindustrie noch existiert –, dass sich 2073/74 auf der europäischen Landkarte kein weißer Fleck mehr finden lässt, wo der Montan Container nicht steht. Es wäre schon ein Ziel, dass es in jedem EU-Staat ein Montan-Container-Depot gibt und wir in jedem Land wirtschaftlich aktiv sein werden.