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Kombinierter Verkehr – zwischen Anspruch und Wirklichkeit

Foto: Michael Ihle
Kombinierter Verkehr im Fokus: (v.l.n.r.) Eduard Dubbers-Albrecht, Sigrid Evelyn Nikutta, Claudia Schilling, Sebastian Doderer und Friedrich Stuhrmann.
Foto: Michael Ihle

Die Branchengrößen waren sich auf der 6. Bahnkonferenz Schienengüterverkehr und Seehäfen in Bremen einig: Mit dem Krisenmodus als neuer Realität sowie dem Anspruch, die gesteckten Klimaziele erreichen zu wollen, bedarf es einem gezielten und schnellen Ausbau sowie einer weitreichenden Modernisierung der Schieneninfrastruktur in Deutschland.

Die Bahnkonferenz Schienengüterverkehr und Seehäfen findet seit 2017 jährlich auf Initiative des Arbeitskreises Schiene der Logistik-Initiative Hamburg statt. Organisiert wird die Bahnkonferenz von der Logistik-Initiative Hamburg, gemeinsam mit Hafen Hamburg Marketing e.V. und der Freien Hansestadt Bremen und findet im Wechsel in Bremen sowie Hamburg statt.

Mehr Modernisierung und Ausbau der Schieneninfrastruktur
Das diesjährige Thema der Bahnkonferenz „Kombinierter Verkehr - zwischen Anspruch und Wirklichkeit“ spiegelte sich deutlich in den Fachbeiträgen und Diskussionsrunden hochrangiger Vertreter aus Politik und Wirtschaft gemeinsam mit Logistik- und Verkehrsexperten wieder. Resilienz, Versorgungssicherheit, die Krise als neue Realität und die ambitionierten Klimaziele stellen einerseits große Herausforderungen für den Schienengüterverkehr dar, bieten jedoch auch großes Potential, wichtige Treiber einer Lösung zu sein. Mit der Wirklichkeit einer Energiekrise mit hohen Strompreisen und dem langwierigen und langsamen Ausbau der Schieneninfrastruktur konfrontiert, muten einige Lösungen jedoch auch nur schwer erreichbar an. Die Experten sind sich einig: Wir brauchen mehr Dynamik bei Instandhaltung, Modernisierung und Ausbau der Schieneninfrastruktur. Dafür benötige es schnellere Planungs- und Genehmigungsverfahren sowie mehr denn je den festen politischen Willen, den Schienengüterverkehr mit seinen Potenzialen für Versorgungssicherheit und Nachhaltigkeit zu stärken und Kapazitäten zu schaffen.

Ohne Verkehrsverlagerung auf die Schiene kein Klimaschutz
Claudia Schilling, Senatorin für Wissenschaft und Häfen der Freien Hansestadt Bremen, zur Bedeutung von Klimaschutz im Güterverkehr mahnte, man dürfe neben den aktuellen energiepolitischen Herausforderungen die Anstrengungen zum Klimaschutz nicht vernachlässigen. „Im Bereich der Güterverkehre hat die Verlagerung der Transporte von der Straße auf die Schiene großes Potenzial, einen wesentlichen Beitrag zur Zielerreichung zu leisten. Die Pandemie hat kurzzeitig Rückschritte gebracht, die nun leider zur Frage führen, ob ein Ausbau der Schienenwege angemessen und notwendig sei. Das ist fahrlässig und gefährlich, denn die klimapolitisch unausweichliche Verlagerung von Verkehren auf die Schiene ist nur dann möglich, wenn die Infrastruktur schnell und in erheblichem Umfang ausgebaut wird. Wir haben für 30-jährige Planungs- und Umsetzungszeiträume keine Zeit mehr, wenn wir die Klimaziele erreichen wollen.“, so Schilling in ihrer Begrüßungsrede.

Pragmatische Lösungen erforderlich
Michael Blach, Vorsitzender der EUROGATE-Gruppengeschäftsführung: „Die optimale Anbindung unserer Terminals an das deutsche und europäische Hinterland ist die Grundvoraussetzung für eine erfolgreiche Zukunft der Häfen. Dafür sind gut abgestimmte, schnelle und verlässliche Verbindungen und eine intakte Infrastruktur zwingend notwendig. Diese Infrastruktur muss stets bedarfsgerecht weiterentwickelt werden. Perfektionismus können wir uns dabei nicht leisten, sondern es braucht pragmatische Lösungen, kombiniert mit einem Infrastrukturdenken für morgen.“

Aufblühen des Schienengüterverkehrs
Sigrid Evelyn Nikutta, Vorstand Güterverkehr der Deutsche Bahn AG: „Schienengüterverkehr und Seehäfen gehören eng zusammen. Es ist so wichtig, dass die Transportketten stimmen. Das sehen wir gerade in diesen Zeiten. Und der Schienengüterverkehr stellt den wesentlichen Faktor in Deutschland und in Europa für die Resilienz der Lieferketten dar. Wir erleben eine Renaissance des Schienengüterverkehrs und wie immer mehr auf die Schiene verlagert wird. Das ist unser Job, das zu organisieren und umweltfreundlich für uns alle zu realisieren.“ 

Ausbau des Kombinierten Verkehrs, Digitalisierung und Kooperation erforderlich
Friedrich Stuhrmann, Chief Commercial Officer der Hamburg Port Authority AöR: „Der Hamburger Hafen ist führend im maritimen Kombinierten Verkehr in Europa. 13 Prozent aller Schienengüterverkehre in Deutschland starten oder enden im Hamburger Hafen. Der Kombinierte Verkehr und der maritime Seehafenverkehr ist in den letzten Jahren stark gewachsen und verfügt darüber hinaus über weiteres enormes Wachstumspotenzial. Damit ist der Kombinierte Verkehr ein Eckpfeiler für die Versorgungssicherheit der Menschen und Unternehmen im Land und für den Wohlstand in unserem Land unverzichtbar. Darüber hinaus ist der Ausbau des Kombinierten Verkehrs und des Schienengüterverkehrs für eine erfolgreiche Verlagerung von Güterverkehren auf die Schiene und zur nachhaltigen Verkehrswende und damit zur Dekarbonisierung der Logistikketten elementar. Um diesem Anspruch gerecht zu werden, bedarf es einem zügigen Ausbau der Schieneninfrastruktur.“ Für einen Modal-Split-Anteil von 25 Prozent des Schienengüterverkehrs bis 2030 müssen zudem Digitalisierungsprozesse vorangetrieben und wichtige Innovationen wie die Digitale Automatische Kupplung (DAK) und das Europäisches Signalsystem ETCS im Sektor umgesetzt werden. Auch die Kooperation zwischen den einzelnen Akteuren entlang der Logistikkette, auch länderübergreifend, wie die Harmonisierung von Rahmenbedingungen, die Koordination von Baustellenaktivitäten und Ausweichrouten sowie ein transparenter Austausch von Daten seien essentiell um mehr Effizienz im Schienengüterverkehr zu erreichen.
Alexander M. Till, Leiter der Hafen Hamburg Marketing e.V. Repräsentanz Wien und Vorstandsmitglied des Vereins CombiNet, der die Interessen des österreichischen Kombinierten Verkehrs vertritt, betonte: „Für ein Binnenland wie Österreich ist die Anbindung über leistungsfähige Bahnen an die internationalen Seehäfen von essenzieller Bedeutung.“

Großer Zuspruch und Redebedarf
Der Leiter des Arbeitskreises (AK) Schiene, Sebastian Doderer, hofft, mit dem umfangreichen Programm der Konferenz wichtige Impulse für die Entwicklung des Seehafen-Hinterlandverkehrs auf der Schiene gegeben zu haben. Dass die Konferenz dieses Jahr wieder in Präsenz stattfinden konnte, unterstützte den Austausch. „Dieser Zuspruch, den die Konferenz auch nach sechs Jahren erfährt, zeigt, dass es diesen Redebedarf gibt und dass es ganz wichtig ist, diese Themen in einem solchen Rahmen zu diskutieren und zu adressieren. Die Themen sind dringlicher als je zuvor“, schlossen die Geschäftsführenden der Logistik-Initiative Hamburg, Carmen Schmidt, und Axel Mattern, Vorstand bei Hafen Hamburg Marketing (HHM).


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