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Jungspediteur:innen-Wettbewerb 2023

Foto: Hödl
Ökologie und Künstliche Intelligenz dominierten beim heurigen Jungspediteur:innen-Wettbewerb (v.l.n.r.): Eva-Maria Petschnigg (2. Platz), Anja Kohler (1. Platz), Präsident ZV Alexander Friesz sowie Helene Holuber und Danilo Cecco (beide 3. Platz).
Foto: Hödl

Ökologische und/oder ökonomische Kunden- oder Branchenlösungen forderte der Zentralverband Spedition & Logistik bei der Ausschreibung des diesjährigen Jungspediteur:innen-Wettbewerbs – und die Erwartungen wurden nicht enttäuscht. Gewinnerin Anja Kohler (25, ehem. Gebrüder Weiss) setzte in ihrem Konzept auf die Nutzung der Abwärme von Rechenzentren in Logistikunternehmen. Platz 2 erzielte Eva-Maria Petschnigg (23, Österreichische Post AG, Wien) mit einem Vorschlag für den Einsatz von Robotern als Antwort auf den Arbeitskräftemangel in der KEP-Branche und Platz 3 belegten Helene Holubar und Danilo Cecco (18 bzw. 17, beide Gebrüder Weiss) mit einer Lösung für optimierte Stellplatzverteilung mithilfe Künstlicher Intelligenz. Die Sieger:innen wurden mit Preisgeldern in Höhe von 3.000, 2.000 und 1.000 Euro prämiert.

„Klimaschutz und Digitalisierung sind aktuell die wahrscheinlich wichtigsten Herausforderungen unserer Branche. Das spiegelt sich auch in den erstklassigen Arbeiten unserer jungen Mitarbeiter:innen wider. Auffallend und besonders erfreulich ist, dass auch heuer wieder Frauen diesen Wettbewerb dominieren – eine hoffentlich wegweisende Entwicklung für unsere Branche“, betont Zentralverband-Präsident Alexander Friesz. Schon 2021 haben Frauen alle Podiumsplätze im Wettbewerb besetzt.

Platz 1: Nutzung von Abwärme aus Rechenzentren
Elektronische Ressourcenplanung, Transportmanagement, Lagerverwaltung, Routenplanung – zahllose Logistikprozesse werden digital unterstützt, was komplexe und leistungsfähige Rechenzentren voraussetzt. Diese wiederum müssen permanent gekühlt werden, wobei die entstehende Abwärme noch selten genutzt wird. Das wollte die Jungspediteurin 2023, Anja Kohler, mit ihrem Siegerkonzept ändern. Ihre Idee: Weil die durchschnittlich 35 °C Abwärme-Temperatur eines luftgekühlten Rechenzentrums für ein herkömmliches Wärmeversorgungssystem nicht ausreichen, sollten Rechenzentren mit Wasser gekühlt und das erwärmte Wasser dann direkt in ein vorhandenes Heizungssystem eingespeist werden. In einem gut gedämmten Bürogebäude kann bereits mit einer Vorlauftemperatur der Fußbodenheizung von 30-35 °C ein optimales Raumklima erreicht werden. In einer Lagerhalle kann die notwendige Temperatur ohnehin problemlos erreicht werden. Und bei Neu- und Umbauten von Logistikunternehmen sollte eine Kombination aus Lager-/Bürogebäude und Rechenzentren geplant werden. Werden bestehende Anlagen bereits mit Luft gekühlt und ist eine Umrüstung auf Wasserkühlung nicht rentabel, bietet sich eine Kombination mit Wärmepumpen für den Wärmeaustausch zwischen dem Rechenzentrum und dem zu beheizenden Gebäude an.
Für Logistik-Unternehmen würde das neben ökologischen auch klare ökonomische Vorteile bringen: eine kostengünstige und konstant verfügbare Heizquelle, Unabhängigkeit von Preisschwankungen und Verfügbarkeiten sowie der zumindest teilweise Ersatz großer Heizungsanlagen sind nur einige davon.

Platz 2: Paket-Roboter gegen Arbeitskräftemangel in der KEP-Branche
Der zuletzt durch die COVID19-Pandemie verstärkte E-Commerce Boom hat in den letzten Jahren zu einem außerordentlichen Wachstum der Paket-Branche (KEP) geführt. Daraus folgten Engpässe im Personalbereich, längere Lieferzeiten oder auch Qualitätsverluste. Eva-Maria Petschnigg hat sich deshalb die Frage gestellt, wie Betriebe den Personalmangel durch die Automatisierung sich wiederholender Arbeitsschritte zumindest zum Teil ausgleichen können. Zu berücksichtigen war dabei, dass die Automatisierung zwar zunächst Investitionen und gut ausgebildete Fachkräfte erfordert, langfristig aber Personalbedarf und Kosten reduziert.
Ihre Antwort lautet „Robotic Parcel Induction“, also die robotische Paketvereinzelung und -auflage für Paketlogistikunternehmen. Der Induction Roboter übernimmt dabei vollständig eine manuelle Routine-Tätigkeit: Pakete und Beutel aus einem zugeführten Strom lose aufgeschütteter Sendungen herausgreifen und einzeln auf die Einschleusung der Sortieranlage legen. Mithilfe von 2D-, 3D- und KI-Algorithmen werden einzelne Sendungen erkannt und nach den Kriterien „maschinenfähig“, „nicht maschinenfähig“ und „unpickable“ kategorisiert. Die maschinenfähigen Pakete werden dann von einem mit Vakuum-Saugnäpfen ausgestatteten Roboterarm im richtigen Winkel auf die Einschleusung der Sortieranlage gelegt, alle anderen aussortiert. Das hilft nicht nur gegen den Mangel an Arbeitskräften, es bringt auch bestehenden Mitarbeiter:innen Vorteile: weniger körperliche Belastung, mehr Sicherheit am Arbeitsplatz, ein diversifiziertes Arbeitsprofil und weniger Leistungsdruck.

Platz 3: Stellplatzverteilung durch Künstliche Intelligenz
Welche Potenziale die Speditionswirtschaft mit KI nützen kann, zeigt die Idee für eine automatisierte Stellplatzverteilung im LKW oder Lager von Helene Holubar und Danilo Cecco. In ihrem Konzept erhält ein KI-System alle notwendigen Informationen über die Ware: Maße, Gewichte, Zustelldatum, Bestimmungsort und besondere Eigenschaften wie Zerbrechlichkeit oder Gefahrgutstatus. Die KI kann mit diesen Daten 3D-Bilder der Ware erzeugen und in die gegebenen Räumlichkeiten einplanen. Damit kann sowohl die Beladung eines Lkw geplant als auch die Stellplatzkapazität eines Lagers ideal genutzt werden.
Am Beispiel Stellplatzverteilung für Lkw läuft dies wie folgt ab: Disponenten erfassen Sendungen mit allen genannten Informationen, die KI erstellt ein 3D-Bild der Ware, teilt sie einer Route zu, erstellt eine Übersicht der eingeplanten Waren für maximale Kapazitäts-Nutzung, teilt die Stellplätze anhand von Maßen und späterer Entladereihenfolge ein und liefert das fertige 3D-Bild mit allen zugeteilten Plätzen, verknüpft mit den Labels der Ware. Wird ein Packstück eingescannt, erscheint das 3D-Bild.
Die Vorteile: Disponenten können andere Tätigkeiten erledigen, während die KI alles einplant, das Lager muss bei Fragen nur die Ware einscannen und die Informationen sind gut auslesbar. Auch ist bildlich erkennbar, wohin die Ware soll, Lkw und Lager werden optimal eingeplant, wodurch mehr Ware Platz findet. Zudem werden Verluste und Schadensfälle reduziert.

Hinweis
Die Einreichfrist für den Jungspediteur:innen-Wettbewerb 2024 beginnt im März 2024.
Alle Informationen zu bisherigen und künftigen Wettbewerben gibt es auf www.spediteure-logistik.at

 


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