Logistiker:innen sind gefragt und vor allem gesucht, und zwar nicht nur von Speditionsfirmen, sondern auch von Industriebetrieben, großen Handelsketten und letztendlich von der gesamten Wirtschaft.
„Ist der Job auch sicher?“ Na klar, Zukunftssorgen sind in der Logistik unbegründet! „Ich möchte aber etwas von der ganzen Welt sehen und überall arbeiten!“ Perfekt – denn Dein Logistik-Arbeitsort ist die ganze Welt.
Das alles kann die Logistikbranche nachweislich bieten. Trotzdem wird händeringend nach Nachwuchs gesucht. Wie also junge Menschen, die gerade vor der Berufsentscheidung stehen, für diese spannende, innovative, vielseitige und chancenreiche Branche gewinnen?
Live-Vortrag mit Expertenrunde auf der BeSt3
Rationale Argumente allein reichen offenbar nicht aus. Broschüren, Folder, Videos und Interessentests sind natürlich das eine – aber Einblicke in die Praxis von erfolgreichen Logistikern und persönliche Erfahrungen von Auszubildenden „live, in Ton und Farbe“ etwas ganz anderes.
Die Fachgruppe Spedition und Logistik der Wirtschaftskammer Wien hatte sich daher einen Timeslot für das Podium der Bühne 1 am ersten Tag der BeSt3 gesichert und einen informativen sowie interessanten Live-Vortrag mit fünf spannenden Teilnehmern aus der Transport- und Logistikbranche organisiert.
Unter der Moderation von Astrid Kuffner gaben Barbara Jarka (Berufsschuldirektorin an der BS Industrie, Finanzen und Transport in Niederösterreich), Johannes Braith (CEO Storebox Holding GmbH), Paul Glaser (CEO Cargomind (Austria) GmbH) sowie die beiden Auszubildenden Jelena Orsolic und Mahmood Tavakoli Einblicke in die Ausbildung und Praxis in der Spedition.
Was ist Logistik?
Der Vortragsreigen startete mit Cargomind-CEO Paul Glaser, der dem Publikum zunächst erläuterte, was die Speditionswirtschaft eigentlich wirklich macht: Was sind Lieferketten? Was bedeutet Versorgungssicherheit? Wie funktioniert die Paketlogistik und wie verlaufen internationale Warenströme? Wie schaut die Lkw-Zukunft aus? Er zeigte auf, wie enorm vielfältig das speditionelle Tätigkeitsfeld ist, dass es weit über die Paketzustellung hinaus geht und zum Beispiel auch Lagerung, Zoll, nachhaltige Transportabwicklung etc. umfasst.
Wie wird man Speditionskauffrau/-mann?
Die Moderatorin wandte sich dann dem Thema Ausbildung bzw. Lehre zu und richtete ihre Fragen an die Expertin in dieser Runde: Berufsschuldirektorin Barbara Jarka. Sie erklärte anschaulich, wie eine Ausbildung zur/m Speditionskauffrau/-mann verläuft, und kam in diesem Zusammenhang auch auf die Möglichkeit einer Doppellehre zu sprechen. Jarka berichtete auch, dass die Berufsschule ein wichtiger Faktor sei, wenn es darum ginge, eine moderne Berufsausbildung zu gewährleisten.
Aus der Lehrlingsperspektive
Den realen Einblick in die Lehrlings- und Ausbildungspraxis bekamen die Besucher anschließend von den zwei Lehrlingen auf der Bühne - Jelena Orsolic und Mahmood Tavakoli, die sich für eine Doppellehre entschieden haben, nämlich Speditionskauffrau/-mann und Speditionslogistiker/in. Den ersten Teil (die Ausbildung zur/m Speditionskauffrau/-mann) haben beide bereits erfolgreich abgeschlossen; sie befinden sich jetzt im letzten und damit 4. Lehrjahr (Speditionslogistik). Orsolic und Tavakoli erzählten, wie ihnen generell die Ausbildung gefällt und wie sie aus ihrer Sicht die Kombination aus Praxis und Schule beurteilen. Die beiden berichteten auch von ihren persönlichen Highlights im Laufe der Ausbildung. Astrid Kuffner befragte die angehenden Logistiker abschließend zu ihren Zukunftsaussichten im Speditionsbereich und wo sie sich beruflich in zehn Jahren sehen (möchten).
Duale Akademie
Eine besondere und noch recht neue Ausbildungsmöglichkeit im Logistiksektor stellte Cargomind-CEO Paul Glaser in seinem zweiten Beitrag vor: die Duale Akademie der Wirtschaftskammer Österreich. Diese innovative Ausbildung ist speziell auf AHS-Maturanten zugeschnitten, die nach dem Schulabschluss eine Lehre unter anderem in der Speditionsbranche absolvieren möchten.
In verkürzter Ausbildungszeit erlernen die sogenannten Trainees, was man im Beruf wirklich braucht – und zwar nach einem dualen System: den praktischen Teil absolvieren sie in ausgewählten Betrieben, die Theorie wird in Berufsschulen, Fachhochschulen und Erwachsenenbildungseinrichtungen erworben.
Cargomind gehört zu diesen ausgewählten und damit einem der ersten Betriebe in Wien, die Maturanten in der Dualen Akademie ausbilden. Glaser machte deutlich, warum diese neue Ausbildungsform für die Branche so wichtig ist, und erläuterte, welche Zielgruppe mit dem Angebot angesprochen werden soll. Auch hob er noch einmal hervor, warum die Ausbildung in der Dualen Akademie sowohl für Trainees als auch Unternehmen etwas Besonderes ist, und schilderte schließlich seine persönlichen Erfahrungen damit.
Meisterschüler
Der Firmengründer und CEO Johannes Braith war auf der Bühne 1 das leuchtende Beispiel einer überaus erfolgreichen Logistik-Karriere, die vor 15 Jahren mit einer Speditionslehre begann und heute bei seinem eigenen Unternehmen Storebox, das die erste komplett digitalisierte Selfstorage-Lösung in Europa anbietet, mit über 200 Standorten in sechs Ländern angekommen ist. Braith berichtete von seinem außergewöhnlichen Werdegang und inwiefern Lehrzeit und Berufsschule das solide Fundament dafür gebildet haben.
Besonders interessiert verfolgt wurden seine Ausführungen zum Thema Voraussetzungen für eine Unternehmensgründung: Folgende Nachweise sind zu erbringen: eine mindestens dreijährige Ausbildung/Lehre, die durch ein staatlich anerkanntes Zeugnis bestätigt oder von einer zuständigen Berufs- und Handelsinstitution als vollwertig anerkannt wird, sowie eine fünfjährige einschlägige Tätigkeit als Unselbständiger ohne Unterbrechung.
Zukunftskompetenzen
Welche Fähigkeiten neben den Lehrinhalten außerdem trainiert werden müssen, um eine erfolgreiche Karriere mit Lehre zu starten, wurde im nächsten Block thematisiert. Im beruflichen Alltag gewinnen sogenannte Zukunftskompetenzen immer mehr an Wert – zu diesen Skills zählen sowohl soziale, internationale, digitale und Selbstkompetenzen als auch das ECDL- oder Englisch-Zertifikat. Barbara Jarka erklärte in diesem Kontext, welche Bedeutung diesen Kompetenzen an den Berufsschulen (die ein wichtiger Player im Rahmen der Ausbildung der Dualen Akademie sind) eingeräumt wird.
Das Finale
Nach ca. 30 Minuten läutete die Moderatorin die abschließende Fragerunde ein und wollte von Johannes Braith und Paul Glaser wissen, welche konkreten Perspektiven ausgelernte Speditionslehrlinge tatsächlich haben, ob sie sich vielleicht Sorgen um die Zukunft machen müssen, weil sich die wirtschaftlichen Rahmenbedingungen ständig ändern, und was sie den beiden Lehrlingen Jelena Orsolic und Mahmood Tavakoli für ihren weiteren Karriereweg mitgeben würden.
Zu guter Letzt waren dann die Meinungen aller Redner auf der Bühne gefragt: Inwiefern werden in der Logistikbranche die Themen Diversität, Internationalität, Mehrsprachigkeit und „Frauenpower“ gelebt? Welche Personengruppe will diese Branche besonders ansprechen oder – deutlich provokanter formuliert: Ist der Speditionsberuf immer noch „Männersache“?