Die klimaneutrale Zustellung von vegetarischem Essen ist im Allgemeinen nicht gerade als Goldgrube verschrien. Dass eine authentische Umsetzung dennoch Erfolg haben kann, zeigt Rita Huber mit ihrem gesunden Lieferservice „Rita bringt’s“ in Wien. Verkehr wollte mehr über diese Geschäftsidee und deren Umsetzung in der Praxis wissen.
Verkehr: Woher stammt die Idee, gesundes Essen in Wien klimaneutral zuzustellen?
Rita Huber: Den eigentlichen Impuls dazu gab mein Schwager, der 2014 mit mir die Idee aufgriff, meine Leidenschaft zu meinem Beruf zu machen und frisch gekochtes Essen in Bio-Qualität anzubieten, das CO2-frei in der Stadt zugestellt wird. Aufgrund meines abgeschlossenen Studiums konnte ich relativ problemlos die Gastro-Zulassung beantragen und wagte den Sprung von einem geregelten Arbeitsverhältnis in die Selbständigkeit. Innerhalb weniger Wochen wurde unsere Website aus dem Boden gestampft und das Konzept realisiert, das eigentlich alles umfasst, wofür ich stehe – für mich ist „Rita bringt’s“ mein Leben geworden.
Wo fanden Sie die geeigneten Räumlichkeiten für den Betrieb?
Huber: Wir hatten immer wieder enormes Glück, denn am Anfang konnten wir die Küche eines vegetarischen Restaurants in den Leerzeiten relativ günstig nützen. Aber schon nach wenigen Monaten war klar: Wir brauchen dringend eine eigene Betriebsanlage. Und wiederum fand sich im sechsten Bezirk nahe der Mariahilferstraße ein geeignetes Objekt, das unsere recht spezifischen Anforderungen gut erfüllt hat.
„Rita bringt’s“ deckt zwei große Bereiche ab. Wie ergänzen sich diese?
Huber: Wir bieten mit der Essenszustellung zu Mittag und dem Catering zwei Schienen an, sind aber ständig in Veränderung und probieren neue Sachen aus. Umsatzmäßig liegen beide etwa gleich auf, und wir beschäftigen zwei unterschiedliche Teams für die beiden Bereiche, wobei wir beim Catering von einem externen Team unterstützt werden. Daneben bestücken wir auch im Umfang von zwei Touren in mehreren Bezirken Wiens die Frischetheke eines großen Bio-Supermarktes.
„Rita bringt’s“ stellt per Lastenrad zu – wie verlief der Aufbau der nötigen Logistik?
Huber: Wir haben verschiedene Modelle von Heavy Pedals für unsere Zwecke getestet und uns schließlich dafür entschieden, eine eigene Flotte komplett mit eigenem Branding als wichtigen Werbeträger aufzustellen. Außerdem wurde die beste Lösung für die Transportboxen gesucht. Aktuell haben wir zehn eigene Lastenräder plus ein sogenanntes Musketier, das ein fahrbarer Marktstand ist.
Wie organisieren Sie die Zustellung Ihrer heiklen Fracht?
Huber: Um keine Verschwendung zu generieren, kalkulieren wir portionsgenau, das heißt, die Bestellungen können am Vortag bis 16 Uhr bei uns abgegeben werden, es gibt keine Auslieferung on demand. Wir können damit schon am Vortag die jeweiligen Touren planen und kennen unsere Auslastung. Häufig werden zusätzlich zu den Mittagessen auch kleinere Caterings mitgeliefert. Unsere Fahrer holen in der Früh die einzelnen Portionen für eine Tour aus unserer Küche und radeln dann los. Wir sind besonders stark in den Bezirken 1, 2, 20 und 22 vertreten, liefern aber auch in den 3., 10. und 11. Bezirk aus, allerdings mit recht unterschiedlichen Gegebenheiten: Während wir in der Innenstadt ein dichtes Netz von Abnehmern weniger Portionen haben, sind es in den Außenbezirken eher wenige Adressen und Bürohäuser, die jedoch viele Portionen bestellen. Durchschnittlich werden etwa 70 Hauptspeisen plus Salate und Getränke auf einer Tour geliefert.
Welche Rolle spielt die Verpackung?
Huber: Sie ist unmittelbar an unsere Logistik gekoppelt. Wir haben uns intensiv damit beschäftigt und probieren immer wieder neue Dinge aus. Leider ist es uns nicht möglich, mit Mehrwegverpackungen zu arbeiten, da dies eine ganz eigene Logistikkette brauchen würde.
Ist der Fahrermangel auch bei Ihnen ein Thema?
Huber: Wir arbeiten in einem sehr stabilen Team, einige Mitarbeiter sind schon von Beginn an bei uns. Im Schnitt sind unsere Fahrer 18-25 Stunden für uns unterwegs, mit einer Kernarbeitszeit von 9 bis 12.30 Uhr. Aktuell sind neun Zusteller für uns per Lastenrad und Anhänger unterwegs, von denen vier über einen zusätzlichen eAntrieb verfügen. Unsere Fahrer sind teils Studenten oder junge Väter. Scheidende Mitarbeiter bringen häufig einen Freund, der ihre Tour im Anschluss übernehmen möchte.
Gibt es Expansionspläne?
Huber: Große Standorte interessieren uns natürlich, aber der Preis ist in der Akquisition leider ein Thema – das haben wir speziell hinsichtlich der Essenszustellung an Kindergärten oder Schulen bemerkt. Grundsätzlich haben wir uns auf Wien konzentriert, wo wir noch nicht die ganze Stadt beliefern können und bald einen zweiten Standort benötigen. Graz, Salzburg oder Linz sind für die Zukunft spannende Optionen, und in unserer Schublade befindet sich bereits ein Franchise-Konzept, das wir umsetzen könnten. Im Großen zu denken, macht uns interessanterweise gerade auf Details im Kleinen aufmerksam.
Vielen Dank für das Gespräch!
Dieses Interview erschien ursprünglich in der Ausgabe VK 42/2019.