Die Wirtschaft in Deutschland tritt weiter auf der Stelle. Das zeigen die Ergebnisse der DIHK-Konjunkturumfrage zum Frühsommer 2023 unter bundesweit rund 21.000 Unternehmen aus allen Branchen und Regionen. „Der seit Jahresbeginn zu befürchtende Seitwärtstrend setzt sich fort. Anzeichen für einen breiten Aufschwung fehlen weiterhin“, sagte das für Konjunkturanalysen zuständige Hauptgeschäftsführungsmitglied Ilja Nothnagel bei Vorstellung der Zahlen in Berlin.
Nachfrage sinkt – Prognose: Null-Wachstum
„Die Unternehmen zeigen sich trotz der weiterhin hohen Energiepreise, der steigenden Zinsen und des Kriegs in der Ukraine zwar bemerkenswert widerstandsfähig. Der Ausblick auf die kommenden zwölf Monate bleibt aber insgesamt trübe – zumal auf der Nachfrageseite die Auftragseingänge spürbar nachlassen. Die DIHK geht in diesem Jahr weiterhin von einem Null-Wachstum aus“, so Nothnagel weiter.
Langfristige, strukturelle Herausforderungen
Die wirtschaftliche Situation der Unternehmen in Deutschland bleibe trotz leichter Verbesserungen ohne Dynamik, heißt es in der DIHK-Pressemitteilung weiter. Nothnagel: „Bei den Geschäftsrisiken treten neben den konjunkturellen Risiken für die Unternehmen vor allem die langfristigen, strukturellen Herausforderungen für die Wirtschaft weiter in den Vordergrund.“
Risiken dominieren Stimmung
Als größtes Geschäftsrisiko stufen die Unternehmen nach wie vor die Energie- und Rohstoffpreise ein – immerhin mit etwas abnehmender Tendenz: Aktuell sehen darin knapp zwei Drittel der Betriebe (65 Prozent) ein Risiko, nach 72 Prozent zum Jahresbeginn. Mehr und mehr in den Vordergrund rücken aber der Fachkräftemangel und die Arbeitskosten. Drei von fünf Unternehmen (62 Prozent nach zuvor 60 Prozent) geben Fachkräftemangel als Geschäftsrisiko an. Das ist ein Höchstwert, der lediglich im Herbst 2018 schon einmal erreicht worden ist.
Und täglich grüßt … der Fachkräftemangel
Im Dienstleistungssektor werde der Fachkräftemangel mittlerweile wieder als häufigstes Risiko genannt und habe dabei das Risiko der Energie- und Rohstoffpreise überholt. „Der Fachkräftemangel stellt mittlerweile das zweitgrößte Geschäftsrisiko der Unternehmen dar“, so Nothnagel. „Angesichts der Alterung der Gesellschaft wird der Mangel an qualifizierten Arbeitskräften eine der wesentlichen strukturellen Herausforderungen für die Unternehmen in Zukunft bleiben.“
EMI auf Tiefststand
Anfang Mai hatte der US-amerikanische Finanzdienstleister S&P Global informiert, dass die deutsche Industrie im April von den weiter zurückgehenden Lieferengpässen profitiert habe. Gleichzeitig halte aber die Nachfrageflaute im Verarbeitenden Gewerbe an. Der HCOB Einkaufsmanagerindex Deutschland (EMI) notierte im April bei 44,5 Punkten und damit – nach 44,7 im Vormonat – auf dem tiefsten Stand seit Mai 2020. Zum wiederholten Mal wurde der Hauptindex vom Teilindex Lieferzeiten nach unten gezogen. Dieser erreichte den dritten Monat in Folge ein neues Rekordhoch. Verkürzte Lieferzeiten werden normalerweise mit sinkender Nachfrage in Verbindung gebracht und daher bei der Berechnung des Industrie-PMI invertiert.
Besserung in Sicht?
„Lässt sich an der jüngsten Entwicklung des EMI bereits eine erste, leichte Konjunkturerholung in Deutschland erkennen? Die Antwort darauf ist schwierig“, betonte BME-Vorstandsvorsitzende Gundula Ullah. Denn noch immer trübten die stagnierende Wirtschaftsleistung, die anhaltend hohe Inflation sowie die zahlreichen internationalen Krisenherde die Stimmung in den Chefetagen vieler Unternehmen.
Save the Date: Die finalen Daten zur Entwicklung des EMI werden am 1. Juni 2023 von S&P Global veröffentlicht.