CBRE Group ist das weltweit führende Unternehmen für Gewerbeimmobilien und hat in einer aktuellen Untersuchung Österreichs Logistikmarkt nach Corona analysiert. Nach wie vor gilt der Onlinehandel als einer der stärksten Nachfragetreiber für den österreichischen Logistikmarkt. Der Onlinehandel – vor allem mit Lebensmitteln – hat in der Zeit des Lockdowns einen Boom erlebt, sodass davon auszugehen ist, dass das prognostizierte Plus von 34% im Onlinehandel von 2019 bis 2024 (Quelle: Euromonitor) übertroffen wird. Die Covid-19 Maßnahmen führten außerdem auch in anderen Logistikbereichen zu einem starken Anstieg des kurz- bis mittelfristigen Flächenbedarfs. Die Nachfrage nach Lagerflächen in der Nähe von Ballungszentren ist dabei besonders groß. Generell ist die Stimmung trotz Covid-19 Einschränkungen in der Logistikimmobilienbranche sehr gut und neue Projektentwicklungen werden mit Hochdruck vorangetrieben. Aufgrund der großen Konkurrenz um stadtnahe Grundstücke greifen Entwickler vermehrt auf bestehende Lagerflächen mit älteren Gebäudestandards sowie brachliegende Industrieareale (Brownfields) zurück und adaptieren diese.
Im Sinne eines ressourcenschonenden Europas soll die Flächeninanspruchnahme in Österreich bis 2030 von derzeit etwa 13ha pro Tag auf max. 2,5ha pro Tag reduziert werden. Dies könnte wiederum massiven Einfluss auf den Industrie- und Logistikmarkt haben, da es bei großflächigen Neuentwicklungen zu Einschränkungen kommen könnte. „Der Anteil der Betriebsflächen an der Flächeninanspruchnahme ist seit einigen Jahren rückläufig. Um den negativen Folgen entgegenzuwirken, könnten Anreize für Entwickler und Investoren geschaffen werden, das bereits erschlossene Brachlandpotenzial stärker zu nutzen“, so Franz Kastner, Associate Director Industrial & Logistics bei CBRE Österreich.
Ausblick auf Logistikmarkt 2020 / 2021
In den kommenden Monaten – d.h. 2020 und 2021 – sollten an den drei österreichischen Logistik Hot Spots Wien, Linz und Graz rund 385.000m² neue Logistikflächen fertiggestellt werden. Die Nachfrage wird vor allem durch den Onlinehandel, Paketlogistik, DIY sowie Lebensmittelhändler vorangetrieben. Die Spitzenmiete sowie die Spitzenrendite sollten mit EUR 5,50/m²/Monat bzw. ca. 4,8% stabil bleiben.
Wien bleibt der Logistikmarkt mit der stärksten Nachfrage. In und um Wien wurde Ende 2019 ein Bestand von ca. 2,4 Mio.m² Logistikflächen erhoben, bis Ende 2021 sollen noch einmal ca. 295.000m² dazukommen. Aufgrund der hohen Nachfrage ist der Großteil der Flächen bereits vorverwertet und es laufen Gespräche über weitere spekulative Entwicklungen. „Wien ist und bleibt aufgrund der hohen Nachfrage der wichtigste Logistikmarkt in Österreich“, so Kastner, der auch darauf verweist, dass im Wiener Umland ausreichend Grundstücksreserven verfügbar sind. Am gefragtesten sind Flächen im Wiener Stadtgebiet, bevorzugt sind auch moderne Standorte im Osten und Süden von Wien mit guter Verkehrsanbindung, der Norden hat sich ebenfalls als Logistikregion etabliert, allerdings ist die Flächenverfügbarkeit in günstigen Lagen begrenzt.
Rund zwei Drittel der ca. 870.000m² Logistikflächen am Standort Graz entfielen Ende 2019 auf Gebäudeklasse A - somit ist Graz der modernste Logistikstandort Österreichs. Sowohl bestehende als auch entstehende – darunter auch spekulative - Flächen sind auf die Gemeinden Werndorf / Wundschuh, Kalsdorf sowie Zettling im Süden von Graz konzentriert. Durch die für 2025 geplante Fertigstellung der Koralmbahn und die damit verbundene Anbindung an die europäischen Wirtschaftsräume im Norden und Osten sowie die schnellere Verbindung zu den Adriahäfen – die auch heute bereits gut mit dem Cargo Center Graz in Werndorf verbunden sind – wird der Standort noch weiter aufgewertet. „Wir gehen davon aus, dass es durch die Optimierung der Verkehrssituation in den kommenden Jahren noch weitere Betriebsansiedlungen im Süden von Graz geben wird“, so Kastner.
Mit rund 1,8 Mio.m² Flächen ist Linz bzw. der oberösterreichische Zentralraum der zweitgrößte und zentralste Logistikstandort in Österreich. Die Qualität des Standortes ist ähnlich dem von Wien: 40% entfallen auf die Gebäudeklasse A, wodurch ein großes Umnutzungspotenzial vorhanden ist. Die zentrale Lage und die damit verbundenen kurzen Transportwege zu den Nordhäfen sowie fast ganz Österreich ist eines der wichtigsten Argumente für den Logistikstandort Linz. Die Nachfrage nach geeigneten Flächen ist hoch, das Angebot allerdings eingeschränkt. „Durch das geringe Flächenangebot könnten zukünftige Projekte eher am Rand des oberösterreichischen Zentralraumes realisiert werden“, spekuliert Kastner.
Rekordvolumen bei Logistikinvestitionen 2019, Rückgang 2020
Mit rund EUR 500 Millionen wurde im Jahr 2019 so viel in österreichische Logistikimmobilien investiert wie noch nie zuvor. Ausländische Investoren waren mit einem Anteil von mehr als zwei Drittel am aktivsten. Die prominentesten Transaktionen betrafen zwei Bauteile des Industrial Campus Vienna East in Enzersdorf an der Fischa (Käufer: DEKA) sowie drei Logistikliegenschaften, die im Rahmen eines pan-europäischen Portfoliodeals von der aus Singapur stammenden GIC erworben wurden. „Nach dem Rekordjahr 2019 gehen wir 2020 davon aus, dass sich das Investmentvolumen für Industrie- und Logistikimmobilien aufgrund des Angebotsmangels und der aktuellen Krise auf rund EUR 300 Mio. belaufen wird“, analysiert Georg Fichtinger, Head of Investment Properties bei CBRE, der außerdem mit einem Anstieg von Sale and Lease back Transaktionen durch liquiditätsschwächere Unternehmen rechnet.