Immer wieder stolpern wir über den Transformationsbegriff, sei es im Zusammenhang mit Digitalisierung, der Veränderung unserer Gesellschaftsstruktur, in der Politik, in der Wirtschaftsstrategie, bei neuen Geschäftsmodellen oder auch in Unternehmen. Jede noch so kleine Veränderung wird – vermutlich damit es einfach besser und dramatischer klingt – gleich zu einer veritablen Transformation aufgebauscht. Vor allem die digitale Transformation hat es vielen angetan, auch in der Logistik. Doch nicht jede Implementierung eines neuen Softwaretools löst gleich eine radikale Veränderung aus. Manche IT-Lösungen sind einfach nur das – Werkzeuge nämlich, die uns das Arbeitsleben erleichtern sollen, ohne gleich sämtliche Prozesse oder Organisationsstrukturen durcheinanderzuwirbeln.
Optimierung statt Transformation
Im Gegensatz zur Veränderung hat die Transformation nämlich immer etwas Disruptives an sich. Das bedeutet, dass kein Stein auf dem anderen bleibt und alles völlig neu und anders wird. Denken Sie beispielsweise an die Musikindustrie: Von der Vinylschallplatte hin zu Streamingdiensten war es ein langer Weg, der die Art und Weise, wie Musik publiziert, vermarktet und konsumiert wird, grundlegend verändert hat. Die Betonung liegt dabei auf dem Wort „grundlegend“! Die meisten Veränderungen, denen wir in unserem täglichen Leben begegnen, sind gerade einmal Optimierungen einer bestehenden Denk- und Handlungsweise. Da wird an altbekannten Stellschrauben herumgedreht, vor allem um die Effizienz eines existierenden Systems mit möglichst wenig neuen Ideen und kaum bemerkbarer Veränderung zu steigern. Bei gleichem Input soll der maximal mögliche Output erzielt werden. Mit diesem Muster wird uns nur allzu gern und besonders marketingtauglich echte Transformation vorgegaukelt.
Auch „Change“ allein ist zu wenig
Wird beispielsweise als Reaktion auf ein erfolgreiches Innovationsprojekt in einem Unternehmen die Art und Weise, wie dort gedacht, kommuniziert, kooperiert und entschieden wird, verändert, dann ändern sich damit auch die Regeln, nach denen diese Organisation bislang funktioniert hat. Die meisten Change-Prozesse in Unternehmen fallen in diese Kategorie. Dieser Wandel geht nicht selten mit Widerstand gegen die gewünschte bzw. notwendige Veränderung einher. Menschen sind – wie hinlänglich bekannt – im Allgemeinen eher veränderungsresistent. Sie wehren sich gegen derartige Veränderungen gerne mit aktivem oder passivem Widerstand.
Was ist echte Transformation?
Ändern sich in einem Markt, aber auch in einer Gesellschaft neben den Denk- und Handlungsregeln zusätzlich auch die Werte, die dieser Art und Weise, zu denken und zu handeln, zugrunde liegen, kann man erst dann wirklich von einer Transformation sprechen. Wenn wir uns als Gesellschaft also beispielsweise in Richtung echter Nachhaltigkeit transformieren wollen, dann müssen wir nicht nur etwas an unserem Tun verändern, sondern vor allem unsere Werte überdenken und anpassen. Und hier kommt ein weiteres wunderschönes und gerne bemühtes Buzzword ins Spiel – der Paradigmenwechsel, also die grundsätzliche Denkweise, mit der wir an ein Thema herangehen. Die beiden Begriffe gehen nämlich Hand in Hand.
Zum Jahreswechsel
Wenn wir mit diesem Hintergrundwissen jetzt das vergangene Jahr beleuchten, dann wird klar, dass wir in vielen Bereichen immer wieder von Transformation gehört oder gelesen haben, dass eine echte Transformation, die diesen Namen auch tatsächlich verdient, allerdings nur in den allerseltensten Fällen stattfindet. Von den vielen Managementthemen, mit denen ich mich in meinen Online-Kommentaren im Jahr 2024 auseinandergesetzt habe, hat meiner Meinung nach die Künstliche Intelligenz die größte Chance, unsere wirtschaftliche und gesellschaftliche Entwicklung zu transformieren. Noch ein letzter Gedanke zum Jahresende: Transformation braucht vor allem Mut, den Mut, völlig neue Wege zu gehen und Altbekanntes hinter sich zu lassen. Den Mut, gegen den Strom zu schwimmen und einfach „anders“ zu sein. Den Mut, nicht dem allgemeinen Optimierungs- und Effizienzsteigerungswahn zu unterliegen, sondern Regeln zu brechen. Nicht nur „out of the box“ zu denken, sondern die Box an sich zu pulverisieren. In diesem Sinne: Bleiben Sie mir auch 2025 gewogen!