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Die wirtschaftlichen Auswirkungen des Coronavirus werden die Schlimmsten seit der globalen Finanzkrise sein

Digitalisierung könnte der Region längerfristig dabei helfen die Leistungsfähigkeit ihrer Volkswirtschaften zu steigern.

Neuen Prognosen des Wiener Instituts für Internationale Wirtschaftsvergleiche (wiiw) zufolge müssen sich die Wirtschaften Osteuropas auf das schlechteste Jahr seit der globalen Finanzkrise einstellen.

Die Effekte des Coronavirus haben sich bereits über die Produktionsketten ausgewirkt; Sektoren wie Tourismus, Luftfahrt, Energie sowie die industrielle Produktion sind erheblich betroffen. Die gemeldeten Infektionszahlen nehmen in Europa täglich zu, sodass bereits weite Teile des Wirtschaftslebens beeinträchtigt sind.

In Anbetracht der großen Unsicherheit hat das wiiw in seiner neuen Wirtschaftsprognose für 23 Länder Mittel-, Ost- und Südosteuropas (MOSOEL) Szenarien zu den wirtschaftlichen Auswirkungen des Coronavirus für Osteuropa berechnet. Darunter ein prä-Coronavirus Basisszenario, ein „optimistisches“ (best case), ein „mittleres“ und ein „pessimistisches“ (worst case). Angesichts der Ereignisse der letzten Tage scheint das pessimistische Szenario das wahrscheinlichste zu sein. Das aggregierte Wachstum der 23 Länder würde im "pessimistischen" Szenario in diesem Jahr 1,1 Prozent betragen, was wirtschaftlich gesehen die schlechtesten zwölf Monate seit der globalen Finanzkrise wären.

Dieses pessimistische Szenario beruht auf der Annahme, dass zumindest die Ausbreitung des Coronavirus im ersten Halbjahr dieses Jahres stark eingeschränkt werden kann und in den weltweit größten Volkswirtschaften entschlossene und koordinierte Maßnahmen ergriffen werden Sollte sich eine oder beide dieser Annahmen nicht bewahrheiten, werden die negativen Auswirkungen noch stärker und langfristiger ausfallen.

In jedem der Szenarien sind die GUS-Länder und die Türkei am stärksten betroffen, während die EU- Mitgliedstaaten der Region und einige Länder des Westbalkan relativ gesehen noch gut davonkommen. Der Grund ist, dass die östlichen EU-Mitgliedstaaten generell wohlhabender sind, bessere Gesundheitssysteme aufweisen und über mehr fiskal- und geldpolitischen Spielraum verfügen, um dem wirtschaftlichen Abschwung entgegenzuwirken. Insgesamt werden die negativen wirtschaftlichen Auswirkungen des Coronavirus in diesen Ländern gemäß den Szenarien weniger stark ausfallen, als in den restlichen mittel-, ost- und südosteuropäischen Ländern. Im Gegensatz dazu sind die Möglichkeiten der Westbalkanländer, ebenso wie der Türkei, der GUS Staaten und der Ukraine dem wirtschaftlichen Abschwung entgegenzuwirken eingeschränkt, hauptsächlich aufgrund mangelnder makrofinanzieller Stabilität einerseits und eines geringeren fiskalischen Spielraums andererseits. Diese Länder weisen auch generell ein schlechteres Gesundheitssystem auf.

Der wiiw Konjunkturbericht beleuchtet auch andere wirtschaftliche Schwachstellen der MOSOEL. Länder, die auf Energieexporte (Russland und Kasachstan) oder Tourismus (Kroatien, Slowenien, Albanien und Montenegro) angewiesen sind, werden voraussichtlich stark betroffen sein. Für Länder, die auf Finanzierung in US-Dollar angewiesen sind, stellt Kapitalflucht ein erhebliches Risiko dar.

Über das Jahr 2020 hinaus bleiben die Aussichten für Mittel-, Ost- und Südosteuropa im Wesentlichen unverändert, obwohl das wiiw fundamentale Abwärtsrisiken sieht, die von Ausmaß und Umfang der politischen Gegenmaßnahmen sowie der Schnelligkeit der Verbreitung des Coronavirus abhängen. Das globale Wirtschaftswachstum war bereits vor dem Ausbruch der Coronavirus-Krise nahezu das Schwächste seit der globalen Finanzkrise und es ist nicht zu erwarten, dass sich daran in den Jahren 2021-2022 etwas Grundlegendes ändern wird.

Dementsprechend erwartet das wiiw für die Jahre 2021-2022 erwartet in den elf osteuropäischen EU- Mitgliedstaaten ein Wirtschaftswachstum weniger als 3 Prozent, wohingegen das Wachstum in den Westbalkan-Ländern etwas besser ausfallen dürfte. Für die größeren Volkswirtschaften der restlichen Region - Türkei, Russland und Ukraine - hatte das wiiw bereits vor Ausbruch des Coronavirus seine BIP-Prognosen aufgrund einer expansiveren Finanz- und/oder Geldpolitik bereits deutlich nach oben korrigiert. Ohne Strukturreformen bestehen hier jedoch erhebliche Risiken für die Nachhaltigkeit des Wachstums.

Obwohl das Coronavirus die Aufmerksamkeit von Ökonomen und politischen EntscheidungsträgerInnen von anderen fundamentalen wirtschaftlichen Problemen derzeit ablenkt, mit denen die Region MOSOEL konfrontiert ist. Eines der größten Probleme stellt nach wie vor der Arbeitskräftemangel dar, der sich wahrscheinlich noch verschärfen wird. Dieser bedroht die Nachhaltigkeit des gesamten Wirtschaftsmodells dieser Region, das auf Arbeitskostenvorteilen und der Beteiligung an regionalen Produktionsketten beruht.

Digitalisierung könnte der Region längerfristig dabei helfen die Leistungsfähigkeit ihrer Volkswirtschaften zu steigern. Dies wäre etwa durch die Entwicklung produktiverer Dienstleistungssektoren sowie eine gezielte Verknüpfung von Dienstleistungen und Produkten (‚servitisation‘) realisierbar. Osteuropa ist für eine weitere Digitalisierung gut gerüstet. Über die Krise hinweg wäre es daher wichtig, eine angemessene Politik zu entwickeln, um die entsprechende Ausbildung der Arbeitskräfte sicherzustellen und Investitionen in neue Technologien zu stimulieren.

Link zum wiiw Konjunkturbericht

 

 

 


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