Wenn Nikolaus Hirnschall, einer der beiden Geschäftsführer des österreichischen Kombi-Operators Roland Spedition, über das vergangene Jahr spricht, dann bezeichnet er es als „spannend“. Er meint damit eine Art Zeitenwende im Geschäftsmodell Kombinierter Verkehr.
Roland als Speditionsunternehmen ist seit 41 Jahren mit der Entwicklung und Organisation primär maritimer Kombi-Verkehre beschäftigt, und Hirnschall und sein Mitarbeiterteam haben im Vorjahr des Öfteren in einer Woche so viel erlebt wie sonst in einem Jahr. Lieferketten haben sich oft über Nacht verändert oder sind gestockt, Schiffe kamen verspätet in den Häfen an, wo es dann Stau ohne Ende gab. Als Kombi-Operator konnte Roland gar nicht anders, als sich auf diese täglichen Veränderungen flexibel einzustellen, um Verzögerungen möglichst zu vermeiden.
Wegen der steigenden Zahl der unberechenbaren Schiffsankünfte wurde es allmählich eng, weswegen Häfen mitunter Zulieferstopps für Exportcontainer aus dem Hinterland verfügten. Manchmal durften nur so viele Boxen angeliefert werden, wie im Import weggefahren wurden. „Das war für uns in der Disposition sehr herausfordernd“, erinnert sich Hirnschall.
Bahnstrom ist teurer geworden
„Wir waren besonders mit den massiven Preissteigerungen beim Bahnstrom konfrontiert“, so Hirnschall. Dieser habe sich gleich um mehr als 100 Prozent verteuert und schlug auf die Kalkulation im Unternehmen hart durch. Die geforderten Erhöhungen in vollem Umfang von den Bahnunternehmen zu übernehmen, war ebensowenig möglich, wie diese in vollem Umfang an den Markt weiterzureichen. Also galt hier, für alle Seiten verträgliche Lösungen zu finden.
Erst mit dem Ukraine-Krieg ist das Thema Bahnstrom aufgepoppt, davor herrschten europaweit stabile, einschätzbare Bahnstrompreise und sie hatten keine so große Bedeutung in den Kalkulationen für Kombi-Verkehre. Fakt ist aber trotzdem, dass im vergangenen Jahr die Preise im Kombi-Verkehr je nach Transportrelation um rund 10 bis 15 Prozent angezogen haben – „das haben wir so feststellen müssen“, so Hirnschall. Die hohen Stromkosten werden auch heuer eine gewichtige Rolle spielen, erwartet der Manager, der aber denoch zufrieden auf 2022 zurückblickt. Immerhin wurden rund 160.000 TEU auf die Kombi-Schiene gebracht und damit unterm Strich ein Umsatz von mehr als 65 Millionen Euro erwirtschaftet.
Containerimporte sind gesunken
Seit Dezember vergangenen Jahres macht sich ein starker Rückgang bei den Containerimporten nach Österreich bemerkbar. Hirnschall spricht von einem schätzungsweise zehnprozentigen Rückgang gegenüber 2021. Die Gründe dafür sind vielfältig: Volle Pufferlager, veränderte Güterströme oder nachlassender Konsum gelten als Beispiele dafür. Das stellt bei Roland die Paarigkeit bei der Auslastung der Züge auf den Prüfstand, zumal im Export jede Menge Container aus Österreich in die Welt hinausrollen. Hirnschall: „Weniger Importcontainer und mehr Exportcontainer bringen die Auslastung unserer eigenen Zugsysteme zwischen Wien, Graz, Enns und den deutschen Häfen Hamburg, Bremerhaven und Wilhelmshaven durcheinander.“
Um die Abfuhr der heimischen Exportcontainer gegenüber den Kunden dennoch sicherstellen zu können, überlegt man bei Roland, je nach Nachfrage, die temporäre Einführung von One-Way-Zügen von Österreich zu den Seehäfen. Solche Züge kosten Geld, und die Stellplätze darauf werde man zu entsprechend marktfähigen Preisen anbieten, avisiert Hirnschall an die potenzielle Verladerzielgruppe.
Die Krux mit der Förderung
Markierte das vergangene Jahr schon eine Zeitenwende, so kam zwei Tage vor Weihnachten noch eine weitere unangenehme Überraschung dazu: Denn da gab das österreichische Klimaschutz- und Verkehrsministerium (BMK) offiziell bekannt, dass man die öffentliche Kombi-Förderung je Transporteinheit von und nach Österreich mit den Häfen Rotterdam, Antwerpen, Hamburg und Bremerhaven reduzieren werde, und zwar um 20 Prozent ab Beginn dieses Jahres. „Wir hatten unsere Angebote an die Kunden schon draußen und dann das“, zeigt sich Hirnschall sehr verwundert. Er stellt sich die Frage, ob das Ministerium mit dieser Maßnahme die freie Wahl der für Österreich in Frage kommenden wichtigen Überseehäfen politisch beeinflussen will?
Fokus auf Nachwuchs
Positiv beeinflussen will das Unternehmen seine Präsenz beim Nachwuchs. Derzeit durchlaufen fünf Lehrlinge eine Speditionsausbildung. Zudem wurde eine Sponsoring-Kooperation mit der FH des BFI Wien und dessen Logistiklehrgang begonnen. „Wir stellen Praktika für junge Menschen sowie fachliches Know-how für Diplomarbeiten zur Verfügung“, so Hirnschall. Im vergangenen Jahr wurde Roland Spedition außerdem von einer unabhängigen Jury der Internationalen Wochenzeitung Verkehr als Logistik-Marke des Jahres 2022 ausgezeichnet: „Ich muss sagen, das hat uns sehr gefreut“, so Hirnschall.