Sie haben vor kurzem mit der Eröffnung des Logistikzentrums in Wien-Inzersdorf einen neuen Meilenstein erreicht. Was gibt es in Ihrem Bereich sonst noch Neues?
Ich will dieses Ereignis einmal in das große Bild einordnen, denn was uns treibt, ist die Entwicklung der Paketmengen. Und das nicht nur in Österreich, sondern auch in den anderen Märkten, in denen wir tätig sind, also in Südosteuropa und in der Türkei. Nur um das richtig einschätzen zu können: 2009 haben wir in allen Ländern zusammengenommen knapp 60 Millionen Pakete bewegt, im letzten Jahr waren es schon knapp eine halbe Milliarde. In Österreich allein haben wir vergangenes Jahr die 200-Millionen-Grenze durchbrochen. Dieses Paketwachstum – abgesehen von einigen Schwankungen – sehen wir also über die ganzen letzten Jahre. Daraufhin haben wir bereits sehr frühzeitig, also schon vor der Pandemie, begonnen zu investieren, und zwar mehr als eine halbe Milliarde Euro nur in Österreich. Dabei verfolgen wir drei Stoßrichtungen: erstens den Ausbau unserer Logistikzentren – da war das Logistikzentrum in Wien-Inzersdorf das letzte große Projekt, das wir abgeschlossen haben. Dann zweitens unsere Zustellbasen – dort treiben uns die steigenden Paketmengen und das Thema Nachhaltigkeit, denn überall, wo wir aus- oder umbauen, errichten wir auch Photovoltaikanlagen. Mit diesem Strom können wir unsere Zustellfahrzeuge laden, und außerdem beschäftigen wir uns aktuell auch mit dem Einsatz einer neuen Pufferspeichertechnologie. Die dritte große Stoßrichtung ist unser grüner Fuhrpark, der bereits zum Jahreswechsel rund 4.000 Elektrofahrzeuge umfasste. In diesem Jahr werden sicher wieder rund 1.000 Fahrzeuge dazukommen. Für unsere Elektroflotte kaufen wir nur heimischen Grünstrom zu.
Die Post setzt sich ganz besonders für eine emissionsfreie letzte Meile ein.
Ja, wir wollen unser Angebot schrittweise in allen Ballungsräumen verankern. Das „Grüne Graz“ haben wir bereits vor zwei Jahren in Betrieb genommen. Hier haben wir gesehen, dass unser Konzept in einer Stadt mit 300.000 Einwohnern tatsächlich funktioniert. Dann haben wir Innsbruck nachgezogen, und das „Grüne Salzburg“ starten wir jetzt aktuell ebenfalls. Die Ausrollung in Wien ist dann für nächstes Jahr geplant. In Wien-Inzersdorf haben wir, wie schon erwähnt, kürzlich das modernste Logistikzentrum Europas in Betrieb genommen. Wir können dort 26.000 Pakete pro Stunde sortieren und setzen dafür ein innovatives Hybridmodell mit drei Sortern ein. Damit können wir den Sortiervorgang für Großpakete und Sperrgut, für Standard- und für Kleinpakete optimieren, was auch Konsequenzen für die letzte Meile hat. Im Speziellen ist auch unser Entladekonzept zu erwähnen, für das wir den völlig automatischen „AutoUnloader“ einsetzen, der von einem Start-up zusammen mit zwei Grazer TU-Absolventen entwickelt wurde und der Wechselaufbaubrücken automatisch entlädt. In Kombination mit einem speziellen Kippsystem ist diese Konfiguration derzeit weltweit einzigartig.
Die Corona-Pandemie hat dem Online-Handel unglaubliche Zuwächse beschert. Momentan herrscht wirtschaftlich eher Flaute. Merken Sie das an den Paketmengen?
Wenn wir die Situation ein bisschen längerfristig betrachten, dann hatten wir 2018 knapp über 100 Millionen Pakete pro Jahr. Im Jahr 2023 lagen wir bei der doppelten Menge. In der Corona-Phase gab es ein gewaltiges Wachstum von bis zu 30 Prozent. 2022 ist es dann auch international zu einer Wachstumsdelle gekommen, 2023 haben wir wieder zugelegt. Der österreichische Handel hat sich dabei flach bis sogar leicht rückläufig entwickelt. Auf der anderen Seite bekommen wir 80 Prozent unserer Mengen aus dem Ausland, wobei da durchaus österreichische Unternehmen vertreten sind, deren Fulfillment allerdings in Deutschland, Polen oder Italien erfolgt. Dieser Trend hat sich in den vergangenen Jahren deutlich verstärkt. Auch das Geschäft direkt aus China hat sich weiterentwickelt – das waren immerhin sechs Millionen Pakete im Vorjahr. Also auch von dieser Seite gibt es ein Wachstum. Das bedeutet für uns, dass wir die Zusammenarbeit mit österreichischen Händlern noch intensivieren müssen. Wir haben hier beispielsweise eine Kooperation mit der Drogeriemarktkette dm in Österreich, für die wir nicht nur die Zustellung auf der letzten Meile abwickeln, sondern das gesamte E-Commerce-Lager mit modernster Robotertechnologie in einer AutoStore-Lösung betreiben. Wir sind immer bereit, mit unseren Kunden neue Dinge auszuprobieren und Pilotprojekte zu starten.
Welche nächsten Schritte haben Sie geplant?
Wir werden den Ausbau der Zustellzentren weiter vorantreiben. Derzeit sind wir gerade dabei, unsere 10.000 Zusteller mit neuen Handhelds auszustatten, mit einer neuen Hard- und Software für die Kundenschnittstelle. Das wird neue Möglichkeiten eröffnen, weil die neuen Handhelds unsere Zustellerinnen und Zusteller auf der letzten Meile besser unterstützen werden und wir damit die Erstzustellquote noch weiter optimieren können. Wir verfügen jetzt schon im ländlichen Raum über rund eine Million Abstellgenehmigungen, mit denen unsere Zustellerinnen und Zusteller das Grundstück betreten dürfen, um Pakete vor dem Haus zu hinterlegen oder Retouren abzuholen. In den Ballungsräumen wurden bereits jetzt über 27 Millionen Zustellungen über 24/7-SB-Abholstationen abgewickelt. Da wollen wir in diesem Jahr weitere 1.000 Abholstationen aufstellen, um den berühmten „Hausschlapfenradius“ noch besser abzubilden. Auch das Thema „grüne Post“ werden wir weiter vorantreiben. Neben der Ausweitung unserer Elektroflotte liegt unser Fokus auf den wiederverwendbaren Verpackungen, für die es auf dem Markt großes Interesse gibt. Wir haben außerdem von unseren Händlern das Feedback bekommen, dass im E-Commerce-Bereich die meisten Bestellungen abends erfolgen. Um trotzdem eine Zustellung schon am nächsten Tag zu ermöglichen, sind wir gerade dabei, für einige große Kunden in Wien einen flächendeckenden zweiten Zustellungszyklus am Nachmittag einzuführen. Dieses Angebot soll dann in ganz Österreich ausgerollt werden. Eine Ausweitung der Abstellgenehmigungen, die eine Lieferung sogar bis in die Wohnung der Kunden hinein möglich machen, ist ebenfalls geplant. Wir stellen uns jedenfalls auf ein weiteres Wachstum der Paketmengen im E-Commerce-Bereich ein.
Und wie sieht die Lage in den anderen Märkten aus, in denen die Post aktiv ist?
Wir haben im letzten Jahr ein Wachstum von zehn Prozent – über alle Märkte gesehen – hingelegt, wobei Südosteuropa mengenmäßig noch stärker zuliegt. Das ist vor allem getrieben durch das Chinageschäft, denn gerade in Südosteuropa und in Ungarn kommen größere Liefermengen aus China herein, die wir von dort aus verteilen. Unser größter Markt, ebenfalls in absoluten Zahlen, ist die Türkei, wo wir mittlerweile größere Mengen als in Österreich bewegen. Wir haben auch von der Türkei ausgehend einen weiteren Entwicklungsschritt in Richtung Aserbeidschan gestartet, wo wir eine kleine Logistikfirma gekauft haben. Mit dieser begleiten wir unsere großen türkischen Kunden, die nach Aserbeidschan liefern. Die Türkei ist überhaupt ein guter Hub für die Erschließung weiterer Länder, und hier sind wir gerade dabei, die Möglichkeiten zu evaluieren. In Slowenien, wo wir bisher mit Zustellpartnern gearbeitet haben, ist mittlerweile unser eigenes Netz voll in Betrieb. Wir können dort ebenfalls den Trend zu den 24/7-SB-Lösungen beobachten.
Wie sieht es Ihrer Meinung nach mit dem Einsatz neuer technologischer Lösungen aus?
Eine Zeit lang waren Drohnen groß im Kommen. Diese sind zwar für Spezialeinsätze sicherlich brauchbar, aber für die Massenzustellung eher ungeeignet. Was schon spannend wird, ist die Kombination aus Abholstationen und autonomem Fahren. In China gibt es so etwas schon: Da werden die Abholstationen zentral beladen und das autonome Fahrzeug bringt sie bis in die Wohngegend, bleibt dort eine Zeit lang stehen und informiert die Empfängerin bzw. den Empfänger über den jeweiligen Standort vor der Haustür. Danach bewegt sich das Fahrzeug selbständig zum nächsten Halt weiter. Das sind Modelle, die bereits funktionieren. Ich denke, dass sich im Bereich der autonomen Zustellung noch einiges tun wird. Derzeit haben wir bei uns in den Hallen schon autonome Fahrzeuge im Einsatz, und wir sind gerade im Gespräch mit verschiedenen Partnern, um zukünftig das Rangieren der Wechselaufbaubrücken auf dem eigenen Gelände autonom zu bewerkstelligen.