Vor vier Jahren hat sich Erich Possegger, der 30 Jahre Berufserfahrung u. a. bei Ökombi und später bei der Rail Cargo Group gesammelt hat, selbständig gemacht und unterstützt Unternehmen dabei, wenn sie Alternativen zum reinen Güterverkehr auf der Straße in Erwägung ziehen. Dazu bietet sich der Schienengüterverkehr und hier besonders die Kombination von Schiene und Straße als probate Lösung an, wie Possegger betont.
Aufgrund des Lkw-Fahrermangels, der steigenden Treibstoffpreise und der unsicheren Lieferketten überlegen immer mehr Unternehmen aus der verladenden Wirtschaft alternative Transportmöglichkeiten. Doch was Possegger hierbei beobachtet, sind Defizite beim Wissen über die vielfältigen Möglichkeiten im Bahngüterverkehr. Und dies sowohl bei potenziellen Verladern, aber auch bei den Spediteuren. Possegger: „Der Schienengüterverkehr sollte positiver in den Köpfen der Menschen verankert werden.“ Mit Zwang lässt sich dabei wenig erreichen, vielmehr geht es um das Erkennen des Nutzens, der sich mit einer Verlagerung erreichen lässt.
Zustand evaluieren
Dabei sollte aber nicht immer gleich der Bahnverkehr nach einer strengen betriebswirtschaftlichen Rentabilität bewertet werden, sondern zuerst einmal ein Ist-Zustand einem Soll-Zustand unter Einbeziehung der Bahn in den Mittelpunkt gerückt werden. Soll heißen: Logistik-Prozesse sowohl beim Versender als auch beim Empfänger genau analysieren, den Transport auf der Schiene bewerten und daraus die Schlüsse ziehen.
Bahn macht Sinn
Logistik kostet Geld und ein Unternehmen wird nicht aus Klimaüberlegungen einen gegenüber dem Lkw teureren Bahn-Transport ohne Weiteres akzeptieren. Betriebswirtschaftliche Realitäten haben ihre Berechtigung, aber unter den gegenwärtigen Umständen wie CO2-Bepreisung und Taxonomie-Vorgaben tritt das Flirten mit der Bahn immer mehr in den Vordergrund. Wie sehr sich die Verlagerung von Cargo auf die Schiene bewährt, zeigt das Beispiel maritimer Intermodal-Verkehre zwischen Österreich und den deutschen Nordseehäfen. Rund 95 Prozent aller Container zwischen Hamburg und Österreich rollen in beiden Richtungen auf der Schiene. Possegger: „Im kontinentalen und nationalen Kombi-Verkehr gibt es aber noch viel Potenzial für die Schiene – davon bin ich überzeugt.“
Ein bisschen Kombi-Verkehr zu machen, funktioniert aber in der Regel nicht, denn diese Transportmodalität macht nur dann Sinn, wenn versucht wird, ausreichend Basis-Mengen auf die Schiene zu bekommen. Ausgangspunkt für den Umstieg sollte das Ziel sein, mit dem Kombinierten Verkehr eine „zweite Säule“ zu etablieren, worauf in weiterer Folge dann Mengen aufgebaut werden, so Berater Possegger.
Auch die EU-Politik muss wollen
Mehr auf die Kombi-Schiene zu bringen, bedingt die entsprechende politische Unterstützung. In Österreich sei der Wille dazu deutlich erkennbar, doch auf europäischer Ebene fehlen konkret fördernde, optimalere Rahmenbedingungen, um das System Kombi-Verkehr, der ja überwiegend ein internationales Geschäft ist, auf eine Stufe „industrieller Produktion“ zu heben. Gerade der Kombinierte Verkehr bietet bereits ideale Voraussetzungen, um eine weitgehend emissionsfreie Transportkette im Güterverkehr zu etablieren. Daher sollte man sich mehr darauf besinnen, mit dem Kombinierten Verkehr jetzt zu beginnen und nicht erst auf langfristige Innovationen zu warten. Was nicht heißen soll, dass Forschung und Entwicklung in Zukunftsthemen nicht weniger wichtig wären.
Schulterschluss
Mit dem Einstieg in die Selbständigkeit ging für Possegger auch ein Engagement beim Verein CombiNet einher, wo er als Generalsekretär tätig ist. Mit seinen 38 Mitgliedern setzt sich der Verein für den Kombinierten Verkehr ein und findet beispielsweise beim BMK offene Türen vor.
Womit sich CombiNet derzeit beschäftigt, sind die geplanten Änderungen sowohl in der sogenannten Kombiverkehrsrichtlinie als auch in der EU-Richtlinie betreffend Maße und Gewichte von Straßenfahrzeugen sowie in der Richtlinie zum Kapazitätsmanagement in der Schieneninfrastruktur und zu den einheitlichen Regelungen für die Messung von Emissionen bei den Verkehrsträgern. Hier kann CombiNet sowohl national über das BMK als auch über internationale Zusammenarbeit – z. B. mit der UIRR – seine Positionen dazu einbringen. Possegger: „Warum in Europa gerade jetzt Lang-Lkw gepusht und andere Regelungen, die dem Kombi-Verkehr wenig zuträglich sind, eingeführt werden sollen, ist in vielen Teilen unverständlich.“ Wenn künftig längere Trailer zugelassen werden, stellt sich die Frage, wie solche auf die gegenwärtigen Taschen-Waggons verladen werden sollen.
Die Investitionssicherheit für Unternehmen, die im Kombi-Verkehr aktiv sind, dürfe nicht in Frage gestellt werden. Und auch der bestehende Ausgleich von spezifischen Nachteilen des Kombi-Verkehrs, wie etwa der Tonnage-Vorteil, dürfe durch die neuen Regelungen nicht verwässert werden, so Possegger.