Vor dem Ausbruch der weltweiten Corona-Pandemie verfolgte Turkish Airlines ehrgeizige Pläne: Bis 2023 sollte die Luftfrachtmarke Turkish Cargo im Carrier-Ranking beim international transportierten Frachtgewicht von Rang sieben auf Rang fünf rücken. Doch durch die Corona-Krise gerieten die Wachstumspläne ins Wanken, denn die Frachtsparte besitzt nur 25 Vollfrachter. Der Rest wird mit Belly-Kapazitäten abgedeckt, die jedoch aufgrund des Stillstands im Passierverkehr am Boden bleiben mussten.
„Unser Team entwickelte schnell flexible und effiziente Lösungsansätze, um die Auswirkungen der Corona-Pandemie möglichst gering zu halten. So standen wir in engem Kontakt mit den Gesundheitsorganisationen, um die wichtigen Luftfrachtverbindungen aufrechtzuerhalten“, sagte Turhan Özen, Chief Cargo Officer bei Turkish Airlines. Turkish Airlines war eine der ersten Fluggesellschaften, die ihre Passagiermaschinen zu Frachtmaschinen, sogenannten Prachtern, umbauen ließ. Zwischen März und Mai 2020 führte die Airline mehr als 1.000 Flüge mit 40 umgebauten Passagiermaschinen durch, um die Versorgung mit Medikamenten oder medizinischer Schutzausrüstung sicherzustellen und den Verlust der Belly-Kapazitäten auszugleichen.
„Als Turkish Cargo haben wir dazu beigetragen die globale Luftbrücke im Pandemieprozess aufrechtzuerhalten. In diesem Jahr beförderten wir zwischen dem 1. Februar und dem 31. Mai mehr als 20.000 Tonnen Medikamente und medizinische Hilfsgüter. Als Turkish Cargo erzielten wir laut Ergebnissen der IATA vom 20. April einen Anstieg um 11 Prozent unserer Frachttonnenkilometer (FTK) und liegen damit nun auf dem 6. Platz der 25 führenden Fluggesellschaften. Während die internationale Luftfrachtindustrie um 15,5 Prozent schrumpfte, steigerten wir unseren globalen FTK-Marktanteil auf 4,5 Prozent", erklärte der Manager.
Turhan Özen betonte beim ACD-Meeting, dass man sich auch in Zukunft auf Spezialfracht, wie Pharmazeutika oder verderbliche Waren konzentrieren wolle. Dafür hatte die Fluggesellschaft im April letzten Jahres als erste Airline alle drei CEIV-Zertifizierungen der IATA für Pharmazie, Frischfleisch und lebende Tiere gleichzeitig erhalten. „In der Krise hat sich einmal mehr die Bedeutung der Luftfracht insbesondere für die Pharmalogistik gezeigt. Wir begrüßen es daher sehr, dass Turkish Cargo sich in diesem Bereich weiter spezialisieren will“, sagt Prof. Dr. Christopher W. Stoller, Präsident des Aircargo Club Deutschland.
Mit Blick auf die Zukunft sagte Turhan Özen, dass die Passagierflotte aufgrund des Rückgangs im touristischen Verkehr um zehn Prozent oder mehr schrumpfen werde, sodass auch die Kapazitätsengpässe im Belly-Bereich andauern werden. Die Frachterflotte sei von diesen Plänen jedoch nicht betroffen. Laut dem Cargo-Chef soll die Flotte sogar jährlich – je nach Marktentwicklung – um ein bis drei Frachter wachsen. Vor dem Ausbruch der Corona-Pandemie hatte Turkish Cargo sein globales Netzwerk mit mehr als 320 Destinationen ständig erweitert und bediente zuletzt 90 Destinationen mit Vollfrachtern. Hierfür erwäge der Frachtbereich der Turkish Airlines sogar die Ausgliederung in ein eigenständiges Unternehmen. „Wir haben eine Arbeitsgruppe eingerichtet, die derzeit alle Vor- und Nachteile einer eigenen Firma eingehend analysiert", erklärte Turhan Özen den interessierten ACD-Mitgliedern.
Über den ACD:
Der Aircargo Club Deutschland (ACD) wurde 1963 als branchenbezogene Interessens- und Diskussionsplattform zur Förderung des Luftfrachtverkehrs gegründet. Die rund 250 Mitglieder sind leitende Unternehmensvertreter der Luftfrachtbranche mit deutschlandweiter oder internationaler Verantwortung. Sie repräsentieren eine Wachstumsbranche, die Menschen, Länder und Industrien verbindet und den freien Welthandel ermöglicht.