Im Lichte der Corona-Krise berichten Hafen-Manager, Reeder und Dienstleister vom Rostocker Hafen über die akteuelle Lage vor Ort:
Gernot Tesch, ROSTOCK PORT: Einsatzfähig bleiben
„Aktuell läuft der Güterumschlag im Überseehafen Rostock noch relativ unbeeinflusst von der Corona-Krise. Im Fährverkehr ist das Aufkommen privater Passagiere zwar auf ein Minimum reduziert; das Frachtaufkommen läuft dagegen weiter auf einem hohen und kurzfristig sogar auf einem leicht erhöhten Niveau. Natürlich wird in den nächsten Tagen und Wochen sehr aufmerksam zu beobachten sein, wie sich zeitweise Werksschließungen (Stichwort Automobil- industrie) auf das Frachtaufkommen auswirken werden, denn Automotive-Teile stellen einen wichtigen Bestandteil des Fähr- und RoRo- Aufkommens dar. Es ist bekannt, dass Italien ein sehr wichtiges Aufkommens- und Zielgebiet von in Rostock umgeschlagenen Waren ist. Daher wird die Situation in Italien ebenfalls Einfluss auf das Rostocker Hafengeschehen ausüben. Zudem ist der gemeinsame Transport von Passagieren und Fracht eine wesentliche Grundlage für den rentablen Betrieb von Fährlinien. Anläufe von Kreuzfahrtschiffen finden derzeit nicht statt. Im Massengut- und Stückgutumschlag sind Auswirkungen derzeit nicht erkennbar. Natürlich kann ein geringerer Stromverbrauch, aber auch ein niedriger Öl- und Gaspreis Einfluss auf die Energieproduktion und damit den Umschlag im Hafen haben. Die sonstigen Umschlagssegmente sollten aber relativ stabil weiterlaufen. Insgesamt kommt es für einen weiterhin reibungslosen Verlauf der Transportketten vor allem darauf an, dass die in Produktion, Transport und Umschlag notwendigen Personen bei Verladern, Transport- und Umschlagunternehmen, Maklern und bei Rostock Port selber gesund und einsatzfähig bleiben. Deshalb unterstützen wir die angeordneten Maßnahmen der Behörden und haben Maßnahmen ergriffen, um den operativen Betrieb im Hafen bestmöglich sicherzustellen.“
Hafenkaptän Falk Zachau: Hoheitliche Aufgaben sicherstellen
Der Frachtverkehr und somit der Umschlag im Massen-/Flüssiggut und Ro/Ro-Segment pulsiert weiter, bestätigt auch Hafenkapitän Falk Zachau. Durch grenzpolizeiliche Regelungen gebe es bisher lediglich Einschränkungen im Personen-Fährverkehr. Vorkehrungen gegen Infektionsgefahren werden auf Grundlage des Infektionsschutzgesetzes von den lokalen Gesundheitsämtern angewiesen. Für die Schiffe gilt die Seegesundheitserklärung, sich 24 Stunden vor Anlaufen des Hafens zu melden. Diese ist von der Schiffsführung zu dokumentieren und weiterzuleiten. Gegenwärtig wird im Hafen grenzpolizeilich ein Einreiseverbot in die EU von Drittstaatangehörigen verfügt. Somit ist der Landgang für Besatzungsmitglieder aus Nicht-EU-Staaten ausgesetzt.
Karsten Lentz (Euroports): Besonderer Dank an die Mitarbeiter
„Als Euroports setzen wir derzeit zwei klare Prioritäten – den Schutz der Mitarbeiter und die Aufrechterhaltung des Geschäftes“, betont Euroports-Geschäftsführer Karsten Lentz. Dazu wurden umfassende Maßnahmen umgesetzt, die auch Einschränkungen für die Mitarbeiter mit sich bringen, unter anderem durch getrennte Pausen und Sperrung der Duschräume. Nur wenige Mitarbeiter können zu Hause arbeiten, da das Geschehen an der Kaikante und in den Terminals abläuft. Daher gelte besonderer Dank allen Mitarbeitern, die in der schwierigen Situation auch vor Ort dafür sorgen, dass der Hafenbetrieb weiter floriert. In der Umschlagspalette der verschiedenen Güter laufen insbesondere Getreide und Düngemittel auf hohem Niveau. Der Stückgutumschlag, insbesondere von Windkraftanlagen, stehe dem kaum nach. Allerdings bleibe abzuwarten, wie die Anlagenhersteller weiter agieren können. Die Schließung der MV Werften habe auch Auswirkung auf Euroports als Dienstleister. Der Ro/Ro-Verkehr laufe gut und Rostock Trimodal könne auf eine erfolgreiche Entwicklung verweisen, da die Auslastung der Züge stieg. Insgesamt, so Lentz, mache es sich bezahlt, dass Euroports sehr diversifiziert aufgestellt sei.
Michael Ott (RZU): Einschränkungen werden spürbar
Aktuell laufe noch alles in geordneten Bahnen, stellt auch Michael Ott, Geschäftsführer der Umschlagsgesellschaft RZU fest. Der Umschlag von Baustoffen sei konstant und ebenso der Umschlag von Düngemitteln saisonbedingt normal. Die Einschränkungen der gewohnten Abläufe aber wären spürbar. Als Agent beschränke man die Bordbesuche auf ein Minimum.
Anette Ustrup-Svendsen (Scandlines)
Weniger Pkw und viele Lkw führen dazu, dass Scandlines die Fahrpläne bis einschließlich zum 31. März ändert, berichtet Scandlines-Sprecherin Anette Ustrup-Svendsen. Auf der Linie Puttgarden-Rødby fahre die Reederei unter der Woche grundsätzlich im 40- Minutentakt, die Fähren „Holger Danske“ (die Gefahrgüter befördert) und die „Kronprins Frederik“ sind zur Unterstützung des hohen Lkw-Aufkommens im Einsatz. Auf der Relation Rostock-Gedser fahren weiterhin sowohl die „Berlin“ als auch die „Copenhagen“. Nachts gibt es jedoch weniger Abfahrten und in den nächsten beiden Wochen ist sonntags hier nur eine Fähre im Einsatz. Scandlines habe das Frachtvolumen (täglich sind das etwa 2000 Lkw, am Wochenende etwas weniger) im Blick und justiere dem Bedarf entsprechend die Fahrpläne weiter. An Bord sind sowohl Mitarbeiter als auch Kunden aufgefordert, die Empfehlungen der Gesundheitsbehörden zu befolgen.
Tim Kötting (Stena Line): Mit Rückgängen demnächst gerechnet
Unter Einhaltung der Sicherheitsvorschriften und Hygienemaßnahmen zum Schutz der Passagiere und Mannschaften tue auch Stena Line derzeit alles, um die wichtigen Versorgungswege über die Ostsee aufrecht zu erhalten, teilt Tim Kötting, PR- Sprecher für Stena Line mit. Die Routen Kiel- Göteborg und Rostock-Trelleborg werden weiter regelmäßig bedient, und Stena Line transportiert sowohl Fracht als auch eingeschränkt Passagiere. Die Frachtzubringer und -abläufe funktionieren wie gehabt, und derzeit habe man ein hohes Frachtaufkommen. Wegen der allgemeinen wirtschaftlichen Entwicklungen und Produktionsschließungen werde aber mit einem Rückgang in absehbarer Zeit gerechnet. Im Passagiersegment nutzen derzeit vor allem Berufspendler die Fähren, sowie all jene, die in ihr Heimatland zurückkehren.
Absage von Rostocker Hafengeburtstagsfeiern am 1. Mai 2020
Die für den 1. Mai 2020 geplanten Hafengeburtstagsfeiern der beiden Rostocker Häfen, Fracht- und Fischereihafen und Überseehafen, wurden aufgrund der aktuellen Entwicklung durch die Covid-19-Pandemie und im Hinblick auf die Sicherheit und Gesundheit von Besucherinnen und Besuchern abgesagt. Das gaben die Geschäftsführungen der Rostocker Fracht- und Fischereihafen GmbH (RFH) und der ROSTOCK PORT GmbH bekannt. Der RFH wird in diesem Jahr 70 Jahre und der Überseehafen 60 Jahre alt.