Vor 20 Jahren waren Speditionen und Logistikunternehmen noch weit davon entfernt, sich zu digitalisieren. Wie kamen Sie auf die Idee, digitale Produkte für eine noch analoge Branche zu entwickeln?
Neben meinem Studium der Betriebswirtschaft habe ich gemeinsam mit ein paar Freunden die Microsoft Infohotline bei der Firma Johann Weiss GmbH betreut. Wie man schon erahnen kann, saßen wir in einer Logistikhalle und hatten Zugang zu Technologie, also Microsoft-Software. Wir Studenten wurden dann von den Lagerarbeitern gebeten, eine kleine und einfache IT-Lösung zu programmieren. Wenn ein Paket reinkam, sollte der Barcode eingescannt und das Datum sowie Mitarbeiter und Lagerstellplatz erfasst werden. Wir haben das programmiert und aus dem Ganzen heraus haben wir dann zu dritt eine Firma gegründet. Das war 1997. Dann kam einmal der Geschäftsführer von Johann Weiss, Michael Weiss, zu uns mit einer Idee: Er wollte das, was die Paketdienste machen, für das Stückgut-Geschäft umsetzen, also nicht nur Pakete, sondern auch palettierte Ware digital erfassen. Das Budget war klein, also haben wir beschlossen, einen Server hinzustellen und übers Web zu arbeiten. Das heißt, man musste nur den Browser öffnen, den Scanner anstecken und die Pakete scannen – fertig. Das war zu dem Zeitpunkt natürlich revolutionär und eigentlich damals schon eine Cloudlösung, ohne dass man es als solches bezeichnet hat. Aber es ermöglichte eine unheimlich große Flexibilität. Und aufgrund dieses Projekts ist dann shipping.NET entstanden – eine komplette Logistik-Plattform, die jetzt bei mehr als 200 Kunden im Einsatz ist. Großen Antrieb hat uns natürlich die Nachfrage gegeben: Alle wollten mehr Digitalisierung und eine Paketverfolgung. So konnten wir wachsen.
Das ist eine recht beachtliche Entwicklung. Bleiben wir kurz in der Vergangenheit. Sie hatten nun die Applikation quasi als Visitenkarte. Wie verlief dann die Kundensuche?
Es war natürlich schwierig, weil wir so klein waren und uns die Kunden deswegen nicht vertraut haben. Einer der ersten Kunden war Systempo, und mit jedem neuen Kunden haben wir mehr Glaubwürdigkeit auf dem Markt bekommen. Für uns war es dann ein Meilenstein, dass uns 2007 die Firma Kika & Leiner auserkoren hat. Mit einem Branchenriesen wie Kika & Leiner auf der Referenzliste wurde es dann viel einfacher. Davor haben wir uns oft blutige Nasen geholt.
Was haben Sie für Kika & Leiner umsetzen dürfen?
Anfangs ging es um ein Versandprojekt in den Mittleren Osten. Sie haben eine einfache Scan-Lösung gebraucht. Mittlerweile machen wir relativ viel für Kika & Leiner. Aber das ist zum Beispiel auch etwas, das ich mit blutigen Nasen meine. Bevor man einen Großkunden gewinnen kann, wird immer die Frage gestellt, ob man als Kleinunternehmen ein großes Projekt stemmen kann. Es wird gefragt, wie lange es das Unternehmen gibt und was passiert, wenn der Geschäftsführer ausfällt. Und mit zunehmender Größe verschwinden die Fragen – vor allem auch, weil wir jetzt die Österreichische Post als Kunden gewonnen haben und im Jahr Millionen von Paketen verschicken. Seitdem haben wir die Themen Glaubwürdigkeit oder Verlässlichkeit nicht mehr.
Auch die Produktpalette, die Sie anbieten, hat sich in den letzten 20 Jahren erweitert. Was ist dazugekommen?
Wir haben über die Jahre Erfahrungen gemacht in der Logistik und haben in Wirklichkeit das Handwerk von Grund auf gelernt. Als dann Michael Weiss noch eine andere Idee hatte, war die Basis für shipping.NET gelegt. Johann Weiss hat eine Versandlösung für seine Kunden gebraucht. Die haben wir aber gleich so gebaut, dass sie nicht nur für diesen einen Logistiker passt, sondern verschiedenste Carrier abbilden kann. Sprich: Wir konnten eine Sendung erfassen, die mit GLS, DPD, UPS, FedEx etc. verschickt wurde. Wir haben sehr abstrakt modelliert und konnten dann verschiedene konkrete Zustellsysteme anbinden, und das ist auch noch heute immer unser Zugpferd. So ist shipping.NET entstanden. Und dann sind über die Zeit mehrere Module hinzugekommen, zum Beispiel das Speditionsmodul mit Frachtkostenverrechnung oder das Lagermodul.
Und wie hat sich das Geschäft in dieser Zeit entwickelt?
Wir wachsen jedes Jahr ordentlich, was den Umsatz betrifft. Wir reinvestieren das Geld aber in weitere Mitarbeiter oder in Technologieumstellungen, damit wir immer am neuesten Stand sind. Wir haben ein organisches Wachstum. Soll heißen: Nicht wir forcieren unsere Software ins Ausland, sondern unsere Kunden, weil diese ja auf allen Kontinenten Niederlassungen haben und dort unsere Lösungen nutzen. Aber unser Kerngeschäft liegt eindeutig in Österreich, wo wir zwischen 80 und 90 Prozent des Umsatzes erzielen.
Welche Trends spüren Sie aktuell?
Der neue Trend geht in Richtung Zwei-Mann-Logistik. Logistiker haben erkannt, dass sie Mehrwert anbieten können: Sie liefern den Geschirrspüler nicht nur aus, sondern installieren diesen auch und nehmen den alten sogar noch mit. Das ist ein Trend und dafür braucht es auf der Planungs-Seite auch eine andere Logistik, weil solche Zusatzdienstleistungen mehr Zeit benötigen. Das stellt ja wieder andere Anforderungen an die Tourenplanung.
Ein anderer sehr wichtiger Trend ist die Nachhaltigkeit. Welche Schritte setzen Sie in diese Richtung?
Wir schauen, dass wir sehr umweltbewusst agieren. Unsere Mitarbeiter erhalten gratis das Metropolticket für Wien, Niederösterreich und das Burgenland. Zudem arbeiten wir an unseren Prozesse. Es klingt vielleicht ein bisschen verwunderlich, aber auch die IT muss sich selbst digitalisieren. Wir optimieren zum Beispiel gerade unsere Produktionsprozesse: Von der Erstellung der Anforderungen, der Angebotslegung bis hin zur Projektkontrolle soll alles digitalisiert(er) werden, damit alle Prozesse noch flüssiger und dadurch kosteneffizienter laufen.
ondot solutions ist heuer auf der LogiMat und transport logistic vertreten. Gibt es News, die Sie präsentieren werden?
Das sind für uns zwei der wichtigsten Messen und wir nutzen sie für die Kundenpflege. Es ist für uns wichtig, dort anwesend zu sein und Flagge zu zeigen. Und natürlich nehmen wir pro Messe Kundenprojekte mit, die wir dann herzeigen.