Die Wirtschaft in Österreich floriert und beschert der heimischen Logistikbranche steigende Volumina. Das betrifft sowohl den Land- als auch den See- und Lufttransport. Das ist die erfreuliche Seite der Entwicklung, doch jedes Medaillon hat bekanntlich zwei Seiten. Die weniger erfreuliche Nachricht ist, dass Engpässe beim Personal (zum Beispiel Lkw-Fahrern), Umschlagflächen und Ressourcen bei den Carriern spürbar werden. Das wiederum schlägt sich in höheren Kosten nieder. Verkehr hat sich in der Branche umgehört und der Tenor lautet: Es läuft nicht schlecht, doch die Margen stehen unter Druck, weil die Preise nicht im gleichen Maß auf dem Markt durchsetzbar sind, wie die Kosten steigen.
Rail Cargo Group
"Das Jahr 2018 ist für die gesamte Logistikbranche herausfordernd. Trotzdem werden wir auch heuer wieder ein klar positives Ergebnis im mittleren zweistelligen Bereich verbuchen", kündigt Clemens Först, Sprecher des Vorstands der Rail Cargo Group (RCG), gegenüber Verkehr an. Dieser Erfolg sei möglich, weil die Wirtschaft weiterhin gesund wachse und es der RCG 2018 gelinge, die Mengen deutlich über dem Wirtschaftswachstum zu steigern, ergänzt der Manager. Auch wenn die RCG "im Vergleich zu vielen anderen Güterbahnen noch Gewinne schreibt, befinden wir uns an einem kritischen Punkt: Die Margen sind niedrig", so das Fazit von Först. Gleichzeitig sind massive Investitionen notwendig. Zum Beispiel müsste in die Ausbildung von Triebfahrzeugführern, in den Bereich Digitalisierung sowie in die Anschaffung von neuen Lokomotiven und Waggons investiert werden. "Das heißt für uns, dass wir einerseits weiterhin jeden erdenklichen internen Hebel in Bewegung setzen müssen und andererseits im hohen einstelligen und oft im zweistelligen Bereich die Preise erhöhen werden", avisiert Först den Güterbahnkunden.
Etablierter Anbieter
Einige Beispiele zeigen, dass sich die RCG als führender End-to-End-Schienenlogistiker in Europa etabliert hat. Neue Produkte wie eine Shuttle-Verbindung für konventionelle Wagenladungen zwischen dem Ruhrgebiet und Österreich werden gut vom heimischen Markt aufgenommen. RCG hat in diesem Jahr seinen Eigenproduktionsradius in Deutschland weiter ausgedehnt und das Operator-Netzwerk systematisch erweitert. Först: "Wir sind seit 2017 über die europäischen Grenzen hinweg erfolgreich unterwegs." Die Verkehre zwischen Asien und Europa laufen regelmäßig, und in diesem Jahr werden es 400 Zügen werden, die auf dieser Relation auf der Schiene rollen werden. 2018 wurde auch der innovative Plattformwaggon TransANT entwickelt, dessen Konzept einen neuen Standard am Güterverkehrsmarkt setzt. TransANT bietet einen Zuladungsvorteil von bis zu vier Tonnen und ist durch seine flexiblen Aufbauten sowohl für verschiedene Branchen als auch gleichzeitig im Einzelwagenverkehr einsetzbar.
Zukunftsfähigkeit
Mit Blick auf 2019 wird RCG grundsätzlich die Wachstums- und Internationalisierungsstrategie fortsetzen und den Fokus verstärkt auf das Thema Zukunftsfähigkeit richten. Darunter sind Investitionen für die Kunden in der verladenden Wirtschaft zu verstehen, aber auch Investitionen sowohl in Triebfahrzeuge inklusive Triebfahrzeugführer als auch in den Wagenpark. Außerdem sollen 2019 massiv Digitalisierungsmaßnahmen gefördert werden. Bis Ende 2020 werden rund 13.700 RCG-Waggons mit GPS ausgestattet sein, was den Kunden zugute kommt und die betriebsinterne Produktivität erhöht. Diese Investitionen in die Zukunftsfähigkeit müssen aber zuerst einmal verdient werden. "Wir setzen auf das Verständnis unserer Kunden bei den anstehenden Preiserhöhungen", so Först. Die von China forcierte "Neue Seidenstraße" sieht man bei der RCG als eine große Chance für Österreich und Europa. Österreichs Wirtschaft könne dadurch besser und direkter von einem riesigen und zum Teil rasch wachsenden Markt profitieren. Die RCG sei bereits erfolgreich in diesen neuen Markt vorgedrungen und auf allen drei Seidenstraßenrouten land- und seeseitig aktiv, betont Först.
Musterland Österreich
In Sachen verkehrspolitischer Nachhaltigkeit sei Österreich ein Musterland. Generell profitieren nicht nur alle im Schienengüterverkehr tätigen Eisenbahnverkehrsunternehmen (EVU), sondern auch die heimische Bevölkerung von den guten verkehrspolitischen Rahmenbedingungen. Die moderne Infrastruktur, Terminalförderungen oder auch Beihilfen für den Schienengüterverkehr zeigen ihre Wirkung: Der Anteil der Bahn am Modal Split im Güterverkehr liegt in Österreich bei rund 30 Prozent, in Europa bei rund 18 Prozent. Doch so rosig, wie es scheint, ist die Bahnwelt nicht, weil unterschiedliche betriebliche, infrastrukturelle und technische Standards große Herausforderungen für den grenzüberschreitenden Bahnverkehr bedeuten. Hier gelte es, länderübergreifende einheitliche Voraussetzungen zu schaffen. Eine große Zahl von Güterbahnen habe deshalb gemeinsam eine europäische Strategie für den Schienengüterverkehr entwickelt mit dem Ziel, den Anteil der Schiene am europäischen Güterverkehrsmarkt auf 30 Prozent zu erhöhen. Först: "Die RCG agiert dabei als treibende Kraft." Der digitale Umbruch verändert auch die Welt der Logistik. Die Digitalisierung wird bei der RCG als Chance gesehen, multimodale Verkehrskonzepte einfach und für die breite Masse der Versender zugänglich zu machen. Bahnintern bietet sie die Chance, die Prozesse und Kundenschnittstellen zu optimieren und damit die Wettbewerbsfähigkeit weiter auszubauen. Die große Herausforderung für die Bahn ist, mit der Innovationsgeschwindigkeit der Straße mitzuhalten. "Dort werden neue Technologien wie Platooning und das autonome Fahren die Kosten deutlich senken", schätzt Först die Entwicklung ein.