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EU-Abstimmung zum Lieferkettengesetz

Foto: Unsplash / Guillaume Périgois
Foto: Unsplash / Guillaume Périgois

Das EU-Parlament hat am 1. Juni 2023 in Brüssel seine Position zum sogenannten Lieferkettengesetz festgelegt. Im Plenum wurde über den Vorschlag für ein EU-Lieferkettengesetz (Corporate Sustainability Due Diligence-Richtlinie) abgestimmt und dieser mehrheitlich angenommen.

Um zu verhindern, dass zur Gewinnmaximierung gegen Menschenrechte oder auch Umweltstandards verstoßen wird, sollen große europäische Unternehmen künftig Produktionsbedingungen ihrer weltweiten Lieferketten ins Visier nehmen. Nach Vorstellung des EU-Parlaments sollen die neuen Regeln auch für Firmen mit mehr als 250 Mitarbeitern sowie für den Finanzsektor gelten.
Aus Sicht der Wirtschaft kann dabei das letzte Wort noch nicht gesprochen sein - die Industriellenvereinigung und die Wirtschaftskammer Österreich nehmen Stellung:

WKÖ: „EU-Lieferkettengesetz braucht noch Nachbesserungen“
„Die österreichischen Unternehmen und die Wirtschaftskammer unterstützen das Vorhaben, dem nachhaltigen und sozial verantwortungsvollen Wirtschaften, wie es in Europa seit jeher praktiziert wird, zu globaler Geltung zu verhelfen. Das darf allerdings nicht zum Bumerang für den Wirtschaftsstandort Europa werden. Staatliche Hoheitsaufgaben können nicht einfach auf die Unternehmen abgewälzt werden“, sagt Karlheinz Kopf, Generalsekretär der Wirtschaftskammer Österreich (WKÖ).

Überarbeitung dringend erforderlich
Tatsächlich bezieht sich der Entwurf für das EU-Lieferkettengesetz auf internationale Abkommen, deren Adressaten Staaten sind. Die Übertragung dieser unbestimmten Regelungen auf Unternehmen wäre höchst problematisch. Der Entwurf bedarf deshalb in den Trilog-Verhandlungen, die nächste Woche starten sollen, einer eingehenden Überarbeitung. „Wir appellieren insbesondere an die verhandelnden Mitgliedstaaten im Rat, sich für einen praktikablen und verhältnismäßigen Rechtsrahmen einzusetzen. Die EU muss als zukunftsfähiger und wirtschaftsfreundlicher Standort erhalten bleiben“, fordert Kopf.

Wenige Verbesserungen bislang
Im Richtlinienentwurf des Europäischen Parlaments konnten zwar einige Verbesserungen erreicht werden. So ist ein risikobasierter Ansatz umgesetzt: Demnach dürfen Unternehmen die Wahrscheinlichkeit von Verfehlungen in ihren Lieferketten abwägen und entsprechende Kontrollschwerpunkte setzen. Der Entwurf ist nun besser mit anderen EU-Vorgaben zur nachhaltigen Unternehmensführung abgestimmt.

Sorgfaltspflichten sogar ausgeweitet
Allerdings gab es auch Verschärfungen, welche die Wirtschaftstreibenden schwer belasten würden. So wurde der Umfang der Sorgfaltspflichten sogar noch ausgeweitet, kritisiert Kopf: „Dabei ist völlig klar, dass Betriebe nur im unmittelbaren Wirkungsbereich ihres Unternehmens Einfluss ausüben können. Die Sorgfaltspflichten können sich keinesfalls auf globale Wertschöpfungsketten erstrecken. Das wäre weltfremd und würde die Betriebe bürokratisch überfrachten.“ Wie die Praxis zeigt, werden solche Anforderungen in den Liefernetzwerken zudem weitergereicht: Das wäre für Zulieferer großer Unternehmen, unter denen sich in Österreich besonders viele KMU befinden, enorm belastend.

Praktikable Lösung mit Augenmaß
Nachbesserungsbedarf gibt es auch beim Kreis der betroffenen Unternehmen, der Haftung von Geschäftsführern und beim Strafrahmen. „Wir setzen auf eine praxistaugliche Lösung mit Augenmaß, die gleiche Wettbewerbsbedingungen und Rechtssicherheit bietet und die EU als Wirtschaftsstandort absichert“, so Kopf abschließend. 

Industriellenvereinigung: Vergebene Chance für vernünftige Lösungsoptionen
Selbstverständlich befürwortet die Industrie die Intention, verantwortungsvolles und nachhaltiges Verhalten von Unternehmen in ihren internationalen Geschäftsbeziehungen zu fördern.

Ungerechtfertigt in der Pflicht
Die heutige Abstimmung über das Lieferkettengesetz im Europäischen Parlament fiel jedoch zu Ungunsten der Unternehmerinnen und Unternehmer in Österreich und Europa aus. Gut gemeint ist nicht immer gut gemacht – überlappende Regelungen und weitreichende Belegpflichten erschweren wirtschaftliches Handeln und nehmen Unternehmerinnen und Unternehmer in ungerechtfertigte Pflicht. Denn durch das verabschiedete Gesetz müssen Unternehmen in Österreich und Europa für Versäumnisse der Politik in Drittstaaten haften, das ist für unsere Betriebe kaum administrierbar.

Hoffnung auf Nachbesserung
Die eingebrachten und konstruktiven Versuche durch diverse Abänderungsanträge den Gesetzesvorschlag näher an der tatsächlichen Realität zu gestalten, wurden abgeschmettert. Die Industrie hofft daher auf deutliche Nachbesserungen, konkret in den Bereichen Vollharmonisierung, Berichtspflichten, Haftung und Strafen, in den folgenden (Trilog-) Verhandlungen.


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