Die Agenda Bahnindustrie Frauen* hat zum ersten Mal den Bahnindustrie Award in zwei Kategorien vergeben. Ausgezeichnet wurden Expertinnen für herausragende Innovationen und zukunftsweisende Projekte sowie Unternehmen, mit einem besonderen Engagement für Frauen* in der Bahnindustrie. Interessierte konnten ihre Projekte in den Kategorien „Einzelpreis“ oder „Unternehmenspreis“ bis Ende September einreichen.
Die Jurorinnen TU-Vizerektorin Anna Steiger, Hatun Atasayar vom Kuratorium für Verkehrssicherheit, sowie Romana Rotschopf, stv. Büroleiterin von Stadträtin Kaup-Hasler und Projektverantwortliche GenderAlp, waren von den über 30 nationalen und internationalen Einreichungen beeindruckt. „Die Auswahl der Besten“, so Steiger, „war nicht gerade leicht. Es war aber nicht nur die enorme Qualität der Projekte, die auffiel, vor allem die unglaubliche Kreativität der Projektpräsentation war wirklich großartig.“
Beim Einzelpreis waren daher gleich zwei Einreichungen erfolgreich. Vera-Valerie Capek-Krautgartner von ÖBB Rail Cargo wurde für ihre Leistungen rund um die „Digitale automatische Kupplung“ ausgezeichnet. „In Europa werden Güterwagen noch immer überwiegend mit Schraubenkupplungen per Hand gekuppelt. Mit einer DAK (digitalen automatischen Kupplung) kann automatisch die mechanische, pneumatische und Strom- und Datenverbindung hergestellt werden. Die DAK bildet die Grundlage für eine Vielzahl an Applikationen für Reisende, wirtschaftlichen Betrieb und optimierte Instandhaltung. Sie ist Wegbereiterin für die Digitalisierung und Automatisierung des europäischen Bahnsystems und ist damit die Voraussetzung, um den Anteil des intelligenten Schienengüterverkehrs europaweit signifikant zu erhöhen und die Ziele des Green Deals zu erreichen“, so die Siegerin. In der Bahnindustrie wünscht sich Capek-Krautgartner „mehr Frauen, sodass ich im Meeting nicht dadurch auffalle, eine oder gar die einzige Frau im Raum zu sein.“ Mit ihr freute sich Karin Tausz, Strategiechefin der ÖBB-Infrastruktur AG, die bei der Verleihung dabei war.
Auch der zweite Einzelpreis ging an eine Mitarbeiterin der ÖBB. Michaela Haberler-Weber, F&E Verantwortliche in der ÖBB Infrastruktur AG, wurde für das Projekt „Greenlight“ ausgezeichnet. „Bei „Greenlight“ geht es um die hochgenaue und sichere Positionierung von Zügen. Jede Sekunde werden die Koordinaten der bislang 1500 ausgerüsteten Triebfahrzeuge in die Zentrale übertragen und vielfältig verwendet. Die Weiterentwicklung zu einer für den Bahnbetrieb zugelassenen ausfallssicheren Positionierung läuft bereits. Dies wird es künftig ermöglichen, mehr Kapazitäten am bestehenden Infrastrukturnetz zu schaffen, aber auch langfristig Kosten zu reduzieren und macht zukünftige Methoden der Betriebsführung, zum Beispiel „Moving Block“, erst möglich“, freut sich die ex aequo-Siegerin. Haberler-Weber teilt die Erfahrung von Capek-Krautgartner, ist aber auch davon überzeugt, dass „die neuen, spannenden Technologien sicher junge Frauen ansprechen und diese für einen technischen Beruf begeistern.“
Unternehmenspreis an die Wiener Linien
Der Unternehmenspreis ging an die Wiener Linien für ihr Umschulungsprogramm FIT (Frauen in Technik) und wurde von Geschäftsführerin Alexandra Reinagl und Silke Neubauer entgegengenommen. „Mit dem Projekt FIT wollen wir mehr Frauen den Weg in einen technischen Beruf zu ebnen. Die Wiener Linien wollen so nicht nur Chancen eröffnen, sondern auch die Diversität im Unternehmen steigern und einer „Gender Balance“ - auch in der Abteilung „Fahrzeugtechnik“ - näherkommen“, beschreibt Silke Neubauer die Zielsetzung der ausgezeichneten Initiative.
Bei ihrer Key Note betonte die international erfolgreiche Mobilitätsforscherin Katja Schechtner, die derzeit am renommierten Massachusetts Institute of Technology (MIT) tätig ist, wie wichtig es ist, Innovationen auch sichtbar zu machen. „Jede Innovation, die uns vorwärts bringt, müssen wir jetzt angehen, denn wir müssen jetzt das Gute tun, um irgendwann das Bessere zu erreichen!“, sagt Schechtner.
Die beiden Gründerinnen des Netzwerks Agenda Bahnindustrie Frauen*, Sigrid Lumetsberger und Traude Kogoj waren überwältigt vom großen Interesse am Award. „Wir wissen, dass es in unserer Branche noch zu wenige weibliche Führungskräfte und Gestalterinnen gibt. Mit der Agenda Bahnindustrie Frauen* bieten wir Frauen eine Plattform sich zu vernetzen, Informationen auszutauschen und miteinander den Sektor zu gestalten. Um Mobilität der Zukunft zu gestalten braucht es ein Gleichgewicht der Nutzerinnen und Gestalterinnen der Produkte der Bahnbranche. Es gibt viele notwendige Innovationen, die bereits von Frauen initiiert und erfolgreich zur Umsetzung gebracht werden. Mit dem Award hat die Agenda Bahnindustrie eine Auszeichnung geschaffen, diese Innovationen und die Personen dahinter hinter dem Vorhang hervor zu holen.“, so Lumetsberger. Für Traude Kogoj war es längst an der Zeit, einen Award wie diesen ins Leben zu rufen. „Die Bahnindustrie in Österreich hat eine hohe Wertschöpfung. Rund 10.000 Personen arbeiten in dieser Branche, gestalten sie und erwirtschaften jährlich einen Umsatz von über drei Milliarden Euro. In diesem Sektor arbeiten viele Expertinnen, die den Fortschritt in Richtung klimafreundliche, inklusive Mobilität vorantreiben. Und diesen Game Changerinnen ist unser Award gewidmet.“
Der 1. Bahnindustrie Award, gestaltet von Hanna Kucera, wurde im Rahmen der Kooperationsveranstaltung „Innovationskraft Eisenbahn“ mit dem Bundesministerium für Klimaschutz, Umwelt, Energie, Mobilität, Innovation und Technologie (BMK) gemeinsam mit der Österreichischen Forschungsförderungsgesellschaft (FFG) und in Kooperation mit dem Klima- und Energiefonds sowie der Agenda Bahnindustrie Frauen* vergeben. Die Veranstaltung stand unter dem Motto „Erreichtes würdigen, Herausforderungen annehmen“ – ein rundum passendes Motto, auch für die vielen tollen Projekte, die während des Tages präsentiert wurden und so die Innovationsleistung des österreichischen Bahnsektors auf nationaler und europäischer Ebene sichtbarmachen.