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Zwei Generationen Frauenpower

Fotos: Wenzl / Anna & Moses
Seit nahezu 30 Jahren ist Ingrid Wenzl (li.) in der Logistik-Branche tätig, Tochter Kerstin Wenzl stieg 2018 in das Familienunternehmen ein.
Fotos: Wenzl / Anna & Moses

Ingrid Wenzl und ihre Tochter Kerstin sprechen im Interview mit Verkehr über wichtige Werte und berichten von ihren Plänen für das Familienunternehmen – die Wenzl Gruppe.

Wie sind Sie zur Logistik ­gekommen und was hat Sie bewegt, als Frauen in dieser Branche zu arbeiten?
Ingrid Wenzl: Ich hatte ursprünglich mit Logistik nichts am Hut und bin durch die Liebe in der Branche gelandet. Meine Familie kommt aus dem Weinbau, das bedeutet, ich bin schon in einer Männerdomäne aufgewachsen. Ich kenne also weder Berührungsängste noch hatte ich das Gefühl, mich beweisen zu müssen. In das Transportunternehmen bin ich dann ­hineingewachsen. Mein Mann und ich haben vor 30 Jahren mit drei Lkw aus dem Gemüsegroßhandel der Schwiegereltern begonnen, haben das Unternehmen Schritt für Schritt weiterentwickelt und verfügen heute über einen Fuhrpark von mehr als 100 Fahrzeugen. Ich war viele Jahre im Tagesgeschäft tätig und finde, dass weibliche Einflüsse einen positiven Effekt haben. Frauen haben zu gewissen Themen einfach einen anderen Zugang. Sie sind beispielsweise diplomatischer im Umgang mit Menschen. Mir war auch immer besonders wichtig, für die Anliegen der Mitarbeiter ein offenes Ohr zu haben.
Kerstin Wenzl: Ich bin 2018 zusammen mit meinem Bruder in das Unternehmen eingestiegen. Bei uns war der Weg in die Logistik durch die Eltern natürlich naheliegend. Ich habe auf der WU ein Logistikstudium abgeschlossen.
Wir sind in unserer Firma als Familie zu viert sehr gut aufgestellt, denn jetzt kann jeder von uns seine Stärken am besten einbringen. Grundsätzlich war die Tatsache, dass die Logistik eine Männerdomäne ist, für mich niemals ein Thema. Ich denke, wenn man an eine Sache mit ehrlichem Interesse und mit Begeisterung herangeht, dann macht das Geschlecht keinen Unterschied. Das erlebe ich nicht nur bei den Mitarbeitern, sondern auch bei unseren Kunden. Da geht es vielmehr um langfristige Zusammenarbeit und Vertrauen.

Wie sieht es bei Ihnen in ­Sachen Fahrermangel aus?
Ingrid Wenzl: Natürlich merken wir das auch. Wir haben unter unseren 150 Mitarbeitern aber sehr viel „Stammpersonal“, also Mitarbeiter, die bereits seit über 20 Jahren im Unternehmen arbeiten. Da herrscht ein gutes Vertrauensverhältnis. Gerade unsere Fahrer, die täglich als Repräsentanten unseres Unternehmens und unserer Auftraggeber unterwegs sind, haben immer unseren Rückhalt. Weil wir zu unseren Mitarbeitern langfristige Beziehungen pflegen und unsere Zuverlässigkeit als Arbeitgeber sehr geschätzt wird, dürfte sich dieser gute Ruf in der Branche herumgesprochen haben. Das heißt, dass die Fahrer selbst für unser Unternehmen Werbung machen. Diese Mundpropaganda hilft uns enorm weiter.

Was sind die Hauptstandbeine des Unternehmens?
Ingrid Wenzl: Der Mix Spedition – Industrie – Lebensmittel und Handel hat sich langfristig bewährt. Die Pandemie hat gezeigt, wie wichtig es ist, die Nahversorgung aufrechtzuerhalten. Plötzlich haben damals Unternehmen bei uns angefragt, mit denen wir vorher gar keine Geschäftsbeziehung hatten. Wir sind branchenmäßig recht breit aufgestellt – das ist eine Strategie, die sich in der Vergangenheit immer bewährt hat. Wir machen zum Beispiel auch Kühllogistik und sind ebenso in der Pharmalogistik tätig.

Wie sehen die Zukunftspläne für das Unternehmen aus?
Ingrid Wenzl: Ich bin froh, dass ich mich mit dem Einstieg meiner Kinder in das Unternehmen aus dem Tagesgeschäft zurückziehen konnte und nur noch ­beratend zur Seite stehe. Und es wird auch irgendwann an der Zeit sein, das Geschäft offiziell an die nächste Generation zu übergeben und mit meinem Mann nach den vielen Jahren der Aufbauarbeit und Verantwortung noch eine gute Zeit zu genießen. Die Zukunft wird meiner Meinung nach – besonders, was die Antriebe anbelangt – eine echte Herausforderung. Da kommen ganz spannende Zeiten, vor allem für die kommende Generation, auf uns zu. Wir haben im Raum Wien bereits einige E-Fahrzeuge im Einsatz – die Innenstadt wird nur mehr mit kleinen E-Sprintern beliefert. Wir bekommen jetzt auch die erste E-Zugmaschine mit E-Kühlaufleger, die noch im heurigen Jahr eingesetzt werden soll. Da sind die Investitionen natürlich viel höher als bei normalen Dieselfahrzeugen, und das muss sich auch nachhaltig rechnen.
Kerstin Wenzl: Wir wollen das Unternehmen einmal so gut aufgestellt übergeben, wie wir es übernehmen dürfen. Deshalb ist – neben dem Dauerthema Digitalisierung – für uns auch die Nachhaltigkeit von großer Bedeutung. Wenn ich mir überlege, wie rasant sich Technologien allein in den letzten Jahren weiterentwickelt haben, dann stellt sich schon die Frage, was in den kommenden 20 Jahren noch alles möglich sein wird, bis die nächste Generation herangewachsen ist. Wir werden gerade im Transportbereich auch sicherlich mit einigen Herausforderungen konfrontiert werden. Aufgrund der kurzen Entscheidungswege im Familienunternehmen sind wir beim Einsatz neuer Technologien auch immer sehr früh dabei. Wir haben bereits als eines der ersten Transportunternehmen unsere Fahrzeuge mit Telematik-Systemen ausgestattet und bieten unseren Kunden seit über zehn Jahren Echtzeitüberwachungen für diverse Parameter an.

Die Wenzl Group setzt auf einen Mix aus Spedition, Industrie, Lebensmittel und Handel. Aufgrund der kurzen Entscheidungswege im Familienunternehmen kommen neue Technologien wie unter anderem Elektro-Fahrzeuge oder Telematiksysteme sehr früh zum Einsatz.

 


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