Herr Böntner, Sind Sie schon in Vorweihnachtsstimmung?
Von Vorweihnachtsstimmung ist keine Spur. Im Gegenteil, wir sind gerade mitten in den Tarifverhandlungen für das kommende Jahr. Dieses Jahr kommt noch erschwerend dazu, dass die ständigen negativen Schlagzeilen über die schlechte Entwicklung unserer Wirtschaft zu einer entsprechenden negativen Erwartungshaltung für das nächste Jahr führen. Wir merken schon seit dem Sommer, dass das Geschäft rückläufig ist, und zwar auf hohem Niveau, weil die letzten Jahre so gut gelaufen sind. Es ist für uns sehr schwer, die steigenden Kosten entsprechend weiterzugeben. Das Wort „sparen“ hat im allgemeinen Sprachgebrauch der Logistikwelt wieder Einzug gehalten. Und obwohl beispielsweise die Kollektivvertragsverhandlungen und die damit verbundenen Streiks von allen beobachtet werden, ist das Verständnis für die Steigerung unserer Personalkosten nur sehr gering.
Welche Auswirkungen hat die aktuelle Wirtschaftslage auf die Logistik?
Alles, was die Logistik in den letzten drei Jahren an Renommee aufgebaut hat, ist derzeit wieder Geschichte. Die Kunden erwarten die gleiche hohe Qualität, aber zu einem geringeren Preis. Die Situation ist eigentlich wieder genau gleich, wie sie vor der Pandemie war.
Natürlich verstehe ich auch die Situation unserer Kunden, denn diese tun sich schwer, marktkonforme Preise an den Endkunden weiterzugeben. Fakt ist, wir befinden uns in einer Negativspirale und wir können jetzt schon sehen, dass sich dieser Trend im kommenden Jahr fortsetzen wird.
Auch der Preiskampf innerhalb der Logistikbranche hat seit dem Sommer wieder zugenommen, und Themen wie Nachhaltigkeit bleiben dabei als Erstes auf der Strecke. Ich bin aber der Meinung, dass wir als Branche trotzdem nicht in die Panik verfallen sollten, überall der Billigstanbieter sein zu müssen und zu Dumpingpreisen zu arbeiten. Wir haben Jahre gebraucht, um uns preislich in eine Richtung zu entwickeln, die für uns unternehmerisch gut vertretbar war. Und das sollten wir jetzt nicht aufs Spiel setzen.
In unserem letzten Gespräch haben Sie vom Boom bei den Speicherbatterien für PV-Anlagen erzählt. Wie hat sich dieses Thema weiterentwickelt?
Dieser Trend hat sich auch heuer weiter fortgesetzt. Nur hat sich die Situation insoweit entspannt, weil wir wieder kontinuierlich beliefert werden und nicht wie in den Zeiten der Supply-Chain-Krise nach Wochen oder Monaten der Lieferengpässe die ganze Ware auf einmal erhalten. Da hat sich die Situation in den Lieferketten eindeutig gebessert. In diesem Geschäftsbereich haben wir auch weiterhin positive Entwicklungen. Dafür haben aber andere Bereiche deutlich nachgelassen. Während in den letzten Jahren über sämtliche Geschäftsfelder hinweg gleichzeitig ein deutliches Wachstum zu sehen war, hat sich die Situation jetzt etwas ausnivelliert und wir haben über das gesamte Unternehmen betrachtet wieder eine vernünftige und gleichmäßige Auslastung.
Während die Logistikbranche in den Zeiten des Booms um Mitarbeiter gerittert hat, können wir aber beobachten, dass wieder mehr Leute verfügbar sind, da die ersten Firmen bereits beginnen, Mitarbeiter abzubauen.
Wann haben Sie begonnen, die ersten Zeichen der Negativspirale zu erkennen?
Die Entwicklung war für mich absehbar, als die deutsche Wirtschaft begonnen hat, sich einzutrüben bzw. in eine Rezession zu kommen. Erfahrungsgemäß dauert es dann ungefähr sechs Monate, bis dieser Trend in Österreich spürbar wird. Und je länger die Wirtschaft in Deutschland bergab geht, desto schwieriger wird es auch bei uns werden. Unsere Auftragsvolumina stehen und fallen mit dem Erfolg unserer Auftraggeber. Die guten Vorsätze der letzten Jahre in Bezug auf größere Lagerbestände oder regionalere Supply Chains werden im Zeichen des Abschwungs gerne über Bord geworfen und fallen dem Kostendruck zum Opfer. Ich glaube, dass das Jahr 2024 für uns alle kein schönes Jahr werden wird und dass die Konkurse in allen Branchen zunehmen werden – vor allem wenn die Kreditzinsen weiterhin so hoch bleiben, die Arbeit weniger wird und die Kosten weiter steigen. Darunter werden vor allem Unternehmen leiden, die nicht gut diversifiziert haben und nicht verschiedene Geschäftsfelder bedienen. Allerdings ist die Gefahrgutbranche ja sehr stabil und die Zahl der Anbieter in diesem Bereich ist ebenfalls überschaubar.
Was ist Ihre Strategie gegen diese Entwicklung?
Wir schauen uns natürlich immer die Kostenseite an und werden auch unseren Personalstand gegebenenfalls anpassen müssen. Wir haben aber in den vergangenen guten Jahren entsprechende Reserven angelegt, die uns über wirtschaftlich schwache Zeiten drüberhelfen. Derzeit halten uns unsere Kunden weitestgehend die Treue. Und unsere Strategie ist, unsere gute Arbeit auch weiterhin aufrechtzuhalten.
Wir haben auch Investitionen, die nicht unbedingt notwendig sind, erstmal auf Eis gelegt. Wir wollten ursprünglich in Ennsdorf einen weiteren Standort bauen – das haben wir aber vorerst einmal abgeblasen. Aus heutiger Sicht wird es da im kommenden Halbjahr keine diesbezüglichen Aktivitäten geben. Das Schlagwort lautet: Konsolidieren! Und im zweiten Quartal 2024 werden wir die Situation dann neu bewerten.