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„Unternehmen müssen immer auf dem neusten Stand sein“

Foto: G. Englmayer, Zoll und Consulting GmbH
Je besser die Mitarbeiter geschult sind, desto weniger Fehler passieren ihnen dann beim Zollrecht, sagt Gasperlmair.
Foto: G. Englmayer, Zoll und Consulting GmbH

Klaus Gasperlmair, Geschäftsführer der Zollakademie Austria, spricht über die zolltechnischen Herausforderungen für Unternehmen.

von: Bernd Winter

Die Zollakademie Austria (eine Marke der G. Englmayer, Zoll und Consulting GmbH) bietet ab Herbst erstmals eine Zolldeklaranten-Ausbildung an. Verkehr wollte wissen, was die Auszubildenden erwartet.

Wie verlief die bisherige Entwicklung der Zollakademie?
Klaus Gasperlmair:
Wir, als Unternehmen Englmayer (welches 1858 gegründet wurde), waren eine sehr lange Zeit ein Zolldienstleister mit ergänzenden Leistungen wie Rollfuhr, aber auch mit einer Sparte für Spezialtransport. Die Bereiche Sammelverkehre, Expressdienste und Lagerlogistik sind erst vor rund 40 Jahren entstanden. Im Zollbereich wollten dann sehr viele Kunden mehr als nur die klassische Zollabwicklung, sie wollten dann z. B. Expressgut von uns in Anspruch nehmen. Historisch gesehen hatten wir seit jeher einen sehr guten Zugang zu den Märkten in Deutschland und Osteuropa. Mit der Ostöffnung Ende der 80er-Jahre sind unsere Verkehre rasant angewachsen, und der Zollbereich ist natürlich dann mit dem EU-Beitritt Österreichs praktisch von heute auf morgen um rund 90 Prozent zurückgegangen.

Wie haben Sie darauf reagiert?
Gasperlmair:
Mit der Vorbereitung des EU-Beitritts von Österreich und dann nochmal verstärkt mit der EU-Osterweiterung haben wir intensiv darüber nachgedacht, wie wir uns im Zollbereich weiterentwickeln wollen. Wir haben, trotz vieler Bedenken von außen, am Zollthema festgehalten, und der Erfolg gibt uns Recht. Durch die Globalisierung ist seit dem Fall des Eisernen Vorhangs praktisch jedes Unternehmen in der Lage (und es ist von wirtschaftlichem Interesse) internationalen Handel zu betreiben. Die meisten hatten aber das Problem, kein Know-how in Zoll- und Außenwirtschaftsthemen zu haben. Wir haben zu dieser Zeit intensive Kundengespräche in ganz Österreich durchgeführt, und erhoben, was die Kunden im Zollbereich brauchen. Aus diesen Gesprächen haben wir Produkte entwickelt.

Welche?
Gasperlmair:
Vor rund 20 Jahren haben wir begonnen, die Zollagenden der Kunden zu zentralisieren, da es schon alleine wegen mangelnder Kommunikation und Erfahrung zu Fehlern in den Zolldeklarierungen kam. Wir empfehlen jedem Unternehmen, sich auf einen guten Zolldienstleister festzulegen, der unabhängig von den einzelnen Frachtausschreibungen sämtliche Zollagenden abwickelt. Mit der Nähe zum Kunden haben wir auch erkannt, dass hier sehr viel Schulungsbedarf besteht. Wir haben daher vor rund 15 Jahren begonnen, auch Inhouse-Schulungen zu Zollthemen anzubieten. Zur Abdeckung der steuerrechtlichen Themen und des Finanzstrafrechts haben wir uns die Wirtschaftsprüfer und Steuerberater LeitnerLeitner ins Boot geholt. Der nächste logische Schritt war es, Zollaudits durchzuführen. Wir analysieren da die Zollprozesse; pro Jahr wickeln wir rund 10-15 Zollaudits ab.

Wie viele Personen schulen Sie durchschnittlich pro Jahr?
Gasperlmair:
Wir schulen derzeit rund 2.000 Personen pro Jahr.

Ab Herbst werden Sie spezielle Ausbildungen für Zolldeklaranten anbieten. Wie kam es dazu?
Gasperlmair:
In der Zollakademie haben wir vor fünf Jahren angefangen, spezielle Lehrgänge zu entwickeln. Bis damals gab es noch keine standardisierten Nachweise, was ein Zollfachmann bzw. ein Zolldeklarant alles wissen muss. Wir sind damals auf das Papier CEN TC 432 gestoßen, welches in weiterer Folge als EU-Norm 16992 "Zollvertreter" veröffentlicht wurde. Darin ist genau das sehr hohe Anforderungsprofil angeführt, welches Know-how eine Person mit Tätigkeiten mit Zollbezug haben muss. Es war uns von Beginn an wichtig, dass die Möglichkeit besteht, sich das erforderliche Wissen und die benötigten Fertigkeiten durch ein unabhängiges Zertifizierungsinstitut im Rahmen einer Personenzertifizierung bestätigen zu lassen. Daher gibt es seitdem die intensive Kooperation mit Austrian Standards. Gemeinsam sind wir dann zum Entschluss gekommen, dass es aus Praxisgründen sinnvoll wäre, diese Anforderungen in drei Bereiche zu unterteilen: Zollfachkraft, ab Ende August Zolldeklarant, und in rund zwei Jahren werden wir auch Ausbildungen für Zollvertreter anbieten. Wenn man alle drei Zertifikate hat, wird die EU-Norm 16992 komplett abgedeckt. Beim Zolldeklarant handelt es sich zudem um eine Berufsausbildung.

Wie sind diese Schulungen aufgebaut? Wie lange dauern sie?
Gasperlmair:
Für die neue fünfmonatige Zolldeklaranten-Ausbildungen setzen wir verstärkt auf hochmodernes E-Learning, nur an 7,5 Tagen ist eine Anwesenheit vor Ort notwendig. Die Schulung zur Zollfachkraft dauert neun Tage mit 100 Prozent Präsenzzeit. Alle Lehrgänge und generell alle unsere Schulungen haben eines gemeinsam: einen starken Praxisbezug mit einer großen Vielfalt an Beispielen.

Aus welchen Bereichen kommen Ihre Kunden?
Gasperlmair:
Für die Ausbildung zur Zollfachkraft kommen rund 40 Prozent aus der Transport- sowie Speditionsbranche und der andere Teil aus der Industrie und dem Handel. Bei der Schulung zum Zolldeklaranten gehen wir von einem Verhältnis von 70 zu 30 und beim Zollvertreter von 20 zu 80 aus.

Die Ausbildung zum Zolldeklaranten ist nicht verpflichtend?
Gasperlmair:
Das ist richtig, eine Vorschrift dafür gibt es nicht. In den einschlägigen Gesetzen wird aber auf die Notwendigkeit von Fertigkeiten und Wissen Bezug genommen, wenn man z. B. zollrechtliche Bewilligungen in Anspruch nehmen möchte. Und es gilt wie immer: Je besser die Mitarbeiter geschult sind, desto weniger Fehler passieren.

Wo passieren denn die größten Fehler im Zollbereich?
Gasperlmair:
Es kommt immer wieder zu fehlerhaften Vergaben von Zolltarifnummern. Daraus ergeben sich u. a. falsche Abgabenberechnungen. Ein weiteres Beispiel ist die nicht korrekte Inanspruchnahme bzw. Vergabe von Präferenzbegünstigungen. Beides kann zu hohen Geldstrafen führen, wobei diese immer vom betroffenen Mitarbeiter direkt zu bezahlen sind. Aber auch der gegenteilige Fall, wenn also die vom Gesetzgeber ermöglichten Vorteile und Erleichterungen aus Unwissenheit nicht in Anspruch genommen werden, führt das zu finanziellen Schäden.

Mit welchen Zolländerungen ist noch zu rechnen?
Gasperlmair:
Das elektronische E-Zollsystem wird in Österreich vom Bundesministerium für Finanzen auf komplett neue Beine gestellt werden. Zusätzlich werden die länderspezifischen Zollsysteme in den kommenden Jahren von der EU miteinander vernetzt. Damit wird dann auch eine zentrale Zollabwicklung ermöglicht, d. h., ich kann durch diese Vernetzung ab ca. 2022 z. B. in Österreich für Waren, die sich gerade in Deutschland befinden, Zollanmeldungen durchführen. Parallel dazu wird es immer wieder Änderungen der Präferenzabkommen geben. Unternehmen müssen hier immer auf dem neuesten Stand sein. Vor kurzem sind Präferenzabkommen mit Japan und Kanada in Kraft getreten. Für heuer werden noch Abschlüsse mit Vietnam und Singapur erwartet. In Verhandlung sind zudem Länder wie Australien, Neuseeland, die Philippinen, Malaysia und Thailand.

Vielen Dank für das Gespräch!



Dieses Interview erschien in der Ausgabe VK 14/2019.


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