Wie hat sich die Zahl der SMATRICS-Ladepunkte in Österreich in den letzten Jahren entwickelt?
Fangen wir beim SMATRICS-EnBW-Schnellladenetz an – da haben wir insgesamt 300 DC-Ladepunkte, deutlich über 150 davon sind HighPower-Charging-Ladepunkte (HPC). Dann haben wir nochmal weitere knapp 100 HPC-Ladepunkte, die Partner von uns aufbauen und die wir nur betreiben. Also insgesamt haben wir dann rund 250 HPC-Punkte in Österreich unter unserem Management, die öffentlich zugänglich sind. Unser Ausbauziel für Ende dieses Jahres sind rund 200 HPC-Ladepunkte in Betrieb und für Ende nächstes Jahr rund 400 eigene HPC-Punkte. Wenn ich noch die Ladepunkte, die unsere Partner aufbauen, hinzunehme, werden wir sicher auf 600 bis 800 HPC-Ladepunkte kommen.
In welchen Bundesländern sind Sie am stärksten vertreten und wo wollen Sie sich weiterentwickeln?
Wir haben eher einen Nord-Ost-Fokus. In Kärnten, Tirol und Vorarlberg sind wir zwar auch vertreten, aber nächstes Jahr wollen wir dort noch stärker hineingehen.
Können die jetzt langsam am Markt erhältlichen Schwerlastfahrzeuge denn auch an Ihren HPC-Punkten laden?
N1-Fahrzeuge bis 3,5 Tonnen können heute schon bei uns größtenteils laden, N2- oder N3-Fahrzeuge teilweise auch. Wir berücksichtigen das immer stärker, auch beim öffentlichen Laden und in der Ladenetzplanung. Wir haben in dem Bereich nächstes Jahr viel vor, darüber kann ich im Moment aber noch nichts Genaueres sagen.
Es wird aber wohl das Thema Combined Charging System (CCS) oder Megawatt Charging System (MCS) betreffen. Ansonsten werden es große Fahrzeuge schwer haben, schnell wieder aufzuladen.
Mit dem CCS-System bis 400 Kilowatt kann man heute schon schwere Fahrzeuge laden. Wann das Thema Megawatt Charging kommt, bin ich noch unsicher. Denn das brauchen meiner Meinung nach nicht viele und es wird zwei bis drei Jahre dauern, bis das MCS auf den Markt kommt. Für die meisten Anwendungen reichen die heute schon möglichen 400 Kilowatt absolut. Der Innenstadtverkehr funktioniert damit ganz gut. Die Mittelstrecke von ca. 400 Kilometern fährt auch langsam hoch. Die heutigen Fahrzeuge haben einen Verbrauch von ca. 1,5 bis 2,5 Kilowattstunden pro Kilometer. Wenn ein solches Fahrzeug eine halbe Stunde Pause macht und mit sagen wir 400 Kilowatt lädt, dann kann er zusätzliche 200 Kilowattstunden auftanken und locker weitere 100 bis 150 Kilometer fahren. Damit schafft man also einen Tag auf der Mittelstrecke und dann ist der Arbeitstag eh vorbei. Anschließend werden die Fahrzeuge über Nacht geladen und am nächsten Tag sind sie wieder verfügbar.
Haben Sie auch schon Logistiker, die Sie zu Ihren Kunden zählen?
Mit Mosolf haben wir in Deutschland einen großen Logistiker als Kunden. Das Unternehmen setzt vollelektrische Autotransporter für den innerstädtischen Shuttle-Verkehr in Düsseldorf ein. Sie laden Sprinter im Mercedes-Benz-Vans-Werk auf und fahren diese dann zu den Ro-Ro-Schiffen im Rheinhafen Düsseldorf. Wir zählen aber auch Rhenus und DB Schenker zu unseren Kunden. Und hier kommen auch die ersten großen Anwendungen, also über 16 Tonnen, zum Einsatz.
Aber auch das Interesse der österreichischen Logistiker nimmt zu. Wir sind mit allen in der Branche im Gespräch und es gibt schon sehr viele Pilotprojekte; die neue LADIN-Förderung wird hier sicherlich auch etwas bewirken. Ein renommierter Kunde und zugleich Kooperationspartner von SMATRICS ist zum Beispiel die Volvo Group Austria GmbH. Die Zusammenarbeit basiert auf zwei Grundlagen. Erstens: VOLVO-Trucks-Interessenten und Kunden werden in Form einer Leadvermittlung von SMATRICS (in Kooperation mit der Verbund Energy4Business) mit der passenden Ladeinfrastruktur ausgestattet. Zweitens: Die Unternehmensstandorte (Weißkirchen, Premstätten und Kottingbrunn) des Importeurs wurden direkt von SMATRICS mit AC- und DC-Chargern sowie dem Betriebssystem Company Charging umgesetzt. Ein weiterer Kooperationspartner von SMATRICS ist die Daimler Truck Austria GmbH. Die Zusammenarbeit basiert hier ebenfalls auf einer Vermittlung von Leads inklusiver professioneller Umsetzung von SMATRICS. Die Zusammenarbeit wird sukzessive hochgefahren. Alle testen aus. Was wir gemerkt haben, ist, dass man auch die Fahrer involvieren und ihnen zum Beispiel die Ladevorgänge genau erklären muss.
Wenn Unternehmen viele Elektro-Fahrzeuge in die Flotte aufnehmen, wird früher oder später das Thema Lademanagement schlagend werden. Bieten Sie hierfür IT-Lösungen an?
Ich glaube, dass wir das Laden von Lkw neu und vor allem einfacher denken müssen. Wir haben natürlich Lösungen zum Thema Priorisierungen, also welches Fahrzeug wann geladen werden soll oder muss – das ist für die Logistik ganz wichtig. Hier gibt es ganz einfache Algorithmen, die nach dem „first come, first serve“-System laden. Wir arbeiten aber auch an smarteren Lösungen. Beim DC kann man ja den State of Charge, also den Ladezustand der Batterie, auslesen. Unser Zentralsystem erkundigt sich dann beim Logistiksystem, wie weit das Fahrzeug mit der VIN-Nummer XY morgen fahren muss. Das Logistiksystem sagt dann zum Beispiel 300 Kilometer. Wir wissen also, dass das Fahrzeug am nächsten Tag um 6 Uhr startbereit sein muss, um die gewünschte Strecke fahren zu können. Diese Konnektivität wird kommen wie das Amen in der Kirche.
Letzte Frage: Was braucht es, um Logistiker endgültig von der Elektromobilität auf der Mittelstrecke zu überzeugen, so dass sie mit den ersten Projekten beginnen?
Logistiker und Transporteure sollten sich die Total Cost of Ownership genauer durchrechnen (inklusive der Thematik Maut) und überlegen, ob zum Beispiel der neue eActros, der 500 Kilometer schafft, nicht eine gute Alternative wäre. Wenn man dann das Depot-Charging mit Eigenstrom (zum Beispiel aus Photovoltaik-Anlagen) dazunimmt, hat man einen ganz klaren Betriebskostenvorteil – vor allem wenn man als Unternehmen viel auf der Straße fahren muss. Zuzüglich der aktuellen CAPEX-Förderung bei der Anschaffung kommt man schnell in eine positive Situation in Sachen Total Cost of Ownership. Und das ist, meiner Ansicht nach, das beste Argument.