Welche Neuigkeiten gibt es in der Schwertransportbranche?
Wir sind damit beschäftigt, die bekannten Themen Schritt für Schritt abzuarbeiten. Was für uns neu ist: Wir bemerken gerade, dass wir generell weniger Arbeit haben. Der Markt ist derzeit so schwach, dass der Mangel an Aufträgen bereits erkennbar ist. Auf der anderen Seite haben wir aber ganz aktuell – und ich spreche hier von den letzten drei Wochen – zu wenig Laderaumkapazitäten. Es ist also derzeit sehr schwer, konkret zu planen, weil die ganzen Strömungen einfach nicht mehr nachvollziehbar sind und völlig anders, als wir sie vom Markt her kennen. Früher war das einfacher. Wenn es draußen geschneit hat, dann wussten wir, dass weniger zu tun ist. Das gibt es heute nicht mehr. Diese fehlende Planbarkeit ist aber mittlerweile normal für uns.
Die Branche hat in der Vergangenheit stark vom Transport von Rotoren für Windkraft-Anlagen profitiert. Hält dieser Boom noch an?
Wir sind in der Bundesrepublik, was die Windkraft anbelangt, noch nicht einmal um einen Faktor von 1:5 dort angekommen, wo wir eigentlich bezüglich der Energiewende bereits sein sollten. Selbst in diesem Bereich hat man den Eindruck, dass nicht mehr gepusht wird und da kein Fokus drauf liegt. Ja, wir haben in diesem Bereich zu tun und ja, das ist ein Geschäft, mit dem wir unser Geld verdienen. Aber es ist ein normaler Geschäftsbereich geworden wie jeder andere auch.
Mit der Energiewende an sich haben wir aber schon ganz viel zu tun. Da sind wir gerade mit Projekten wie dem Tauschen von Transformatoren oder dem Legen von Kabeln beschäftigt. Da fallen auch noch Dienstleistungen wie Lagerhaltung oder Aufstellung von Kränen darunter. In diesem Bereich wird gerade stark investiert, sowohl vonseiten der Regierung als auch der Energieversorger. Da werden derzeit Stromtrassen wie der bekannte NordOstLink (Stromtrasse für Windstrom von der Westküste Schleswig-Holstein nach Mecklenburg-Vorpommern) oder der SüdLink (Stromtrasse nach Baden-Württemberg und Bayern) errichtet.
Welche Rückmeldungen bekommen Sie aus Ihrem Partnernetzwerk?
Wir haben Unternehmen, die nach wie vor positiv gestimmt und mit Aufträgen ausgelastet sind. Das sind hauptsächlich „Lokalmatadore“ in Ballungszentren wie München oder Hamburg, die regional gut aufgestellt sind und die ihren Dunstkreis in einem 50-km-Radius haben. Die verfügen auch über eine gute eigene Infrastruktur. Unternehmen, die auf Fernverkehre angewiesen sind und deren Infrastruktur nicht so gut ist, sind jedoch sehr angespannt. Ich weiß, dass sich rund die Hälfte unserer Partner Gedanken machen über Personalabbau oder eine Reduktion der Fahrzeugflotte. Generell höre ich von unseren Partnern in Deutschland, Belgien und Österreich aber das Gleiche, was die wirtschaftliche Lage anbelangt – und die ist im Moment nicht gerade rosig. Wir haben immer noch Geschäft wie Windkraft oder Energieinfrastruktur, an dem wir uns entlanghangeln können. Noch! Wie lange noch, ist hier eine gute Frage. Das hängt dann von jedem einzelnen Unternehmen selbst ab, wie agil es ist und neue Geschäftsfelder erschließen kann. Die Unternehmen, die immer schon engagierter sowie gut darin waren, um die Ecke zu denken und über den Tellerrand zu schauen, die ihre Mitarbeiter immer schon gut mitgenommen haben, die werden auch weiterhin zu tun haben und klarkommen. Nur als Beispiel: In der traditionellen Baubranche haben 75 Prozent unserer Kunden gerade Probleme, weil sie wenig bis nichts mehr zu tun haben. Wir haben seit Jahren aber Kontakte zu Modulhaus-Herstellern. Die bauen ihre Module kostengünstiger im Werk in Systembauweise auf dem Fließband und brauchen keine Handwerker vor Ort. Die schießen wie Pilze aus dem Boden. Früher hatten wir da Einzeltransporte, heute sind es hunderte, aber just in time.
Wie sehen Sie die Möglichkeiten der Schwertransportbranche in der vorgegebenen Zeit, klimaneutral zu werden?
Wenn wir bis 2035 tatsächlich CO2-neutral sein sollen, dann wären wir arbeitslos. Denn dann haben wir kein Gerät mehr, mit dem wir arbeiten können. Die Fahrzeughersteller sind nicht in der Lage, für unsere Zwecke geeignete Fahrzeugtechnik zu entwickeln. Dafür ist der Markt zu klein, die Stückzahlen zu gering und die Anforderungen zu spezialisiert. Alles, was wir in unserer Branche tun, fällt ja unter „Sondernutzung“. Für uns wird es also keine Elektromobilität geben. Die Technologie, die für uns zukunftsweisend sein wird, ist Brennstoffzelle bzw. Wasserstoff. Dass diese Antriebstechnologie für den Schwertransportbereich aber erst entwickelt werden muss und dass die Vorgaben der Politik in diesem Zusammenhang daher ambitioniert, aber nicht realistisch sind, darüber macht sich offensichtlich keiner Gedanken. Leider werden wir in derartige Entscheidungen nicht mit eingebunden und noch nicht einmal um unseren Input gebeten, was denn unsere Bedürfnisse überhaupt wären. Wir wurden bei der Gestaltung der neuen Richtlinie für Großraum- und Schwertransporte das erste Mal überhaupt als Branche um unsere Meinung gefragt.
Wie sieht es mit andere Transportmodalitäten aus?
Es wird ja viel über die „Verlagerung aufs Wasser“ gesprochen. Ich spreche in diesem Zusammenhang nicht von einer Verlagerung, sondern von einer Vernetzung. Ich bin jetzt schon seit 30 Jahren in der Branche tätig und wir haben den Wasserweg die ganze Zeit über bereits genutzt. Wir verfügen auch innerhalb der Gruppe über vier Binnenhäfen. Aber während Binnenschifffahrt im Schüttgutbereich gut funktioniert, können wir in diesem Bereich nicht allzu viel machen, denn es gibt einfach zu wenig geeignete Infrastruktur. Da fehlt es an Umschlagplätzen, die überhaupt in der Lage sind, Schwergut mit 200 Tonnen zu bewegen.
Wie entwickelt sich BigMove?
Wir sind organisiert über eine GbR und haben aktuell 15 aktive Gesellschafter und insgesamt 19 Kooperationspartner. Wir haben im vergangenen Jahr fünf neue Gesellschafter dazubekommen, die sich als Teil der Multilift Gesellschaft bei BigMove beteiligt haben. Mulitlift ist eine Gruppe, die auf Montagen und Krananlagen spezialisiert ist. Wir sind als BigMove Gruppe sehr aktiv auf dem Markt und glauben, dass ohne eine entsprechende Kooperation zwischen verschiedenen Unternehmen ein Angebot wie unseres gar nicht möglich ist. Nur so sind wir gegenüber den großen Marktteilnehmern auch konkurrenzfähig. Kleinere Unternehmen profitieren dadurch, dass sie Arbeitsprozesse wie Arbeitssicherheit oder ISO-Zertifizierung schlanker gestalten bzw. technologisches Know-how der Gruppe nutzen können. Wir haben auch eine BigMove Projekt GmbH gegründet, die netzwerkübergreifend komplexe Projekte abwickelt, die von den überwiegend lokal tätigen Mitgliedern allein nicht abgewickelt werden könnten.