Aktuell wird in Österreich viel über neue Lösungsansätze für die City-Logistik diskutiert. Thomas Eisen, Geschäftsführer von Logwin Österreich (und zudem im Vorstand der internationalen Logwin AG), hätte da eine Idee: Er kann sich gut vorstellen, gemeinsam mit dem Mitbewerb eine gebündelte Belieferung der Stadt Wien auf die Beine zu stellen. Als Hub dafür schlägt er den Logwin-Standort in der Wiener Peripherie vor.
Verkehr: Herr Eisen, wie lief es bei Logwin Österreich im ver-gangenen Jahr?
Thomas Eisen: Was Österreich betrifft, sind wir mit dem Geschäft im vergangenen Jahr sehr zufrieden. Wir haben im Luft- und Seefrachtgeschäft, aber auch in der Kontraktlogistik (ein wichtiger Schwerpunkt von Logwin) unsere Ziele erreicht. Logwin verfolgt eine Light-Asset-Management-Philosophie, was bedeutet, dass wir in Österreich Niederlassungen in Lauterach, Traiskirchen, Salzburg, Linz, Enns, Hagenbrunn und Graz haben, wo wir in verschiedenen Immobilien eingemietet sind. In Wien sind wir allerdings selbst Eigentümer der vorhandenen Anlage, und in Traiskirchen werden wir ab 2023 in die Eigentümerschaft eintreten. Wir haben außerdem wieder begonnen, selbst Lehrlinge auszubilden, und sind auch für den Zugang von Quereinsteigern in die Logistikbranche offen. Wir tun das, weil wir sehen, wie wichtig es ist, einen qualifizierten Nachwuchs aus- und weiterzubilden und zu fördern. Wir reagieren damit auch auf den vielerorts zitierten Fachkräftemangel, der auch in der Logistikbranche zu spüren ist. Unsere zentrale Drehscheibe in Österreich befindet sich in Traiskirchen, wo wir Cross-Docking, Kontraktlogistik und das Retail Geschäft abwickeln. Unsere Kunden kommen aus unterschiedlichen Bereichen. In Österreich beschäftigen wir 300 Mitarbeiter. In der rumänischen Hauptstadt Bukarest haben wir heuer einen neuen Standort mit dem Fokus auf der Kontraktlogistik eröffnet.
Und wie hat sich das Geschäft für den internationalen Logwin-Konzern im Vorjahr entwickelt?
Eisen: 2018 konnten wir im Konzern den Umsatz, das EBITA, das Periodenergebnis und den Netto-Cashflow sowie die Zahl der Mitarbeiter erhöhen. Das EBITA des Konzerns ist auf 49 Millionen Euro (2017: 38 Millionen) gestiegen und das Periodenergebnis auf 39 Millionen Euro (2017: 26 Millionen). 2018 hat der Konzern mit seinen 4.400 Mitarbeitern einen Umsatz von 1,1 Milliarden Euro generiert. Der Konzern ist sehr stark auf die Kontraktlogistik sowie Luft- und Seefracht ausgerichtet und weltweit an 190 Standorten auf sechs Kontinenten vertreten. Mit den beiden Geschäftsfeldern Solutions und Luft- und Seefracht gehört der Konzern zu den führenden Akteuren am Markt.
Sie beobachten bestimmt die aktuellen Entwicklungen wie das autonome Fahren, das Platooning, die Automatisierung etc. Welche Auswirkungen werden diese Themen ihrer Meinung nach auf die Logistikbranche haben?
Eisen: Ich denke, dass überall dort, wo Automatisierung möglich ist, auch automatisiert wird. Das ist ein Trend, der nicht aufzuhalten ist. Der Mensch bleibt dennoch die höchste Instanz, er kontrolliert und greift ein, wenn Abweichungen in Prozessen offenkundig werden. Beim Thema autonomes Fahren verweise ich auf das Schneechaos, das wir Anfang des Jahres hatten – ich kann mir nicht vorstellen, wie in solchen Ausnahmesituationen autonomes Fahren funktionieren kann. Wenn von Lkw-Platooning die Rede ist, dann ist das, meiner Ansicht nach, in Bezug auf Autobahnen sehr sinnvoll, aber nicht hinsichtlich Landstraßen (die im Winter von Schnee oder Eis bedeckt sind.)
Die Seefracht gehört zum Geschäftsmodell von Logwin. Wie bringen Sie die österreichischen Überseecontainer zu den Häfen?
Eisen: Wir benützen dafür die Bahn und betreiben Intermodal-Verkehre von Westösterreich zu den beiden Nordhäfen Hamburg und Bremerhaven. Wir kaufen das dafür notwendige Equipment und die Traktion bei den Anbietern auf dem Markt ein. Wir haben mehrere Züge pro Woche, die wir abfertigen – die Rail Cargo Group, die für uns die Züge fährt, macht ihren Job ganz gut. In Deutschland ist DB Cargo ein sehr wichtiger Dienstleister für uns.
Die Logistik in den Städten spielt im Rahmen der Kontraktlogistik eine tragende Rolle. Das Bündeln der Sendungspartien am Stadtrand, um dadurch die Waren mit weniger Lkw in die Stadt zu transportieren, wäre ein nachhaltiger und neuartiger Ansatz. Doch das Gegenteil ist derzeit noch häufig der Fall. Warum ist das so?
Eisen: Für eine effiziente City-Logistik braucht es einerseits den Willen seitens der Politik, dafür entsprechende Rahmenbedingungen zu schaffen. Andererseits braucht es aber auch die Kooperationsbereitschaft zwischen Logistikern, damit man die angesprochenen Sendungen bündeln kann. Der Idealzustand aus meiner Sicht ist, die Waren en gros in stadtnahe Logistikzentren zu bringen und von dort gebündelt mit umweltfreundlichen Lkw in die Stadt zu transportieren. Wir als Logwin sind offen für eine Kooperation mit anderen Mitbewerbern, beispielsweise bei der Belieferung der Wiener Innenstadt. Als Drehscheibe könnte ich mir unseren Standort in der Warneckestraße im 11. Wiener Gemeindebezirk vorstellen. Neben der Bereitschaft zur Kooperation braucht es dazu freilich auch die Überwindung von technischen Schnittstellen. Wir haben in Salzburg, Traiskirchen, Wien und Linz bereits mehrere E-Fahrzeuge und können diese mit einem Supercharger an unseren eigenen Elektrotankstellen in Linz, Traiskirchen und Wien aufladen. Mit E-Fahrzeugen während des Tages in die Wiener Fußgängerzone zu fahren und Waren auszuliefern, wäre aus unserer Sicht sehr erstrebenswert.
Vielen Dank für das Gespräch!
Das Interview erschien in der Ausgabe VK 25/2019.