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„Diesel-Bashing wird uns nicht zum Ziel führen“

Foto: WK OÖ
Christian Strasser, ­Geschäftsführer der Sparte Transport und Verkehr in der WK Oberösterreich.
Foto: WK OÖ

Verkehr sprach mit Christian Strasser, Geschäftsführer der Sparte Transport und Verkehr in der Wirtschaftskammer Oberösterreich, über die hohe Inflation, den Lkw-Fahrermangel, steigende Preise und unklare verkehrspolitische Perspektiven.

von: Josef Müller

Wie ist die Gütertransportbranche durch die Krisen der letzten Jahre gekommen?
Christian Strasser: Die heimische Transportbranche zeigt seit vielen Jahren hohe Zuverlässigkeit und Resilienz auch gegenüber nachteiligen Einflüssen, egal ob diese geopolitische Ursachen haben oder in Österreich hausgemacht sind. Die Branche schafft es mit hoher Flexibilität, Innovation und Engagement immer wieder, die an sie herangetragenen Herausforderungen mit Bravour zu meistern.

Wo drückt der Transportbranche in Oberösterreich schmerzhaft der Schuh?
Strasser: Die hohe Inflation, die steigenden Preise in allen Zulieferbereichen, der Arbeitskräfte- sowie Lkw-Fahrermangel beschäftigen die Branche. Damit verbunden sind hohe Personalkostensteigerungen bei gleichzeitig sinkender Nachfrage infolge eines sich abkühlenden Konjunkturmotors. Hinzu kommen transportfeindliche Maßnahmen, wie beispielsweise die Forderung nach Transport-Slots seitens der Politik.

Politisch wird die Verkehrsverlagerung von der Straße auf die Schiene propagiert. Doch reichen die Schienenkapazi­täten überhaupt dafür aus?
Strasser: Die Schiene kann bei realistischen Erwartungen und entsprechender Ausstattung sowohl im Bereich Infrastruktur als auch Wagenmaterial und Fahrbetrieb eine wichtige Rolle einnehmen. Wo es diese Angebote gibt, werden sie auch von der Wirtschaft genutzt. Es gibt deutliche Signale, diese Nutzung auch ausbauen zu wollen. Und genau darauf sollte der Fokus gerichtet sein, nämlich praxistaugliche zusätzliche Angebote zu schaffen. Eine volle Verlagerung des Transports auf die Schiene zu fordern, ohne aber ausreichende Angebote zur Verfügung stellen zu können, ist höchst unseriös, weil dies in der Bevölkerung eine Erwartung schürt, die so nicht erfüllt werden kann. Wir brauchen ein glaubwürdiges und gelebtes Bekenntnis zu Multimodalität – kein Entweder-oder, sondern ein Sowohl-als-auch, nämlich Schiene und Straße.

Welche politischen Forderungen haben Sie an die Politik?
Strasser: Ich wünsche mir eine verantwortungsvolle Sachlichkeit in der Verkehrspolitik. Es sollte das Lösen von Problemen statt das Verhindern von Lösungen deutlich im Mittelpunkt stehen. Von Seiten der Regierungsspitze sind die wiederholt getätigten Aufrufe zu einer technologieoffenen Entwicklung der Mobilität für die Zukunft sehr wohltuend und wichtig.

Wie bewerten Sie den Masterplan Güterverkehr 2030 mit der starken Betonung der E-Mobilität im Güterverkehr?
Strasser: Offen gesagt leider als eine ­vertane Chance. Die Herausforderungen der Gütermobi­lität sind zu komplex, für unseren Wohlstand aber zu wichtig, um sie mit den Attributen „vermeiden, verlagern, verbessern“ abzutun. Und noch dazu mit einer angeordneten „Einbahnstraße“, die das Thema ökologische Transformation eindimensional auf Batterieelektrik reduziert – Diesel-Bashing wird uns nicht zum Ziel führen.

Wird Österreich bis 2040 die politisch gewünschte Klima-neutralität erreichen können?
Strasser: Ob das zu 100 Prozent realisierbar ist, kann niemand seriös ­sagen. Es ist aber auch nicht entscheidend, denn Zielvorgaben gepaart mit Verboten allein werden ohnedies nicht ausreichen. Wenn aber mit innovativer ­Offenheit 80 oder 90 Prozent erreicht werden, hat Österreich im europäischen bzw. weltweiten Vergleich Herausragendes geleistet. Und das traue ich der Transportwirtschaft absolut zu. Dazu wird es aber die Erkenntnis im Bereich der Verkehrspolitik brauchen, dass jede Option, die uns auf diesem Weg ein Stück weiterbringen kann, ihren Wert hat.

Trifft der allerorten beklagte Lkw-Fahrermangel die oberösterreichische Transportbranche? Was könnte man tun, um den Beruf für junge Menschen attraktiver zu machen?
Strasser: Der Transportbranche fehlen österreichweit rund 8.000 Lkw-Lenker, in Oberösterreich allein an die 2.000. Zudem ist die Altersstruktur ungünstig, weil fast die Hälfte der Lkw-Lenker über 50 Jahre alt ist. Wir müssen das Image des Berufs verbessern, die Botschaft Friends on the Road in der Öffentlichkeit vermitteln. Der Lkw, personifiziert durch seinen Lenker, wird zu oft zum Feindbild stilisiert. Auch der Lenker-Berufszugang sollte erleichtert werden, etwa durch die Möglichkeit, mit dem L17 zum C-Führerschein zu kommen.
Zusätzlich wird es einen Impuls zum besseren Einsatz von Arbeitskräften aus bestimmten Drittstaaten brauchen. Beschäftigungsmöglichkeiten im Rahmen der Rot-Weiß-Rot-Karte müssen weiter ausgebaut, der Lenkerberuf als „Mangelberuf“ anerkannt werden.

Die Logistikwirtschaft fordert im Straßengüterverkehr eine Technologieoffenheit bei den Antriebstechniken.
Strasser: Jede Technologie, die einen Beitrag zur CO2-Reduktion leisten kann, ist wertvoll und muss volle Anerkennung sowie Gleichbehandlung bei Förderungen erhalten. Da es völlig ­illusorisch ist, bis 2040 Transporte rein auf Batterieelektrik umzustellen, müssen auf dem Weg zum Ziel auch andere Technologieoptionen berücksichtigt werden. Es geht um einen vernünftigen Mix und Übergangstechnologien, wie beispielsweise e-Fuels, die eine Verwendung konventionell betriebener Motoren „grün machen“.

Apropos: Den Verbrennungsmotor wird es – wie jüngst auf EU-Ebene entschieden – auch noch nach 2035 geben. Der Motor ist nicht das Pro­blem, sondern der Treibstoff. ­Haben e-Fuels also doch eine ­Zukunftschance?
Strasser: Synthetische Kraftstoffe haben den Charme, dass damit eine ­aktuell bewährte Motorentechnologie im Einsatz gehalten werden kann und sie, bezogen auf die Summe aller Umweltauswirkungen der jeweiligen Antriebsart, insgesamt mindestens so umweltfreundlich sind wie die Batterieelektrik. Wenn die heimische Verkehrspolitik die Wissenschaft dazu ermutigt, daran zu arbeiten, wie und womit wir rasch, offen und befreit von Dogmen einen Beitrag zum Ziel erreichen können, dann stehen die Chancen gut. Unser Bundeskanzler hat in letzter Zeit wiederholt dazu aufgerufen. Dieser Ruf ist ungemein wichtig, zumal die Verkehrspolitik mit zweijähriger Verspätung gerade einmal eine ENIN-Förderung ausgelobt hat. Mit dem Fördervolumen können österreichweit nur rund 250 Lkw auf E-Mobilität umgerüstet werden. So wird aus dem gewollten Wandel nichts werden – dazu braucht es ein Mehr an konkreten Lösungsbeiträgen und Unterstützung.


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