Verkehr: Wie hat sich das Geschäft mit den Lebensmitteltransporten im vorigen Jahr entwickelt?
Beate Färber-Venz: Die Gastroanlieferung hat sich wieder auf ein halbwegs stabiles Niveau eingependelt – von den Mengen aus den Zeiten vor Corona sind wir aber noch ein kleines Stück entfernt.
In der Anlieferung zur lebensmittelverarbeitenden Industrie – wir sind im Bereich Zucker und Mehl offen im Silo unterwegs – sind nur wenige Veränderungen spürbar. Dabei handelt es sich aber um die üblichen Schwankungen, also einerseits die saisonalen und andererseits die ökonomischen, wenn sich zum Beispiel ein Hersteller von Süßwaren oder Getränken aus Kostengründen für eine Anlieferung aus dem angrenzenden Osten entscheidet.
Verkehr: Welche Herausforderungen gab es? Hat sich der Ukraine-Krieg auf das Geschäft ausgewirkt?
Färber-Venz: Wie alle Marktteilnehmer sind wir mit enormen Preissteigerungen im Bereich Energie, in unserer Branche also hauptsächlich Diesel, konfrontiert. Aber auch die Preise für Ersatzteile, Reifen, Öle usw. haben spürbar angezogen, dazu noch verlängerte Lieferzeiten und Probleme mit der Verfügbarkeit. Wir sind sehr froh, dass wir Kunden haben, die das verstehen und die die veränderte Preissituation mittragen. Wer hier glaubt, es handelt sich nur um eine temporäre Erscheinung, und denkt, die Erhöhungen selbst tragen zu können, wird am Ende auf der Strecke bleiben. Denn am Ende des Tages wird wie immer der Konsument die Mehrkosten tragen müssen.
Verkehr: Wie sind Sie mit Engpässen, Peaks und Personalausfällen umgegangen?
Färber-Venz: Wir haben unser Personal auch in den Bereichen, wo sich die Liefermengen reduziert haben, gehalten; dadurch haben wir auch derzeit keine Schwierigkeiten und haben ausreichend Mitarbeiter.
Die Corona-Krankenstände haben wir, so gut es ging, gemanaged. Unsere Kunden hatten durchaus Verständnis, da es denen ja auch nicht besser erging. Lkw-Fahrer arbeiten auch nicht so „dicht an dicht“, da konnten wir einen Teil des Risikos abfangen. Die Engpässe im Bereich Lieferung von Fahrzeugen und Ersatzteilen haben uns schon gefordert, aber als Logistiker sind wir es gewohnt, mit ständigen Veränderungen umzugehen und Lösungen zu finden.
Verkehr: Welche Projekte möchten Sie demnächst umsetzen?
Färber-Venz: Wir haben derzeit zwei unabhängige Kundenanfragen zum Thema „green truck“ und bemühen uns, hier eine für alle Beteiligten tragbare Lösung zu finden. Einerseits geht es um die Mehrkosten, andererseits um den realen Einsatz der Lkw mit alternativen Antrieben. Da werden wir vermutlich einige Überraschungen erleben und müssen den Kunden darauf vorbereiten, dass manches vielleicht anders werden könnte – aber das muss ja nicht immer schlechter sein.
Apropos "green": Im Kombinierten Verkehr, der ein wesentlicher Bestandteil der Klimawende sein soll, sehen wir – mal abgesehen von den Transporten auf der ersten Meile – keine Veränderung. Im Gegenteil, bei einer massiven Verteuerung im Schienenverkehr erwarte ich keine großen Steigerungen, zumal die Kapazitäten auch nicht mehr werden. Es wird große Investitionen im Infrastrukturbereich erfordern, um wirkliche Verlagerungseffekte zu erzielen.
Verkehr: Welche Trends sichten Sie in der Frischelogistik bzw. bei den Lebensmitteltransporten?
Färber-Venz: Die Reduktion des Angebots in der Gastronomie (Wirtshaussterben, reduzierte Öffnungszeiten) werden in den Liefermengen spürbar werden. Essen müssen wir aber alle, vielleicht wird es daher zu einer Verlagerung auf den Teller zu Hause kommen, also dass vielleicht mehr selbst gekocht wird. Wenn wir aber den Anteil der Convenience-Produkte (sowohl im Konsumenten- als auch im Gastro-Bereich) ansehen, wird es an der Entscheidung zwischen Bequemlichkeit und Kosten liegen.
Verkehr: Wie schätzen Sie die wirtschaftliche Lage ein?
Färber-Venz: Wir hoffen auf stabile Märkte, dass die vielzitierte Rezession nicht herbeigeredet wird. Es wäre schön, wenn der Konjunkturabschwung ausbleiben würde und wir uns nicht jetzt schon davor fürchten müssen, obwohl wir noch keine Rückläufigkeiten spüren.
Vielen Dank für das Gespräch!