Mittlerweile kann ich persönlich dieses Wort – so groß meine Begeisterung für das Konzept Nachhaltigkeit auch sein mag – schon nicht mehr hören. Und ich weiß, dass es vielen anderen genauso geht. Denn jede/r kann, will und muss heute nachhaltig sein, um im Trend zu liegen. Marketingabteilungen haben den Begriff schon lange für sich entdeckt. Dabei wird gerne jedes „grüne“ Klischee bedient, das es in unserer Gesellschaft überhaupt gibt. Hier also ein paar dringend notwendige Klarstellungen für alle, die mehr als nur „trendy“ sein wollen.
Was Nachhaltigkeit wirklich bedeutet
Das Wort „nachhaltig“ wird gerne als Synonym für „langfristig“ verwendet. Das hat sich im allgemeinen Sprachgebrauch so eingebürgert. Doch nur weil eine Maßnahme langfristig wirksam ist, muss sie nicht automatisch die Kriterien der Nachhaltigkeit erfüllen. Diese sind jedenfalls eindeutig definiert. Nachhaltig zu wirtschaften, bedeutet nämlich, ein Unternehmen so zu führen, dass es nicht nur langfristig ökonomisch erfolgreich ist, sondern seine Gewinne auf eine umweltverträgliche und sozial förderliche Art und Weise erzielt. Es bedeutet auch, dass sich Unternehmen als Bestandteil eines großen Systems begreifen, das unsere Wirtschaft, die Gesellschaft und die Umwelt umfasst. Und diese drei Aspekte sind untrennbar miteinander verbunden. Kommt einer davon aus dem Gleichgewicht, dann wird das ganze System instabil. Jeder, der schon mal mit einem Mobile herumgespielt hat, weiß, wovon ich spreche.
Nachhaltigkeit bedeutet nicht nur umweltfreundlich
Das Wort „nachhaltig“ wird auch gerne als Synonym für „grün“ verwendet. Diese Fehlinterpretation des Begriffs ist vor allem unter Politikern sehr beliebt. Klimaneutral, CO2-neutral oder emissionsfrei zu sein, ist zwar ein hehres Ziel und sicherlich auch notwendig, erfüllt aber für sich allein genommen nicht unbedingt die Nachhaltigkeitskriterien. Die mit der gesamten Wucht europäischer Klimapolitik forcierte Elektromobilität allein macht also noch lange keine Nachhaltigkeit. Denn wenn man versucht, mit einer Einzelmaßnahme einzugreifen, um ein aus dem Gleichgewicht gekommenes System zu stabilisieren, dann kann das nicht den gewünschten Effekt haben. Denn was ist – nur um Beispiele zu nennen, die auch für die Logistikbranche von Bedeutung sind – mit den sozialen und ökologischen Auswirkungen des Rohstoffabbaus für die Batterieherstellung, die zwar uns in Europa nicht unmittelbar treffen, aber ein globales Problem darstellen? Oder mit den prekären Arbeitsverhältnissen von Sub-Sub-Unternehmern bei Paketdienstleistern bzw. von den Lagerarbeitern in großen Distributionszentren?
Nachhaltigkeit als Haltung
Mit seiner Übernutzung im Alltäglichen wird die Bedeutung des Worts aber immer schwammiger, unklarer und bedeutungsloser. Und das ist schade! Nachhaltigkeit ist nämlich viel mehr als die Sustainability-Stabstelle eines Konzerns, der alljährliche Hochglanz-CSR-Report, die Unternehmenszertifizierung laut irgendwelcher fraglichen Öko-Labels oder ein „Mascherl“, das man sich umhängt, um aktuellen Ausschreibungskriterien zu entsprechen. Es ist vielmehr eine grundsätzliche Haltung: das Vorausschauen für nachfolgende Generationen, das Übernehmen von sozialer und ökologischer Verantwortung für unternehmerisches Handeln und das Denken in größeren Zusammenhängen. Wie gut, dass es auch in Österreich solche Unternehmen gibt, die – teilweise ohne es an die große Glocke zu hängen – dem Begriff Nachhaltigkeit auch Leben einhauchen.