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„In unserer Branche werden Frauen sehr unterschätzt“

Foto: ÖBB / Marek Knopp / DLC
(v.l.n.r.) Romana Steko-Papousek, Doris Pulker-Rohrhofer, Christine Reiterer und Beate Färber-Venz bilden den Vorstand des DamenLogistikClubs.
Foto: ÖBB / Marek Knopp / DLC

Im Interview mit Verkehr erklären die vier Vorstandsvorsitzenden des DamenLogistikClubs, welche Ziele sie verfolgen, was für heuer geplant ist und warum es notwendig ist, mehr Frauen vor den Vorhang zu holen.

Bereits 2014 wurde der DamenLogistikClub von Romana Steko-Papousek (Gründerin und Geschäftsführerin von Steko-Trans) als eine lose Organisation, als Netzwerktreff für Frauen aus der Logistik, ­gegründet. Im Februar 2018 wurde dann ein Verein eingetragen, an dessen Spitze ­neben Steko-Papousek auch Beate Färber-Venz (Eigen­tümerin und Geschäftsführerin der Venz ­Logistik), Doris Pulker-Rohr­hofer (Technische Geschäftsführerin des Hafens Wien) und Christine Reiterer (Gründerin von QuintLog) stehen. In den drei Jahren seit der Vereinseintragung ist die Zahl der Mitglieder auf 148 gewachsen. Gab es am Anfang primär Frächte­rinnen im Club, so ist der DLC jetzt viel breiter aufgestellt, wie seine vier Vorstandvorsitzenden gegenüber Verkehr erklären – so finden sich unter den Mitgliedern nun auch Frauen aus ­Logistik- und Speditons­unternehmen, aus der Wirtschaftskammer, der Asfinag, der Vida und auch dem akademischen Bereich. Das ist nämlich ein Thema, dem sich der Club verstärkt widmen will, auch um dem eigenen Credo treu zu bleiben: Frauen in der Logistik sichtbarer zu machen. Anlässlich des nahenden dritten Geburtstags des Damen­LogistikClubs lud Verkehr den Vorstand zu ­einem Interview ein.

Verkehr: Welche Entwicklungen aus den vergangenen drei Jahren haben Sie am meisten überrascht?
Beate Färber-Venz:
Was mich überrascht hat, ist zu beobachten, dass, je länger es den DLC gibt, desto mehr Frauen auftauchen. Mittlerweile sind wir so etabliert, dass sich alle zu uns trauen.
Doris Pulker-Rohrhofer: Eine unserer Aufgabe ist es auch, Rolemodel zu sein und zu ­zeigen, dass es Frauen in der Logistik gibt, die erfolgreich sind – das zieht an. Zu unseren Aktivitäten gehören auch die Kooperationen mit den Logistik-Vereinen wie der BVL oder ÖVG. Und dort bringen wir uns aktiv ein – bei ihren Veranstaltungen sitzen und sprechen Frauen auf dem Podium. Wir wollen damit zeigen, dass es Frauen in der Logistik gibt und dass sie auch wirklich ­etwas zu sagen haben.
Romana Steko-Papousek: In unserer Branche werden die Frauen nach wie vor sehr unterschätzt; dabei gibt es viele in Führungspositionen, die man vor den Vorhang holen sollte.
Pulker-Rohrhofer: Die Wahl zur/m Logistik-ManagerIn des Jahres der Wochenzeitung Verkehr war und ist zum Beispiel eine sehr gute Bühne dafür.

Der DLC hat vor Corona vier Mal im Jahr gut besuchte Veranstaltungen organisiert. Wie soll es damit weitergehen?
Steko-Papousek:
Wir haben am 18. März die erste Online-­Veranstaltung mit Alexandra Anderluh von der Wirtschaftsuniversität Wien, bei der es um das Grätzl-Hub gehen wird.
Pulker-Rohrhofer: Corona hat uns im vorigen Jahr einen ­ordentlichen Strich durch die Rechnung gemacht. Wir mussten viele Veranstaltungen ­verschieben. Im März starten wir nun, wie Frau Steko-­Papousek soeben erwähnt hat, mit einem sehr guten Programm, und zwar wieder wie früher mit vier Veranstaltungen – wenn möglich als Präsenzveranstaltung, ansonsten wird es virtuell stattfinden.
Steko-Papousek: Wir freuen uns sehr, dass wir heuer die Verkehrsministerin, Leonore Gewessler, bei uns im Club ­begrüßen dürfen.

Gibt es Schwerpunkte, die Sie heuer setzen wollen, Resilienz zum Beispiel?
Pulker-Rohrhofer:
Das Thema Nachhaltigkeit ist zumindest im ersten Halbjahr im Fokus, wie die soeben erwähnten zwei Veranstaltungen andeuten.  
Christine Reiterer: Das Thema Resilienz kann ich nicht mehr hören. Ich glaube, dass Frauen in dem Bereich mehr Kompetenz haben als Männer, weil wir da genetisch mehr mitbekommen haben. 

Der DamenLogistikClub hat im Oktober 2020 in Zusammen­arbeit mit dem Studiengang Logistik und Transportmanagement der FH des BFI Wien ein Mentoring-Programm gestartet. Welche ­Bilanz ziehen Sie nach den ersten vier Monaten?
Färber-Venz:
Es entwickelt sich gut. Nach einem grandiosen Kick-Off, den wir glücklicherweise noch als Präsenzveranstaltung durchführen konnten, bildeten wir Tandems, bei ­denen sich jeweils eine Men­torin und eine Mentee zusammentun. Ich bin selbst Men­torin und habe losen Kontakt mit meiner ­Mentee.
Pulker-Rohrhofer: Als wir das Konzept erstellt haben, haben wir uns gewünscht, dass fünf Paare zustande kommen. Es sind neun geworden, weil das Interesse so groß war. Ich glaube, wir haben da den rich­tigen Nerv getroffen. Wir konnten auch Top-Frauen als Mentorinnen gewinnen, und ich finde es cool, dass junge Frauen so viel Interesse daran zeigen und den Weg in die ­Logistik beschreiten wollen.
Reiterer: Sandra Eitler (Fach­bereichsleiterin für Transport und Verkehr im Studiengang „Logistik und Transportmanagement“ der Fachhochschule des BFI Wien) wird sich in den nächsten Tagen Feedback von den Mentees einholen. Bis jetzt fällt dieses sehr positiv aus. Dieses Feedback wird sie dann mit den Mentorinnen besprechen und sie werden dann die nächsten Ziele setzen bzw. ­Inputs für ihre Tandems holen.

Eines der Ziele des Mentoring-Programms ist es, mehr Frauen in die Logistik zu bringen. Es gibt nun keine greifbaren Zahlen dazu, aber wie würden Sie die Entwicklung des Frauenanteils in der österreichischen ­Logistik- und Transportbranche in den Jahren seit der Gründung des DLC einschätzen?
Steko-Papousek:
Da hat sich ­einiges getan. Ich denke schon, dass der Anteil der Frauen in der Logistik zugenommen hat – und hier vor allem auch in den Führungsetagen.
Färber-Venz: Frauen in der ­Logistik werden auf jeden Fall offener und sichtbarer.
Steko-Papousek: Und selbst­bewusster!
Reiterer: Ein Best-Practice-Beispiel ist DB Schenker. Karl Kolarik, Head of Contract Lo­gistics und SCM, hat mittlerweile zwei Standorte in Wien in die Hände von Frauen gelegt. Der Standort in Freudenau wird von Elvisa Velagic und jener in Albern von Barbara Trpisovsky geleitet. Ich glaube, dass es wichtig ist, diese Frauen in die Öffentlichkeit zu bringen und dass dies auch wirklich etwas bewirken kann.
Steko-Papousek: Aber nicht nur in den Führungsetagen nimmt die Zahl der Damen zu. Wir ­haben im Unternehmen zwei Lkw-Lenkerinnen – die hatte ich früher nicht. Eine davon fährt den Hängerzug zu den Bau­stellen, wo sich keiner unserer männlichen Fahrer hintraut. Unterschätzt mir die Frauen also nicht!
Pulker-Rohrhofer: Unser Ziel ist es, dass es einfach normal wird, dass eine Frau einen Job in der Logstik ausüben kann.

Wie sieht es mit dem Frauenanteil im eigenen Unternehmen aus?
Färber-Venz:
Die Gesellschafterstruktur besteht zu 3/4 aus Frauen, die Geschäftsleitung sogar zu 100 Prozent. Danach wird es männerdominiert.
Steko-Papousek: Wir haben ja zwei Firmen, Steko Trans und Steko Logistik. Beide sind in Frauenhand. In der ersten und zweiten Führungsebene dominieren die Frauen.
Pulker-Rohrhofer: Wir haben in der Hafen Wien Gruppe sehr viele Abteilungsleiterinnen. Mir ist es ein Anliegen, auch bei den Lehrlingen Frauen ins Boot zu holen. Wir haben ­aktuell fünf Lehrlinge, drei davon sind ­weiblich. Es ist mir auch gelungen, eine Frau für unseren Autoterminal zu finden. Sie ist eine hervorragende Fahrerin.
Färber-Venz: Apropos: Die KEP-Mengen steigen seit Jahren, doch die Zusteller sind alle männlich. Das verstehe ich, ehrlich gesagt, nicht. Frauen können auch große Fahrzeuge fahren und Pakete zustellen. Da wäre doch noch Potenzial. Aber die Branche hat generell mit einem schlechten Ruf zu kämpfen. Es muss mehr Image-arbeit geleistet werden und wir bemühen uns eben diese Arbeit zu leisten.

Vielen Dank für das Gespräch!


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