Seitdem wir in den ersten Monaten der COVID-Pandemie von einem Tag auf den anderen plötzlich von daheim arbeiten mussten, hat sich nach einigen Anlaufschwierigkeiten gezeigt, dass mithilfe technologischer Unterstützung auch das hervorragend funktioniert. Dadurch hat sich die Einstellung der erwerbstätigen Bevölkerung zur ständigen Anwesenheit im Büro dramatisch verändert. Der Ruf nach einer grundlegenden Neugestaltung der Arbeitswelt ist nicht mehr verstummt.
Und damit sind wir gleich beim nächsten Buzzword gelandet, das mit seinen ebenfalls im Trend liegenden Kollegen „Digitalisierung“, „Nachhaltigkeit“ und „Agilität“ untrennbar verbunden ist: Willkommen in der Welt von „New Work“! Genau wie bei allen anderen gerne bemühten Schlagworten steckt jedoch hinter diesem Begriff ebenfalls wesentlich mehr als nur das Arbeiten im Homeoffice – auch in diesem Fall haben wir es mit einem umfassenden Konzept und letztendlich mit einer völlig neuartigen Interpretation von Erwerbstätigkeit zu tun.
Eine Idee mit Geschichte
Es lohnt sich also, einen genaueren Blick auf das New-Work-Konzept zu werfen. Der Begriff New Work entstammt ursprünglich dem sozialphilosophischen Werk von Frithjof Bergmann, derbereits in den 1970er-Jahren begonnen hat, sich mit der Zukunft der Arbeit im 21. Jahrhundert auseinanderzusetzen. Er war der Ansicht, dass sich die gesamte Struktur der Arbeitswelt aufgrund des technologischen Fortschritts und der damit einhergehenden Automatisierung, aber auch aufgrund der zunehmenden Globalisierung so grundlegend verändern wird, dass traditionelle Arbeitsmodelle ausgedient haben werden. Sein Ziel war die Schaffung einer menschenzentrierten und nachhaltigen Arbeitswelt.
Veränderte Bedürfnisse
Die pandemiebedingten Lockdowns haben bewiesen, dass andere Arbeitsweisen tatsächlich auch praktisch möglich und effektiv sind. Doch das Bedürfnis der Menschen im erwerbstätigen Alter – und hier vor allem der jungen Berufseinsteiger – nach größeren Gestaltungsfreiräumen und mehr Selbstbestimmung ist ja prinzipiell nichts Neues, denn es hat sich schon seit mehr als einem Jahrzehnt davor immer deutlicher herauskristallisiert. Diesem komplexen Zusammenspiel an veränderten äußeren wirtschaftlichen Rahmenbedingungen und gesellschaftlichen Strömungen trägt die aktuelle Interpretation von New Work Rechnung. Diese betrachtet die neue Form der Arbeit aus fünf verschiedenen Blickwinkeln:
- Veränderungen aufgrund neuer technologischer Entwicklungen: Unternehmen sind vor allem dank immer ausgefeilterer digitaler Werkzeuge und Methoden in der Lage, neue Formen der Zusammenarbeit und Kommunikation zu entwickeln, die größere Effizienz und Anpassungsfähigkeit ermöglichen.
- Gestaltung der Arbeitsplätze: Menschen fordern immer häufiger Möglichkeiten, ihren Arbeitsort flexibel zu gestalten (also Homeoffice oder hybrides Arbeiten), sowie eine Arbeitsumgebung, die Zusammenarbeit und Kreativität fördert. Reale und digitale Arbeitsräume verschmelzen miteinander.
- Eine neue Haltung der Unternehmen gegenüber ihren Mitarbeitern: War es früher wichtig, Arbeit und Freizeit auszubalancieren, so verschwimmen die Grenzen zwischen dem Erwerbs- und dem Privatleben immer mehr (Work-Life-Blending). Menschen suchen immer häufiger Arbeitgeber mit agilen Unternehmenskulturen. Diese ermöglichen ihnen, Sinn in ihrer Aufgabe zu finden, ihr Potenzial zu entfalten und ihren Aufgabenbereich eigenverantwortlich zu gestalten. Das funktioniert allerdings nur in Unternehmen, in denen ein Klima von Vertrauen und Wertschätzung herrscht. Derartige Unternehmenskulturen stellen auch die Grundlage für erfolgreiches Recruiting von Fachkräften und langfristige Mitarbeiterbindung dar (wie bereits im Online-Kommentar zum Thema "Employer Branding" beschrieben).
- Neue Organisationsstrukturen: Nur in derartigen menschenzentrierten Unternehmenskulturen kann auch Agilität langfristig funktionieren. Eine Folge davon sind Organisationen mit flachen Hierarchien, mit internen Abläufen, die den Dienstleistungsgedanken und das Arbeiten in fachübergreifenden Projektteams in den Mittelpunkt stellen.
- Leadership: Es liegt auf der Hand, dass derartige Veränderungen - wenn sie in aller Konsequenz umgesetzt werden sollen - letztendlich auch ein völlig neues Führungsverständnis erfordern. Denn New Work ist ein „Ganz-oder-gar-nicht-Ansatz“. Ohne Transparenz in der Kommunikation, ohne eine entsprechende Fehler- und Feedbackkultur und ohne die Schaffung von Rahmenbedingungen, die Mitarbeiter dazu befähigen, aus sich heraus ihr Bestes zu geben, kann diese neue Form von Arbeit nämlich nicht funktionieren.