Vertreter namhafter Unternehmen aus Logistik, verladender Wirtschaft und Automobilindustrie haben hierbei die Anforderungen an Fahrzeuge, Infrastruktur sowie Anwendungsfälle näher beleuchtet. Unter den Rednern waren auch verschiedene Marktführer wie L’Oreal, Procter & Gamble, ELECTROLUX, COLRUYT, SCANIA, IVECO, VOLVO, Renault Trucks, AIR PRODUCTS, HYDROGEN CENTRE OF BOZEN, HITACHI ENERGY, ABB, Dincer Lojistik und GRUBER Logistics. Neben den Spezifika für Logistikabläufe und -planung sowie Lade-, Betankungs- und Straßeninfrastruktur wurden soziale, gesellschaftliche und wirtschaftliche Aspekte sowie Gesetzgebung und Typgenehmigungebenfalls eingehend erörtert.
Die Veranstaltung wurde von dem Südtiroler Transport- und Logistikunternehmen GRUBER Logistics und ALICE, einer führenden internationalen Organisation für die Förderung von Innovationen im Logistiksektor, organisiert und begleitet.
Forschungsfokus auf Logistik
Stephan Neugebauer, Director Global Research Cooperation der BMW Group und Co-Vorsitzender von 2Zero, der Partnerschaft des EU-Forschungsprogramms Horizon Europe zum emissionsfreien Straßenverkehr, hob die Bedeutung des Güterverkehrs bei der Dekarbonisierung des Transportwesens hervor. Während im Bereich Personenverkehr die Technologie bereits einen hohen Entwicklungsgrad erreicht habe, sei sie im Güterverkehr noch nicht ausgereift genug, um einen breiten Einsatz von emissionsarmen Fahrzeugen zu ermöglichen. Neugebauer betonte daher, dass es entscheidend sei, dass die Forschung nun ihren Schwerpunkt von der Personenmobilität auf die Logistik richte.
Langstrecke mit Wasserstoff- und Elektro-Lkw
Wasserstoff ist einer der wohl am besten geeigneten und fortschrittlichsten Energieträger, die es derzeit gibt. Die Wasserstofftechnologie hat einen enormen Mehrwert. Sie kann erneuerbare Energie speichern und hat damit das Potenzial die Dekarbonisierung verschiedenster Branchen voranzutreiben.
Auch der Elektroantrieb trägt zur Emissionsreduktion bei, punktet aber insbesondere durch die Reduktion von Lärm und Vibrationen. Beide Antriebsarten ermöglichen die Reduktion der CO2-Emissionen und das europäische Ziel zu erreichen, bis 2050 kohlenstoff- und klimaneutral zu werden.
Systematisches Vorgehen nötig – unter Einbindung von Logistikern und Verladern
Andrea Condotta, Vizepräsident von 2Zero sowie verantwortlich für Nachhaltigkeit, Innovation und Public Affairs bei GRUBER Logistics: „Sowohl der Wasserstoff- als auch der E-Antrieb stoßen an gewisse Grenzen. Wollen wir die Einführung dieser beiden Technologien beschleunigen, müssen wir diese Herausforderung systemisch angehen. Dabei ist es nicht ausreichend, sich allein auf die Technologien zu konzentrieren. Vielmehr müssen neue Logistiklösungen erarbeitet werden. Diese Vorgehensweise unterscheidet sich deutlich von früheren Ansätzen, als Logistikunternehmen und Verlader erst in der finalen Phase einer Technologieeinführung beteiligt wurden.“
Finanzierung durch die Europäische Kommission
Für die Transport- und Logistikbranche stehen dadurch radikale Veränderungen an. Die Europäische Kommission unterstützt Organisationen, die diesen Wandel vorantreiben wollen. Im Jahr 2023 wurden drei innovative Projekte zur Entwicklung von Elektro- und Wasserstoff-Lkw für Langstrecken, d. h. einer Reichweite von rund 750 Kilometern, gestartet. Bei der Konferenz in München wurden „ZEFES“, „EMPOWER“ und „ESCALATE“ der Öffentlichkeit präsentiert.
Die Europäische Kommission hat im Rahmen der 2ZERO-Partnerschaft ein Gesamtförderbudget von 75,4 Millionen Euro für die drei neu gestarteten Projekte veranschlagt, welches die Kosten von der Forschungsphase über die Prototyping-Phase bis hin zur Testphase decken soll, also bis der Lkw auf der Straße eingesetzt werden kann.
Die drei Projekte im Einzelnen
1. ZEFES:
ZEFES steht für „Zero Emission Flexible Vehicle Platforms with Modular Powertrains“, also emissionsfreie flexible Fahrzeugplattformen mit modularem Antriebsstrang für den Langstreckengüterverkehr. Es ist das größte der drei Projekte und verfügt über ein Gesamtbudget von 39 Millionen Euro, davon 23 Millionen Euro aus der EU-Förderung.
Koordinator des Projekts, dessen Hauptsitz sich in Belgien befindet, ist die Vrije Universiteit Brussel. ZEFES hat insgesamt 34 Mitglieder, die von technologischen Akteuren bis hin zu Wissenschaftlern reichen. Die drei technischen Hauptpartner sind Volvo, SCANIA und EINRIDE. Darüber hinaus sind auch zwei Logistikunternehmen beteiligt, GRUBER Logistics mit Sitz in Südtirol und die spanische Prima Frio. Ein weiterer Partner ist ALICE.
2. EMPOWER
EMPOWER ist die Abkürzung für „Eco-operated, modular, highly efficient, and flexible multi-Powertrain for long-haul heavy-duty vehicles“, also ökologisch betriebener, modularer, hocheffizienter und flexibler Multi-Antrieb für Schwerlastfahrzeuge im Fernverkehr. Die Europäische Kommission stellt für dieses Projekt ein Gesamtbudget in Höhe von 30 Millionen Euro zur Verfügung.
Koordinator ist das AIT Austrian Institute of Technology GmbH in Wien. EMPOWER hat zahlreiche Partner, darunter Air Liquide und das Wasserstoffzentrum Bozen, sowie IVECO als einzigen Fahrzeughersteller und GRUBER Logistics als einziges Logistikunternehmen.
3. ESCALATE
Das dritte Projekt ist ESCALATE „Powering EU Net Zero Future by Escalating Zero Emission HDVs and Logistic Intelligence“, also die Förderung der „Net Zero“-Zukunft der EU durch den Ausbau emissionsfreier schwerer Nutzfahrzeuge und Logistik-Intelligenz.
Koordinator des Projekts ist die FEV Europe mit Sitz in Aachen. Der Mehrwert des Projekts liegt in der Beteiligung zahlreicher Logistik- und Transportunternehmen wie DHL sowie einer Reihe von Start-ups. ESCALATE wird von der Europäischen Kommission mit 22,4 Millionen Euro gefördert.
Zusammenarbeit mit großem Mehrwert
Der Generaldirektion Forschung und Innovation und Referatsleiter für zukünftige Stadt- und Mobilitätssysteme der Europäischen Kommission, Philippe Froissard, zeigte sich in seinem Vortrag von der Bedeutung der vorgestellten Projekte überzeugt. Er erwarte, dass diese drei Projekte einen großen Beitrag zur Entwicklung neuer Elektro- und Wasserstofffahrzeuge leisten. Hierfür sei entscheidend, dass sie ihre Prototypen direkt in der Anwendung innerhalb der Transportkette testen werden. Zudem würden sie in einem engen Austausch miteinander stehen. Auch wenn die drei Projekte grundsätzlich unterschiedliche Technologien entwickeln und die Fahrzeuge in verschiedenen europäischen Gebieten testen würden, geht Froissard davon aus, dass diese Zusammenarbeit einen wichtigen Mehrwert für die Forschung und Innovation bringen wird.