Malanik kritisiert die einseitige Belastung europäischer Airlines. | © AI Austria
Auch wenn nur rund ein Prozent der weltweiten Frachttonnage über den Luftweg transportiert wird, steht dieses Prozent für rund ein Drittel des globalen Warenwerts. „Jeden Tag fliegen Waren im Wert von 18,6 Milliarden USD per Luftfracht“, so Peter Malanik, Geschäftsführer des Dachverbandes Luftfahrt AI Austria. Die Luftfracht habe sich in der Pandemie als besonders widerstandsfähig erwiesen. Bereits ein gutes halbes Jahr nach Ausbruch von COVID-19 lag das Transportvolumen wieder auf Vor-Pandemie-Niveau – deutlich schneller als im Passagierverkehr, der über fünf Jahre zur Erholung brauchte.
Ein Grund für diese Resilienz: Luftfracht ist nicht auf Straßen, Schienen oder Kanäle angewiesen. Sie kommt mit minimaler Infrastruktur aus. Zudem hat die Pandemie ins Bewusstsein gerufen, dass mehr als die Hälfte der Luftfracht in den Laderäumen von Passagierflugzeugen transportiert wird.
Hohe Frachtraten
Wenn Passagierflugzeuge am Boden bleiben, fehlt ein Großteil der Frachtraumkapazitäten. Das zeigte sich deutlich in der Pandemie. Zwar liegt der weltweite Ladefaktor im Frachtbereich nur bei 43,9 Prozent, doch Frachtraten stiegen in der Pandemie stark an – und blieben auch danach auf hohem Niveau. „2024 war ein gutes Jahr für die weltweite Luftfracht“, sagt Malanik. Die monatlichen Wachstumsraten lagen stets im zweistelligen Bereich, die Yields lagen um ein Drittel über dem Niveau von 2019. Auch wenn 2025 laut Experten etwas moderater verlaufen könnte, hat sich die Wirtschaftlichkeit im Luftfrachtgeschäft strukturell verbessert.
Haupttreiber des Booms ist der Onlinehandel. „In erster Linie kommt das Wachstum aus dem Paketfrachtgeschäft“, so Malanik. Bereits heute macht Paketfracht ein Fünftel des Luftfrachtvolumens aus – bis 2027 dürfte es ein Drittel sein. Prognosen zufolge werden dann jährlich Pakete im Wert von 8.000 Milliarden US-Dollar per Luftfracht bewegt.
Europas Rolle schrumpft
Trotz globalem Wachstum verliert Europa an Bedeutung im Luftfrachtmarkt. Der Weltmarktanteil liegt nur noch bei 21 Prozent – im Passagierbereich sind es immerhin 27 Prozent. Zum Vergleich: Noch vor wenigen Jahren trug Europa ein Drittel zum Weltluftverkehr bei. Das Wachstum hinkt hinterher: Im Jänner 2025 lag das Kapazitätsplus in Europa bei nur 3,5 Prozent, gleichzeitig sank der Ladefaktor um 1,2 Prozent. In Asien hingegen wuchs das Luftfrachtvolumen im selben Zeitraum um elf Prozent.
Und Österreich? Laut Statistik Austria ist das Luftfrachtaufkommen zuletzt um über sechs Prozent zurückgegangen. „Europa verliert an Boden – und Österreich besonders“, so Malanik. Das sei ein Alarmsignal: für die Industrieproduktion, aber auch für die Konsumnachfrage. Deutschlands Exporte sind um fast fünf Prozent gesunken, die Importe in Europa stagnieren.
Der Markt driftet nach außen ab
Hinzu kommt: Immer mehr Fracht von und nach Europa wird von außereuropäischen Airlines abgewickelt. Unter den Top-14-Cargo-Airlines befinden sich nur zwei europäische Fluggesellschaften – Cargolux und Lufthansa Cargo. Dem gegenüber stehen Schwergewichte wie Emirates, Qatar Airways und Turkish Airlines, die mit ihren Drehkreuzen zunehmend auch Passagierverkehre und somit „Bellies“ nach Europa bringen.
Malanik kritisiert die einseitige Belastung europäischer Airlines: „Nur EU-Fluggesellschaften müssen CO₂-Zertifikate kaufen.“ Außerdem sei das Tanken mit nachhaltigem Kerosin (SAF) derzeit nur bis zum ersten Umladeflughafen durchsetzbar.
„Die Pandemie hat gezeigt, dass eine Welt ohne Luftfracht unvorstellbar ist“, sagt Malanik. Umso bedenklicher sei es, dass Europa diese strategische Infrastruktur zunehmend aus der Hand gibt. Die Luftfracht sei eine Lebensader – und sollte nicht allein außereuropäischen Airlines überlassen werden.