Der World Shipping Council warnt: Die neuen US-Hafengebühren könnten dem eigenen Handel massiv schaden. (Foto: AdobeStock / freshidea)
Der World Shipping Council (WSC), der internationale Interessenverband der Linienreedereien, hat scharfe Kritik an der von der US-Handelsbeauftragten (USTR) angekündigten neuen Hafengebührenregelung geübt. In einer aktuellen Stellungnahme warnt die Organisation vor tiefgreifenden negativen Folgen für die amerikanische Wirtschaft, Produzenten und Verbraucher. Die Maßnahmen, die unter anderem rückwirkende Abgaben auf Schiffstransporte sowie pauschale Gebühren auf große Frachtschiffe und Autotransporter vorsehen, drohen laut WSC nicht nur die Wettbewerbsfähigkeit der USA zu gefährden, sondern auch bestehende Bemühungen zur Stärkung der nationalen maritimen Industrie zu untergraben.
Wirtschaftliche Risiken für Industrie und Verbraucher
Besonders besorgniserregend sei laut WSC die Tatsache, dass rund die Hälfte aller Containerimporte in die USA direkt in inländische Produktionsprozesse einfließen. Die neuen Gebühren würden damit nicht nur die Logistikkosten in die Höhe treiben, sondern auch die Produktionskosten vieler amerikanischer Unternehmen – mit spürbaren Auswirkungen auf die Endverbraucherpreise. Gleichzeitig würden US-amerikanische Exportsektoren wie die Landwirtschaft zusätzlich belastet, was in einer ohnehin angespannten globalen Marktlage fatale Folgen haben könnte.
Kritik an rückwirkenden und flächenwirksamen Gebühren
Die rückwirkende Anwendung der Gebühren auf Schiffe, die sich bereits auf See befinden, sei laut WSC ein „besorgniserregender Präzedenzfall“, der Investitionssicherheit und Planung massiv beeinträchtige. Besonders ineffizient sei zudem die Berechnungsgrundlage auf Basis der Netto-Tonnage (NT) – ein Modell, das größere, umweltfreundlichere Schiffe benachteilige. Auch die neue Gebühr auf Car Carrier – berechnet nach Fahrzeugäquivalenz – trifft nahezu die gesamte globale Fahrzeugflotte und könnte mittelfristig zu höheren Autopreisen in den USA führen.
Neben den wirtschaftlichen Auswirkungen stellt der World Shipping Council auch die rechtliche Grundlage der Maßnahmen infrage. Die USTR-Regelung überschreite nach Ansicht der Interessenvertretung den Rahmen der bestehenden Handelsgesetze der USA. Eine juristische Auseinandersetzung scheint damit nicht ausgeschlossen – und trägt zur Unsicherheit in einer ohnehin volatilen Branche bei.
WSC fordert konstruktive Lösungswege
Statt einseitiger Belastungen setzt sich der WSC für einen partnerschaftlichen Dialog mit der US-Regierung ein. Ziel müsse es sein, nachhaltige und praktikable Lösungen zur Stärkung der amerikanischen maritimen Infrastruktur zu finden – etwa durch gezielte Investitionsanreize, schlankere Genehmigungsverfahren und strategischen Kapazitätsaufbau. Nur so könne die Wettbewerbsfähigkeit der USA im internationalen Seeverkehr dauerhaft gesichert werden.
Maritime Industrie als Rückgrat des US-Handels
Der World Shipping Council verweist darauf, dass die Mitgliedsunternehmen rund 65 % des gesamten seeseitigen US-Handels abwickeln und über zwei Billionen Dollar jährlich zur amerikanischen Wirtschaft beitragen. Sie sichern 6,4 Millionen Arbeitsplätze und sind maßgeblich am U.S. Maritime Security Program beteiligt. Die Organisation sieht sich als strategischer Partner bei der Stärkung der maritimen Infrastruktur – erwartet von der Politik jedoch realistische Rahmenbedingungen statt kontraproduktiver Strafmaßnahmen.