„Neue Marktteilnehmer wie große Reedereien sind hinzugekommen, die auch das Hinterland und die Schiene für sich entdecken“, so Juritsch. (Foto: LTE / P. Strobl)
Wie beurteilen Sie die aktuelle Situation des Schienengüterverkehrs in Österreich und Europa?
Wir befinden uns in einem schwierigen wirtschaftlichen Umfeld, geprägt von einer rezessiven Phase. Es gibt Rückgänge in der Schwer- und Konsumgüterindustrie, wodurch die Nachfrage sinkt und die Verkehrsströme insgesamt zurückgehen. Diese Entwicklung wird sich heuer noch fortsetzen. Daher müssen wir uns darauf vorbereiten, agil zu bleiben und ein breites Kundenportfolio zu pflegen, um Schwankungen in der Nachfrage abzufedern.
Wie gehen Sie mit den Herausforderungen um, die durch das Baustellen-Chaos im Nachbarland Deutschland entstehen?
Die langfristigen baulichen Maßnahmen in Deutschland erfordern Umleitungskonzepte, die wir mit den Wünschen und Bedürfnissen unserer Kunden in Einklang bringen müssen. Das ist schwierig, weil diese Konzepte oft unzureichend sind oder nicht wie geplant funktionieren. Wir als EVU und unsere Kunden müssen die politischen Versäumnisse der letzten zwei Jahrzehnte ausbaden. Zusätzlich gibt es immer wieder kurzfristige Interventionen. Glücklicherweise sind wir innerhalb unserer Unternehmensgruppe so aufgestellt, dass wir schnell und effizient reagieren können – auch wenn das stressig ist. Unsere Kunden schätzen diese Flexibilität.
LTE setzt auf innovative Eisenbahn-Konzepte. Können Sie uns mehr über Ihre neuesten Entwicklungen in diesem Bereich erzählen?
Wir haben uns von einem reinen Transportunternehmen zu einem umfassenden Logistikpartner entwickelt. Das bedeutet, dass wir mit unseren Kunden bereits im Vorfeld Konzepte ausarbeiten, die über mehrere Landesgrenzen hinweg funktionieren und auch Störungen abfedern. Unsere Kunden können sich auf uns verlassen. Wir verfügen über ein engagiertes Team von mehr als 700 Mitarbeitern, eine eigene Flotte von über 120 Multisystemlokomotiven und mehr als 600 Waggons. Zudem erschließen wir neue Märkte wie die Abfallwirtschaft – ein Bereich mit großem Potenzial.
Wie hat sich die Nachfrage nach Ihren Dienstleistungen in den letzten Jahren verändert, und welche langfristigen Auswirkungen erwarten Sie für die Branche?
Das Preisniveau ist nach der Corona-Pandemie gestiegen. Wir setzen auf einen Branchenmix aus Automotive, Intermodal und konventionellen Verkehren. Zudem sind neue Marktteilnehmer wie große Reedereien hinzugekommen, die neben Terminal- und Containergeschäften auch das Hinterland und die Schiene für sich entdecken. Unser Vorteil liegt in der Verlässlichkeit unserer Konzepte und der Einhaltung von Vereinbarungen.
LTE legt großen Wert auf Mitarbeitergewinnung und -entwicklung. Welche Strategien verfolgen Sie, um qualifiziertes Personal anzuziehen und zu halten?
Wir bieten zweimal jährlich eine eigene Ausbildung zum Triebfahrzeugführer an – dabei sind keine Vorkenntnisse erforderlich, was die Bindung an das Unternehmen stärkt. Neue Mitarbeiter suchen wir gezielt über Social Recruiting auf digitalen Plattformen. Die Mitarbeiterbindung fördern wir durch regelmäßige Feedbackgespräche, individuelle Fördermaßnahmen, soziale Aktivitäten, Feste und zusätzliche Vorteile wie ein firmeneigenes Fitnessstudio oder ein Klimaticket.
Mit Blick auf die Zukunft: Welche Rolle werden alternative Antriebstechnologien wie Wasserstoff oder Batterien im Schienengüterverkehr spielen, und wie bereitet sich LTE darauf vor?
Elektrizität wird die Zukunft des Schienengüterverkehrs bestimmen. Wasserstoff befindet sich noch im Teststadium und wird in den nächsten ein bis zwei Jahrzehnten keine wesentliche Rolle spielen.