In den USA gesetzlich verankert, drängen die USA auf ein 100%iges Container-Scanning, das in den ausländischen Verschiffungshäfen weltweit bereits ab Mitte 2012 hätte starten sollen, mittlerweile auf 2014 verschoben wurde und zu diesem Zeitpunkt verpflichtend kommen soll. Diese Initiative wird weltweit von vielen Wirtschaftsvertretern und Experten kritisiert, da die deutlichen Mehrkosten für den Mehraufwand eines 100%igen Container-Scannings keinesfalls den erwartenden Mehrwert erbringen würden. Ebenso fehlt es noch an den infrastrukturellen und technischen Voraussetzungen. Auch Österreich wäre davon betroffen.
Der österreichische Speditionskaufmann und Student an der Donau-Universität Krems Wolfgang Graf geht in seiner Master-Thesis der Frage nach, welche Auswirkungen ein lückenloses Container-Scanning auf die heimische Speditionswirtschaft und Exportwirtschaft haben könnte.
Die Arbeit beginnt mit grundlegenden Begriffen rund um die Themen 100-Prozent-Container-Scanning, Sicherheit und die Handelsbeziehung zwischen Österreich und den USA. Um einen Praxisbezug für Österreich herzustellen, kommen im vierten und empirischen Teil dieser Master- Thesis Experten (Entscheidungsträger namhafter österreichischer Speditionen und anderer Institutionen) zu Wort, die anhand eines Leitfadens interviewt wurden.
Einführung wird bezweifelt
Obwohl die US-Gesetzgebung die Einführung immer noch fix verankert hat, wird eine Einführung sowohl auf internationaler Ebene als auch in Österreich bezweifelt. Hauptgründe dafür sind zu hohe Kosten (in weiterer Folge Preissteigerungen) und das Fehlen technischer und infrastruktureller Voraussetzungen, vor allem in den Häfen. Auch die Umstellung der gesamten Prozesse wäre zu aufwendig, heißt es in der Master-Thesis.
Einige weitere direkte Auswirkungen wären Handelserschwernisse, zusätzlicher Personalaufwand, Gesundheitsrisiken, die Nicht-Planbarkeit der Supply-Chain, Congestion (Stau, Verstopfung), das Verpassen von Schiffsabfahrten, die zu große Datentransparenz, Wettbewerbsschwierigkeiten für Häfen mit geringerem US-Exportcontainer-Volumen, Laufzeitverzögerungen und die "Retourkutsche" an die USA, dass auch ihre Container gescannt werden müssen.
Positive Auswirkungen wären nur die "vermeintliche" Sicherheit, die Risikokostenreduktion und eine Einschränkung des Schmuggels. Generelle zusätzliche Tätigkeiten sind die Anmeldung zum Scanning, der Inspektionsvorgang an sich und das Auswerten der Bilder, die dafür notwendige Neuverlegung von Datenleitungen, das Einstellen und Schulen von Personal, das Schaffen gemeinsamer Rahmenbedingungen sowie des Platzes für das Equipment und die Abfertigung.
Der zusätzliche administrative Aufwand, die Notwendigkeit einheitlicher Bestimmungen, eine generelle erhöhte Bürokratie und das Planen von Pufferzeiten kommen noch hinzu. Laufzeitveränderungen aufgrund von längeren Ladezeiten für Schiffe, Congestion und vorzeitige Hinterland-Transporte sind die einzige mögliche Konsequenz. Obwohl der Zeitaufwand für das Scanning an sich auf wenige Minuten geschätzt wird, rechnen Experten mit einer Laufzeitverlängerung von bis zu drei Tagen. Genaue Angaben lassen sich aber aufgrund der Waren- und Hafenvielfalt nicht machen.
Mehrkosten sind unvermeidlich
Mehrkosten werden aufgrund unterschiedlicher Varianten und Voraussetzungen auf zwischen 3 und 440 USD, durchschnittlich 100 USD per Container, berechnet. Experten schätzen eine Erhöhung der Transportkosten für österreichische Verlader um bis zu 10 Prozent. Alle Mehrkosten werden letztlich vom Verbraucher getragen, auch für österreichische Handelswaren. Die gesamten Mehrkosten für Transporte aufgrund 100-Prozent-Container-Scannings der US-Exportcontainer hätten für Österreichs Wirtschaft im Jahr 2011 bis zu 8.564.800 USD betragen. Zusätzlich führt die in der Praxis benötigte längere Vorlaufzeit automatisch zu einer notwendigen Erhöhung der Lagerbestände von 0,5 - 3 Prozent. Die gesamte Supply-Chain muss optimiert werden, um mögliche Verspätungen im Vorfeld auszugleichen.
Mehrschichtige Risikoanalyse als Alternative
Als Alternative gilt die mehrschichtige Risikoanalyse mittels der bestehenden Sicherheitsinitiativen und des Einsatzes von Siegeln, Smart-Containern, Smart Seals, Sensoren, Detektoren und Stichproben. Zur Gewährleistung einer durchgehenden Sicherheit muss die erste Kontrolle aber bereits beim Verlader erfolgen. Graf in seiner Thesis: "Die Auswirkungen und notwendigen Vorbereitungen des Spediteurs halten sich in Grenzen. Zeitlich muss der Spediteur mit nur fünf bis zehn Minuten Mehraufwand per Container rechnen, sofern es zu keinem kritischen Fall kommt."
Auch finanziell wird der österreichische Spediteur keinen Nachteil erleiden, da die Mehrkosten weiterverrechnet werden. Neben der Planung einer längeren Vorlaufzeit, der Anmeldung zum Scanning und der Auswahl des für seine Kunden ökonomisch bestmöglichen Hafens (aufgrund der aktuellen Aufkommen wird dies hauptsächlich Bremerhaven sein) wären die zusätzlichen Aufgaben des Spediteurs, seine Kunden über das US-Gesetz und die Details zu informieren und Verhandlungen mit den involvierten Dienstleistern zu führen. Außerdem muss der Spediteur seine Mitarbeiter gründlich schulen und für eine sorgfältige Administration sorgen.
Der Verlader wird allerdings mit größerem Mehraufwand rechnen müssen. Sollte 100-Prozent-Container-Scanning tatsächlich eingeführt werden, ist die Inspektion "aller" Exportcontainer aufgrund einer schnelleren Amortisation des Equipments (Stückkostendegression) und der einfacheren Handhabung zu empfehlen, liest man in der Thesis, die Graf, der neben seinem MBA-Studium für das See-, Luftfracht- und Landgeschäft bei UPS SCS in Österreich veranwortlich zeichnet, zur Erlangung des akademischen Grades MBA vorgelegt hat.
Autor: Josef Müller