Der deutsche Verband für Schiffbau und Meerestechnik e. V. (VSM) berichtete anlässlich seiner jährlichen Mitgliederversammlung über den höchsten Auftragsbestand im deutschen Handelsschiffbau und warnt gleichzeitig vor erheblichen Risiken für die Zukunft.
Weltweit befindet sich der Schiffsbau in der Krise: Wurden im Jahr 2013 noch 3375 Schiffe geordert waren es 2016 nur noch 798 – der schwächste Wert seit drei Jahrzehnten. Der globale Auftragsbestand schmilzt rapide und fiel Ende 2016 auf unter 50% der Spitzenmarke von 2008. Auch Deutschland traf der Ausbruch der Krise 2007 schwer und trocknete das bis dahin wichtigste Marktsegment, die Containerschiffe, nahezu vollständig aus. Durch die Fokussierung auf hochkomplexe Nischenmärkte wie Passagierschiffe, Behördenfahrzeuge und Marineschiffe können sich aber Betriebe, die vorrangig in diesen Segmenten unterwegs sind, inzwischen wieder an wachsender Nachfrage erfreuen.
Aber viele VSM-Mitglieder können von dieser Entwicklung wenig oder gar nicht profitieren: Die maritime Wertschöpfungskette, eine der wichtigsten Standortstärken Deutschlands, braucht die Bestellungen aus dem Weltmarkt, um die Auslastung ihrer Produktionsstandorte sicherzustellen und eine hohe Produktivität zu gewährleisten. Die Weltmarktschwäche trifft darum viele Komponenten-, System- und Anlagenbauer in voller Härte. Bedrohlich wird die Lage nun, weil sich die Frachtschifffahrtsmärkte aufgrund der schwachen konjunkturellen Entwicklung langfristig auf deutlich geringere Wachstumsraten einstellen müssen und gleichzeitig handelspolitische Trends beobachtet werden, die mit Protektionismus, Local-Content-Forderungen und Subventionen in nie dagewesener Höhe zu weiteren Marktverzerrungen führen. Für die deutsche maritime Industrie werden die Herausforderungen in den kommenden Jahren deshalb weiter zunehmen.
Technik & Innovation
Immer wieder neue exzellente technische Lösungen zu attraktiven Konditionen anbieten zu können, sicherte in der Vergangenheit den Erfolg. Doch die Branche fragt sich, ob dies in Zukunft noch reichen wird, wenn Wettbewerber – etwa aus China – im Rahmen einer konzertierten Industriepolitik auf ganz andere Förderstrukturen zurückgreifen.
„Aber wir müssen die dortigen Rahmenbedingungen sehr genau verfolgen und darauf mit den uns eigenen Möglichkeiten reagieren“, erklärt VSM-Präsident Harald Fassmer, Geschäftsführer der Fassmer Werft GmbH. „Aus unserer Sicht heißt das: Wir setzen auf die bessere Technik. Dass die aus Deutschland kommt, ist aber kein Naturgesetz. Entscheidend sind exzellente Zusammenarbeit und unsere Innovationskraft. Dafür sind geeignete Strukturen nötig – in den Unternehmen ebenso wie darüber hinaus.“
Vor zwei Jahren habe der VSM daher eine Innovationsoffensive vorgeschlagen, die inzwischen in Teilbereichen wichtige Schritte vorangekommen sei. Die Maritime Agenda 2025 der deutschen Bundesregierung sei eine weitere Errungenschaft und sendet ein wichtiges Signal, so der VSM-Präsident. Gleichzeitig seien aber andere Themen wie die Digitalisierung oder die maritime Energiewende noch hinzugekommen.